Die Aussicht auf eine deutlich straffere Geldpolitik der Noten­banken und höhere Zinsen setzt die deutschen Im­mobilienkonzerne immer stär­ker unter Druck. Die Aktien von Vonovia, Deutsche Wohnen, TAG oder LEG verbuchten nach der EZB-Ankündigung der Zins­wende von vergangener Woche noch einmal Kursverluste von über zehn Prozent, nachdem sie schon seit Jahresbeginn stark eingebüßt hatten.

Steigende Zinsen sorgen für deutlich höhere Kapital-­ und Finanzierungskosten, während auf der Herstellungsseite Mate­rialengpässe, Inflation und im­mer strengere energetische Auflagen den Kostendruck bei Immobilienprojekten zusätzlich verschärfen. Marktführer Vonovia, der rund eine halbe Million Woh­nungen in Deutschland besitzt, hat angesichts der hohen Infla­tionsraten vor Kurzem deutliche Mieterhöhungen in Aussicht ge­stellt - und dafür viel Kritik auf sich gezogen. Denn der Konzern will dabei stärker auf sogenannte Indexmieten umstellen, bei denen sich die Mietentwicklung am Verbraucherpreisindex orientiert.

Das bekräftigte Vonovia-Finanzchef Philip Grosse trotz des Sturms der Entrüstung gegenüber der "Börsenzeitung". Bei bis zu 140 000 Wohnungen aus dem Vonovia-Bestand soll dies prinzipiell möglich sein, allerdings nur bei Neuvermietungen. Normalerweise orientieren sich Mietsteigerungen hierzulande am Mietspiegel, der aber nur langsam auf steigende Kosten und Inflation reagiert. Grosse zufolge haben sich die Kapitalkosten bei Vonovia innerhalb weniger Monate mehr als verdoppelt. Wenn weiter in den Wohnungsneubau investiert werden soll, könne man die steigenden Kosten nicht ignorieren, argumentiert Grosse.

Chef in der Kritik


Doch steigende Zinsen und Inflation sind nicht die einzigen Probleme von Vonovia. So hat der DAX-Konzern im vergangenen Jahr den Rivalen Deutsche Wohnen übernommen und dafür nach Einschätzung von Kritikern mit 17 Milliarden Euro einen viel zu hohen Preis bezahlt. Der Marktwert von Deutsche Wohnen hat sich seitdem halbiert. "Die große Einkaufstour von Vonovia ist zu Ende", erläuterte Union-Investment-Fondsmanager Elias Halbig gegenüber €uro am Sonntag. Vorstandschef Rolf Buch sei bei der Verschuldung ans absolute Limit gegangen, sodass der Konzern keinen Spielraum mehr für weitere Übernahmen habe. "Vonovia hat sich damit seiner strategischen Flexibilität beraubt", sagt Halbig und zieht insbesondere den Vorstandschef in die Verantwortung. "Buch muss jetzt zeigen, dass er noch der richtige Chef ist, wenn es darum geht, ohne Zukäufe Wert für die Aktionäre zu schaffen."

Für Aktionärsärger sorgt außerdem eine 20,5-Prozent-Beteiligung von Vonovia am Immobi- lieninvestor Adler Group. Die Adler-Aktien waren eine Sicherheit für einen Kredit, den Vono- via dem strauchelnden Adler-Großaktionär Aggregate Holdings Invest SA gewährt hatte. Die Adler-Aktie war im Herbst 2021 unter Druck geraten, nachdem der Leerverkäufer Fraser Perring falsche Immobilienbewertungen angeprangert hatte. Im Frühjahr verweigerten Wirtschaftsprüfer das Testat für den Abschluss, Adler vermeldete einen Milliardenverlust, und Vonovia blieb auf Buchverlusten in dreistelliger Millionenhöhe sitzen. Auf die Frage, warum Vonovia die Adler-Beteiligung ohne ausreichende Buchprüfung (Due Dilligence) übernommen habe, hieß es beim Immo- bilienkonzern, man habe das Adler-Portfolio bereits vorher sehr gut gekannt.

Inzwischen zeigt sich Vonovia offen für einen Verkauf der Adler-Beteiligung, "wenn der Preis stimmt". Weiteres Geld werde nicht mehr in die Beteiligung fließen. Finanzchef Grosse ist nach eigener Darstellung zwar "frustriert von der Entwicklung", aber gleichzeitig "überzeugt von der Substanz, die in Adler steckt". Zuletzt hatte Adler Immobilienverkäufe von über einer Milliarde Euro angekündigt, um sich Liquidität zu verschaffen.