Stellen Sie jetzt bitte erst einmal sicher, dass Ihre Webcam ausgeschaltet ist. Zur Not tut’s hier auch ein kleines Pflaster. Fensterläden oder Rollläden: Runter damit! Musik an und zwar laut, damit niemand hört, ob und welcher Kommentar Ihnen vielleicht entfährt. Vor allem aber: Ihre Frau oder Conchita oder eine evtl. mitlesende Katze oder was weiß ich sollten nicht anwesend sein. Denn was jetzt kommt, ist richtig, richtig starker Tobak:
FIFA-Präsident Blatter hat am Samstag enthüllt, vor der Entscheidung für Katar in einer Expertise darauf hingewiesen worden zu sein, dass es im Sommer in Katar fürs Fußballspielen evtl. zu heiß sein könnte. D o n n e r w e t t e r! Wenn Sie bei Google die beiden Suchworte "Katar" und "Klima" eingeben, erhalten Sie in 0,27 Sekunden 4.160.000 aufklärende Einträge zu diesem Thema, die Sie gründlichst davon abhalten werden, im Sommer in Katar Fußball spielen zu wollen, weil es dort dann nämlich zwischen 45 und 50 Grad Celsius hat.
Beim der nach Angaben des Fußballmagazins kicker mit 1.166.000.000 US-Dollar betuchten FIFA kann aber niemand googeln, geschweige denn hat irgendjemand in der Schule am Erdkundeunterricht teilgenommen. Nein, man lässt sich eine "Expertise" erstellen. Und entscheidet sich dann gegen sie. Wenn Sie sich einmal mit der langen Liste von Korruptionsvorwürfen gegen die FIFA beschäftigen, könnte Ihnen dazu vielleicht etwas einfallen. Hunderte von Toten hat es nach Recherchen einer britischen Zeitung beim Stadionbau in Katar bis jetzt gegeben. Und Tausende meist asiatischer Arbeiter werden unter katastrophalen Bedingungen in Zwangsarbeit verheizt. Wäre ich der DFB, würde ich die Fußballverbände in aller Welt aufrufen, die WM 2022 in Katar zu boykottieren, falls dort nicht ab sofort die von der ILO festgelegten Standards für menschenwürdige Arbeit eingehalten werden. Und wäre ich Anju Jain oder Jürgen Fitschen, hätte ich mir meine Kapitalerhöhung anderswo besorgt.
Auf Seite 2: Nikkei: Steuerfeuer
Nikkei: Steuerfeuer
Nach einem Minus von 0,3 Prozent im vierten Quartal des Vorjahres ist die japanische Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres um 1,5 Prozent gewachsen. Das war beileibe kein Strohfeuer, wohl aber ein Steuerfeuer. Tokio hatte ja schon seit langem angekündigt, zu Beginn des neuen Fiskaljahres (1. April) die Mehrwertsteuer von fünf auf acht Prozent anzuheben. Und natürlich haben japanische Konsumenten daher alle für die nähere oder mittlere Zukunft geplanten Anschaffungen vor allem größerer Art vorgezogen. Man ist ja nicht dumm. Ergebnis: Der schöne Aufschwung des ersten Quartals wird ein typischer Einmaleffekt bleiben. Das ist mehr als bemerkenswert.
Denn keine andere Notenbank der Welt ist radikaler gegen den wirtschaftlichen Abschwung zu Felde gezogen als die japanische, kein Land trieb das Experiment, schuldeninduzierte Krisen durch noch mehr Schulden zu bekämpfen, dermaßen auf die Spitze. Die Bilanz sollte vor allem der EZB zu denken geben, die ja derzeit fast täglich neue "unkonventionelle" Maßnahmen ankündigt. Erstens: Der Liquiditätsexzess hat dem Nikkei im vergangenen Jahr einen phantastischen Aufwärtstrend beschwert. Zweitens: Der Wirtschaft nicht. Und drittens: Der via Notenbank-Exzess eingeleitete Absturz des Yen gegenüber so gut wie allen wichtigen Außenhandelspartnern hat entgegen aller volkswirtschaftlichen Weisheit die Leistungsbilanz nicht angemessen ins Positive hebeln können.
Quelle: www.private-profits.de
Ich gestatte mir daher, den Nikkei ab sofort als potentiellen Absturzkandidaten zu bezeichnen. Zum einen, weil der Kurs-Turbo des letzten Jahres ausschließlich notenbankinduziert und nicht wirtschaftlich untermauert war. Und zum zweiten, weil sich die Kurse genau aus diesem Grund viel zu weit von der wirtschaftlichen Realität entfernt haben. Ein Schlusskurs des Nikkei unter 13.800 ist hier der Weckruf zum Einstieg in lang laufende Puts. Und wenn Sie mich nach einem Kursziel fragen sollten, würde ich mit 8.000 Punkten antworten.
