Denn anders als bei den zurückliegenden Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz muss diesmal die Union das Amt des Ministerpräsidenten verteidigen. Ein Verlust würde die Debatte erneut anschieben, ob Laschet der richtige Kanzlerkandidat ist. Daran ändere auch nichts, dass CSU-Chef Markus Söder betonte, er halte die Spekulationen über eine Korrektur der Kanzlerkandidatenfrage für "absurd", heißt es bei den Christdemokraten.
In Magdeburg und Berlin gilt bei den Parteien deshalb als unumstritten, dass die Union bei der Landtagswahl am meisten zu verlieren hat - auch wenn alle den regionalen Charakter der Abstimmung in dem ostdeutschen Bundesland unterstreichen. Derzeit liegt die CDU in Umfragen für den MDR und das ZDF bei 28 bis 29 Prozent und damit knapp unter ihrem Ergebnis von 2016. Die Grünen können danach mit einer Verdoppelung ihres Wertes von 2016 (5,2) rechnen und sehen sich schon jetzt auf der Siegerseite. Sie erheben bereits Ansprüche darauf, dass sie bei einer Fortsetzung der ungewöhnlichen Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Öko-Partei etwa das Landwirtschafts- und Umweltressort wieder besetzen wollen. Gewinner dürfte laut Umfragen auf jeden Fall die FDP sein, die große Chancen hat, wieder in den Landtag einzuziehen. Vor allem Grüne und FDP dürften ein gutes Ergebnis deshalb auch als Signal für die Bundestagswahl verkaufen. Die SPD wiederum rechnet sich nach dem Absturz 2016 auf 10,6 Prozent zumindest wieder ein leicht verbessertes Ergebnis aus.
Umfragen sehen dagegen wahrscheinliche Verluste vor allem bei den Linken, die danach nur noch auf elf bis 13 Prozent kommen. Die AfD kann laut den Erhebungen von Forschungsgruppe Wahlen und Infratest dimap aus der vergangenen Woche dagegen wieder damit rechnen, mit 23 bis 24 Prozent zweitstärkste Kraft zu werden. Das Institut Insa sah die Rechts-Partei sogar knapp vor der CDU. Laut Infratest dimap dominiert bei den für die Wähler wichtigen Fragen eindeutig das Corona-Thema, dann folgen die wirtschaftliche Lage, Bildung und der Arbeitsmarkt. 2016 hatte dagegen noch die Flüchtlingskrise die Werte für die AfD in die Höhe getrieben.
"LIEBER MIT UNS REGIEREN"
Demoskopen schätzen Haseloffs Chancen, Ministerpräsident bleiben zu können, als relativ gut ein. Die von den Mitte-Parteien befürchtete Blockade im Magdeburger Landtag werde es nicht geben, sagte etwa INSA-Chef Hermann Binkert zu Reuters. "AfD und Linke kommen zusammen nicht auf mehr als 50 Prozent der Sitze." Und der Abstand der CDU zu allen anderen Parteien bis auf die AfD sei so groß, dass ohne die Christdemokraten keine Koalition gebildet werden könne. Bei Infratest dimap verweist man darauf, dass es selten einen so großen Unterschied in der Popularität der Spitzenkandidaten gegeben habe wie diesmal bei der Wahl in Sachsen-Anhalt. Dies liege auch daran, dass die Spitzenkandidaten von SPD, Grünen, FDP, AfD und Linken in der Bevölkerung anders als der seit 2011 regierende Haseloff kaum bekannt seien.
Deshalb wird bei SPD und Grünen bereits darüber spekuliert, ob der Ministerpräsident die Kenia-Koalition fortsetzen würde, die nach Angaben aller Koalitionspartner besser funktionierte als 2016 erwartet worden war. Vor allem bei den Grünen ist man gespannt, ob Haseloff es vorziehen würde, die Ökopartei durch die FDP als Partner zu ersetzen. "Der Ministerpräsident selbst würde lieber mit uns regieren, aber in der CDU gibt es ganz andere Kräfte", heißt es bei den Grünen. CDU-Landeschef Sven Schulze, der als möglicher Nachfolger Haseloffs gehandelt wird, werden etwa eher Sympathien für die FDP unterstellt.
Zur AfD hat Haseloff dagegen zusammen mit Laschet eine hohe Brandmauer aufgebaut. "Es wird (mit der CDU) nur eine entsprechende Koalition der Mitte mit den demokratischen Parteien geben", betonte der Ministerpräsident noch am Montagabend in der MDR-Wahlarena. "Wir haben uns klar geäußert, dass die Linkspartei und die AfD für uns weiterhin nicht für eine Zusammenarbeit infrage kommen", sagte auch CDU-Landeschef Schulze zu Reuters. Aber in der CDU wird eingeräumt, dass niemand wisse, welche Dynamik ein schlechtes Wahlergebnis und gar ein Vorbeiziehen der AfD im Stimmenergebnis im CDU-Landesverband auslösen würde. Der von Haseloff entlassene frühere Innenminister und Landeschef Holger Stahlknecht warte nur auf die Chance eines Comebacks, sagt ein führender Unionist in Magdeburg.
rtr