Bei Splits und Abspaltungen lauern Steuerfallen. Google-Aktionäre kommen nachträglich mit dem Schrecken davon. Ebay-Anteilseigner sollten wachsam sein. Von Stefan Rullkötter
Für deutsche Google-Aktionäre war der 8. April 2014 ein Tag des (Steuer-)Schreckens. Der Internetriese vollzog damals einen Aktiensplit im Verhältnis 1 : 2. Jeder Google-Aktionär erhielt pro Anteil ("A-Aktie") eine neue "C-Aktie" ins Depot gebucht. Der Haken daran: Die neuen Papiere verbrieften keine Stimmrechte - und wurden mit einer abweichenden Wertpapierkennnummer ausgegeben.Deutsche Depotbanken behandelten den Google-Split daher wie die Ausschüttung einer Sachdividende - und führten nach der Vorgabe von Dienstleistern wie WM Datenservice auf den Kurswert der neu zugeteilten C-Aktien Kapitalertragsteuer und Soli-Zuschlag ab. Google-Aktionären wurde die Abgabe vom Verrechnungskonto prompt abgebucht - ohne dass sich am Gesamtwert der Position etwas geändert hatte.
Der Widerstand betroffener Anleger gegen diese "Zwangsbesteuerung" hatte nun Erfolg. Nachdem sie in individuellen Besteuerungsverfahren zum Teil deren Rücknahme erreicht hatten, korrigierte nun auch das Bundesfinanzministerium (BMF) die steuerrechtliche Behandlung dieser Kapitalmaßnahme (BMF-Schreiben vom 8. Juli 2015, Gz. IV C 1 - S 2252/09/10004).
Die Ministerialbeamten kamen zu dem Ergebnis, "dass die Voraussetzungen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln" bei Google erfüllt sind. "Demnach liegt keine Sachausschüttung, sondern ein steuerneutraler Aktiensplit vor", erklärt Steuerberater Daniel Sahm von Ecovis in München. Mit steuerzahlerfreundlichen Folgen: Die auf den Kurswert der C-Aktien einbehaltene Abgeltungsteuer muss den Aktionären nun erstattet werden.
Dafür gibt es zwei Wege: Wer den Vorgang in der Anlage KAP deklariert hat, kann sich die Abgabe mit der Steuerveranlagung 2014 erstatten lassen. Google-Aktionäre, die innerhalb von vier Wochen nach Einbehalt Einspruch gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung einlegten, erhalten ihr Geld direkt von ihrer Depotbank zurück.
Eine weitere Folge dieser Korrektur ist, dass Depotbanken die ursprünglichen Anschaffungskosten der Google-Altaktien (A-Aktien) nach dem rechnerischen Bezugsverhältnis auf die alten und die nach dem Split eingebuchten jungen Aktien aufteilen. In gleicher Höhe reduzieren sich fiskalisch die Anschaffungskosten der "Altpapiere". Der Fiskus bedient sich also indirekt, indem er bei der späteren Gewinnberechnung den Kaufkurs herabsetzt.
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Vorteil für Google-Altaktionäre
Nach dem BMF-Schreiben müssen Finanzämter die C-Aktien so behandeln, als wären sie zum gleichen Zeitpunkt angeschafft worden wie die alten A-Aktien. "Damit können alle Google-Aktionäre, die ihre Anteile bereits vor Einführung der Abgeltungsteuer 2009 erworben haben und seitdem halten, Erlöse aus dem Verkauf der C-Aktien steuerfrei einstreichen", erklärt Sahm.
Auch wer nach dem Google-Split seine Aktien bereits wieder verkauft hat, kommt in den Genuss der Steuererstattung. Zuständig dafür ist die Depotbank, die auf den Kurswert der neuen Aktien bei deren Einbuchung Abgeltungsteuer einbehalten hat.
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Auch andere Aktionäre profitieren
Das neue BMF-Schreiben ist auch für in Deutschland steuerpflichtige Aktionäre des dänischen Reedereikonzerns Maersk positiv: Ihnen war im April nach einem Aktienpsplit im Verhältnis 1 : 5 Kapitalertragsteuer auf den Kurswert der neu eingebuchten Papiere abgezogen worden. Die Erstattungsmodalitäten sind nach amtlicher Vorgabe identisch mit denen im Fall Google.
Diese Korrekturen sollten Aktionäre zum Anlass nehmen, bei allen künftigen Kapitalmaßnahmen wachsam zu sein - so zum Beispiel auch kürzlich bei Ebay.