Auf Seite 3: Euro-Bund: With a little help
Euro-Bund: With a little help
Gestern beging Joe Cocker seinen siebzigsten Geburtstag. Und Leonhard Cohen ist gar 80. Im Alter immer besser zu werden, ist für die Beiden nicht schwer gewesen. Einfach weil sie immer der geblieben sind, der sie waren. Aber genau das fällt ja heute so vielen so sehr schwer. Joe Cockers "With a little help from my friends" dürfte heutzutage auch der Bund-Future summen. Und sich damit an die EZB wenden.
Quelle: www.private-profits.de
Humor ist etwas sehr Individuelles. Und vielleicht finden Sie es ja lustig, wie sich Bund-Future und im Gegenzug die Rendite deutscher Staatsanleihen entwickelt haben. Mein Schmunzeln hält sich in Grenzen. Denn wenn die Refinanzierungskosten des mit Abstand reichsten und wirtschaftsstärksten Staates Europas dermaßen in die Knie gegangen sind, während die Steuereinnahmen alle bisherigen Rekorde brechen und sich der Bundesfinanzminister im kommenden Jahr nur durch das dubiose Verschieben von strukturellen und investiven Ausgaben auf einen ausgeglichenen Haushalt zu schwindeln versucht, dann ist das ein ganz, ganz böses Omen.
Dass das deutsche Rentenbarometer dennoch durch die Decke geht, hat drei ganz einfache Gründe. Der Exodus der Großanleger aus dem Aktienmarkt hat begonnen, es gibt keine sinnvollen Alternativen und schließlich: Die EZB winkt den Geschäftsbanken mit Strafzinsen auf kurzfristige Einlagen. Um letztere Idee einmal in einfache Worte zu kleiden und sie jedem verständlich zu machen. Die EZB kündigt an: Wer uns Geld gibt, der wird von uns weniger zurückbekommen, als er uns gegeben hat. Der zur Vorsorge aufgeforderte Sparer sowieso. Der liebe Gott schütze den Euro. Denn sind die Wähler am kommenden Sonntag doch nicht so dumm, für wie die Politik sie zu verkaufen versucht, wird die Europawahl das abbilden, wozu die Bürger mangels der ihnen verweigerten Volksbefragungen nicht Nein sagen können. Und es auch nie konnten.
Auf Seite 4: EUR/USD: Auf der Klippe
EUR/USD: Auf der Klippe
Die Europawahl endet am 25. Mai. In einigen EU-Staaten beginnt sie ja schon am 22. Mai. Aus zwei der größten Volkswirtschaften der EU, Großbritannien und Frankreich, liegen schon recht verlässliche Prognose-Daten vor. Im Inselstaat wir die europakritische (aber nicht rechts anzusiedelnde) "UKIP" Triumphe feiern, in Frankreich dürfte die rechtsextreme Front Nationale vermutlich sogar die meisten Wählerstimmen einsammeln. Über Spanien, Portugal, Italien, Griechenland oder Zypern müssen wir gar nicht erst nachdenken. Hätte Europa eine Volksbefragungskultur wie die erst am vergangenen Wochenende perfekt funktionierende in der Schweiz (der letzten europäischen Demokratie), hätten wir ein bestens kooperierendes Europa der Nationalstaaten, keinen ökonomisch spaltenden (bzw. einen besser konstruierten) Euro und keine auf dem letzten Loch pfeifende EZB, die nach dem Verkauf unser aller Tafelsilbers nun auch "unkonventionelle Maßnahmen" ankündigt. Unkonventionell, Herr Draghi, ist Ihre Geldpolitik schon seit vielen Jahren.
Quelle: www.private-profits.de
Sie müssen da natürlich nicht meiner Meinung sein. Wenn Charts und Markttechnik für Sie keine Fremdworte sind, werden Sie mir aber gewiss zustimmen, dass EUR/USD neben dem Nikkei ein weiteres ganz heißes Eisen für einen Abwärtstrade ist. Wir werden sehen.
Auf Seite 5: Zweiter Sargnagel
Zweiter Sargnagel
Es ist schon lustig zuzusehen, wie all die bis vor einer Woche noch so rundum super-bullishen "Experten" so langsam umkippen. Ob es Spaßvögel oder Trittbrettfahrer sind, weiß ich nicht, da ich mangels Facebook, Twitter etc. ja erfreulich kontaktarm bin. Virtuell. Aber: Die von mir hier in der letzten Woche vorgestellte Wende der Nachfrage nach Börsenkrediten hat sich nun ausgeweitet. Und Leser Matthias Breinl übersandte mir heute Nacht dazu diese hübsche Grafik, die den Zusammenhang zwischen den US-Börsenkrediten und dem DAX abbildet.
Wer es immer noch nicht verstanden hat: Wenn die zeitlich perfekten Signale meines Lieblings-Indikators nicht trügen, wird gerade zur großen Trendwende geklingelt. Laut und deutlich. Leser, die meine Beiträge immer schon am Samstagabend haben mögen, melden sich bitte einfach unter diesem Link: https://www.private-profits.de/newsletter.html dazu an.
Viel Erfolg und beste Grüße
Axel Retz
Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.
Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.
Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.