Die Anleger sehen dies offenbar ähnlich - Deutsche-Wohnen-Aktien notierten am Dienstag bei 52,98 Euro und damit nur knapp unter den 53 Euro, die Vonovia je Anteilsschein bietet.

"Buch macht den Sack jetzt zu", sagte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): "Der Drops ist gelutscht." Für Vonovia berge die Übernahme aber auch Risiken: "Man holt sich Aggressivität und Unmut ins Haus", sagte Tüngler angesichts der erhitzten politischen Debatten um die vor allem in Berlin aktive Deutsche Wohnen.

Die letzte Übernahmeofferte Vonovias für die Deutsche Wohnen war Ende Juli an der Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent gescheitert, die Bochumer hatten nur 47,6 Prozent der Anteile einsammeln können. Viele Hedgefonds hatten auf mehr Geld spekuliert und ihre Aktien zurückgehalten, Indexfonds (ETFs) hatten ihre Papiere nicht andienen können. Vonovia hatte seine Offerte danach um einen Euro auf 53 Euro aufgestockt, die Mindestannahmeschwelle aber beibehalten. Diese Hürde haben sie nun abgeräumt, Vonovia will im insgesamt dritten Anlauf die Übernahme des Wettbewerbers vollenden. "Es standen letzte Zweifel im Raum", sagte Tüngler - "die sind nun obsolet".

Vonovia verschafft sich mit dem Manöver mehr Zeit, Aktien des Berliner Wettbewerbers einzusammeln. Durch den Verzicht, mindestens 50 Prozent der Deutsche-Wohnen-Anteile einsammeln zu müssen, verlängert sich die ursprünglich am 20. September 2021 auslaufende Annahmefrist um zwei Wochen und wird nun am 4. Oktober 2021 enden. Zudem haben die beiden Konzerne vereinbart, dass die Deutsche Wohnen eigene Aktien im Falle einer Streichung der Mindestannahmeschwelle an Vonovia verkauft. Knapp ein Prozent der Anteilsscheine geht damit an die Bochumer. Weitere 5,17 Prozent sollen Vonovia aus einer Barkapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss zukommen.

Die Bochumer halten bereits knapp 30 Prozent der Deutsche-Wohnen-Anteile, über vier Prozent sind ihnen bis Montagabend im Rahmen der Übernahmeofferte angedient worden. Vonovia habe zudem Verträge mit Investoren über den Erwerb von rund sechs Prozent der ausstehenden Aktien geschlossen, teilten die Bochumer am Montagabend mit. Der Konzern habe sich damit schon zum jetzigen Zeitpunkt mehr als 40 Prozent der Anteile gesichert.

Buch hat also den Griff um die Berliner gefestigt und kann sich einer Mehrheit bei den Hauptversammlungen der Deutsche Wohnen bereits sicher sein. Zudem kann Vonovia weitere Aktien über den Markt kaufen. "Wir gehen (..) weiterhin davon aus, dass wir über die 50 Prozent kommen werden", sagte Buch. Dann wird es für Vonovia leichter, bei dem Übernahmeziel zu bestimmen. Dividenden soll die Deutsche Wohnen dann auf absehbare Zeit nicht mehr zahlen, bekräftigte er. Denn große Investitionen stünden an, etwa für die energetische Sanierung von Gebäuden.

Den beiden im Leitindex Dax gelisteten Immobilienriesen gehören zusammen rund 550.000 Wohnungen im Wert von mehr als 80 Milliarden Euro, der größte Teil davon in Deutschland. Der Schwerpunkt der Deutschen Wohnen liegt dabei in Berlin, dort bekam der Konzern aber auch heftigen politischen Gegenwind zu spüren. In einem Volksentscheid soll in der Hauptstadt über eine mögliche Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Immobilienkonzerne abgestimmt werden. Hintergrund sind kräftig gestiegene Mieten in den vergangenen Jahren. Buch und Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn wollen gegensteuern - sie bieten der öffentlichen Hand etwa 20.000 der rund 150.000 Einheiten in Berlin zum Kauf an. Für 14.000 Wohnungen gebe es bereits eine Übereinkunft, sagte Buch. Mieterhöhungen sollen in den nächsten fünf Jahren zudem durch die Konzerne gedeckelt werden.

rtr