"Am Ende haben dann zu viele Leute zu hoch spekuliert", sagte Vonovia-Chef Rolf Buch der Nachrichtenagentur Reuters. Er war 2016 schon einmal mit seinem Vorhaben an den Deutsche-Wohnen-Aktionären gescheitert. Eine Hintertür lässt er sich aber offen. Ein erneutes Übernahmeangebot sei möglich - aber es gebe auch andere Optionen: "Wir können nichts tun - wir können kaufen, wir können verkaufen", sagte Buch. "Wir haben keine Not", versicherte er - Vonovia komme auch allein zurecht.
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte am Freitag bereits über das drohende Scheitern der Fusion der beiden Dax-Konzerne berichtet.
Zusammen kämen die Immobilienriesen auf mehr als 550.000 Wohnungen im Wert von mehr als 80 Milliarden Euro. Vonovia hatte den Aktionären des Berliner Rivalen 52 Euro je Aktie geboten und die Berliner Landespolitik mit Zugeständnissen beruhigt. Das Bundeskartellamt hatte den Plänen bereits zugestimmt. Anders als vor fünf Jahren hatte Buch auch den Deutsche-Wohnen-Vorstand um Michael Zahn auf seine Seite gezogen. Doch zahlreiche Aktionäre spielten nicht mit: Bis zum Ablauf der Frist in der Nacht zum Donnerstag konnte sich Vonovia nur 47,62 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien sichern. Am Freitagabend endete die Frist, in der verspätet eingetrudelte Aktien noch gebucht werden können. Das endgültige Ergebnis wird am Montag bekannt gegeben.
"Ein Zusammenschluss beider Unternehmen macht sowohl wirtschaftlich wie gesellschaftspolitisch viel Sinn, um die großen Herausforderungen am Wohnungsmarkt kraftvoller angehen zu können. Leider haben die jetzigen Aktionäre der Deutsche Wohnen ihre Anteile nicht ausreichend eingeliefert", erklärte Buch. Er gibt den Plan noch nicht endgültig auf: "Wir werden die möglichen Optionen, wie zum Beispiel einen Verkauf der von Vonovia gehaltenen Aktien an der Deutsche Wohnen, ein erneutes öffentliches Angebot oder den Erwerb weiterer Aktien nun sorgfältig prüfen." Um rasch einen neuen Anlauf zu nehmen, braucht Vonovia aber die Zustimmung des Deutsche-Wohnen-Vorstands - sonst müssen die Bochumer mindestens zwölf Monate warten.
Deutsche Wohnen erklärte am Abend in einer Pflichtmitteilung, man nehme die Entscheidung der Aktionäre zur Kenntnis und werde "die Situation und die nächsten Schritte entsprechend analysieren". Die Prognose für 2021 bleibe unberührt. Man werde auch ungeachtet des Ausgangs des Übernahmeangebotes an dem mit dem Land Berlin vereinbarten Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen festhalten, das etwa Mietsteigerungen begrenzen und Neubauten in der Hauptstadt forcieren soll. Auch Buch sagte Reuters: "Wir wollen zusammen mit dem Berliner Senat den eingeschlagenen Weg weitergehen."
Vonovia hält immerhin 18,36 Prozent an Deutsche Wohnen. Zum gebotenen Preis ist das Paket rund 3,4 Milliarden Euro wert. Die Aktionäre von Deutsche Wohnen glauben offenbar auch, dass es in einem dritten Anlauf klappt. Die Aktie schloss 0,4 Prozent höher bei 51,12 Euro. Vonovia verloren 2,7 Prozent auf 57,62 Euro.
HEDGEFONDS WÄHNTEN SICH AUF DER SICHEREN SEITE
Gescheitert ist Vonovia Insidern zufolge unter anderem an Hedgefonds, die sich - wie häufig in Übernahmesituationen - massiv in die Deutsche-Wohnen-Aktie eingekauft hatten. Rund ein Drittel der Papiere lag in ihren Händen. Sie spekulieren in der Regel darauf, dass die Übernahme durchgeht, sie aber bei einem möglichen späteren Abfindungsangebot mehr Geld bekämen, sagten Insider. Die Fonds hätten sich sicher gewähnt, dass Vonovia auch ohne ihre Aktien auf die geforderten 50 Prozent kommen würde. "Viele wussten, dass sie den Deal über die Schwelle tragen müssen, wollten aber gleichzeitig möglichst viel in der Hinterhand halten, weil sie hofften, dass es später irgendwann noch ein besseres Angebot gibt", sagte Buch.
Mehrere Investmentbanken hatten zuletzt große Aktienpakete an Deutsche Wohnen gemeldet; sie halten diese oft treuhänderisch für Hedgefonds. Aus der Deckung gewagt hatte sich nur der aktivistische Investor Elliott, der im Juni eine Beteiligung von drei Prozent gemeldet hatte. Ein zusätzliches Problem bei Übernahmen: Indexfonds dürfen ihre Anteile erst dann abgeben, wenn feststeht, dass die Fusion perfekt ist und das Unternehmen letztlich aus dem Index ausscheidet, den sie abbilden. Mit ihren Papieren kann ein Bieter daher erst während der Nachfrist rechnen, wenn die Entscheidung schon gefallen ist.
rtr