Dass sich der Wind am Immobilien-Markt gedreht hat, spüren Haus- und Wohnungskäufer bereits an den steigenden Preisen und Hypotheken. Nun bekommen es auch die Anteilsinhaber von Vonovia zu spüren. Trotz deutlich mehr Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr, kürzt der Immobilien-Riese seine Dividende kräftig. Die Aktie steigt dennoch.
Deutschlands größter Immobilienkonzern hat im vergangenen Jahr Umsatz und operatives Ergebnis deutlich gesteigert. Wie Vonovia am Donnerstag-Abend nach Börsenschluss mitteilte, stiegen die Segmenterlöse 2022 um 19,9 Prozent auf rund 6,3 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte um 22,6 Prozent auf rund 2,8 Milliarden Euro, die für die Branche maßgebliche Kennzahl Group FFO erhöhte sich um 20,1 Prozent auf rund zwei Milliarden Euro.
Die Dividende will das Unternehmen dennoch deutlich kürzen. Das Management werde der Hauptversammlung eine Dividende von 85 Cent je Aktie vorschlagen, teilte das Unternehmen am Donnerstag nach Börsenschluss mit. Ein Jahr zuvor hatte der Konzern noch 1,66 Euro ausgeschüttet. Analysten hatten im Schnitt mit einer Dividende von 1,32 Euro gerechnet. Vonovia-Chef Rolf Buch betonte: "Wir
bestätigen ausdrücklich unsere langfristige Dividendenpolitik. Sie steht
nicht zur Disposition."
Auch der kleinere Konkurrent LEG Immobilien hatte sich der Krise nicht
entziehen können. Er hatte die Dividende für 2022 sogar komplett
gestrichen, die Aktien sackten zuletzt ab (BÖRSE ONLINE berichtete). Weil steigende Zinsen und die Inflation das Umfeld für die stark kreditfinanzierte Immobilien-Branche stark erschweren, haben auch TAG Immobilien und Grand City Properties die Dividende für 2022 gestrichen.
"Uns hat auch in der Wohnimmobilien-Branche die Zeitenwende erfasst", hatte LEG-Chef Lars von Lackum gesagt: "Wir wollen lieber auf Nummer sicher gehen, als in einer unsicheren Marktsituation die Dividendenzahlung später zu bereuen."
Vonovia: Vorsichtiger Ausblick
Der Vonovia-Unternehmenschef erwartet auf der Ertragsseite weiterhin eine stabile Entwicklung. Allerdings müsse das Unternehmen die Balance finden zwischen zwei unterschiedlichen Erwartungshaltungen seiner Eigentümer. Eine Gruppe von Aktionären wünsche sich Dividenden-Kontiunität, eine andere fordere besondere Kapitaldisziplin. Beides sei gleichermaßen wichtig.
Buch zufolge wird die Nachfrage nach Wohnungen auch 2023 weiter steigen, allerdings bleibe das Marktumfeld herausfordernd. Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert der Vonovia-Chef einen Anstieg der Summe der Segmenterlöse auf 6,40 bis 7,20 Milliarden Euro. Das Ebitda werde voraussichtlich in einer Spanne von 2,60 bis 2,85 Milliarden Euro liegen und der FFO werde zwischen 1,75 bis 1,95 Milliarden erwartet.
Buch hat sich längst auf das neue Umfeld eingerichtet, teure Neubauprojekte wurden bei Vonovia etwa gestrichen. "In Zeiten höherer Zinsen ist es sinnvoll, Schulden zu reduzieren", hatte er den Kurs begründet.
Für Modernisierung und Neubau sollen im laufenden Jahr etwa 850 Millionen Euro ausgeben werden. Vonovia gehörten den Angaben zufolge zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt rund 549.000 Wohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden.
Vonovia-Aktie legt zu
In den vergangenen Jahren galten Wohnimmobilien-Aktien wegen des vermeintlich krisensicheren Geschäftsmodells bei Investoren eigentlich als verlässlicher Dividendenbringer. Aber auch die Kurse der Konzerne sind während der Krise eingebrochen – Vonovia-Aktien notierten noch vor einem Jahr bei über 48 Euro, am Freitag-Morgen kostet ein Anteilsschein nun 19,70 Euro. Damit verbessert sich der DAX-Wert gegenüber dem schwachen Xetra-Schluss vom Donnerstag. Am Vormittag rutscht die Aktie wieder leicht.
"Vor dem Geschäftsbericht hat sich der Kurs sehr schwach entwickelt, vor allem wegen gestrichener Dividenden von Wettbewerbern", sagte ein Händler. Die Zahlen von Vonovia und auch der Ausblick seien nicht gerade gut, so der Händler, aber der Kurs sei dennoch wohl reif für eine Erholung.
BÖRSE ONLINE hält die Vonovia-Aktie angesichts des trüben Immobilien-Ausblicks derzeit nur auf einer Watchlist. Mutige Anleger mit Weitblick können sich auf dem aktuellen Niveau unter 20 Euro jedoch ein paar Stücke zulegen.
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(Mit Material von Reuters)