Piech und Winterkorn wollten in den nächsten Tagen unter vier Augen miteinander sprechen, hieß es in Unternehmenskreisen.
Piech hatte am Freitag mit Äußerungen, er sei auf Distanz zu Winterkorn, eine Bombe platzen lassen. Der 67-Jährige ist damit als Vorstandschef angeschlagen und kann kaum noch damit rechnen, Piech nach 2017 als Vorsitzenden des Aufsichtsrats zu beerben. Allerdings stieß dessen Breitseite gegen Winterkorn im Kontrollgremium überwiegend auf Ablehnung: Die Arbeitnehmerbank und Niedersachsen, das zu 20 Prozent an VW beteiligt ist, gingen ebenso auf Distanz wie Piechs Cousin Wolfgang Porsche. Neben dem Gespräch von Piech und Winterkorn sei in den kommenden Tagen ein Treffen der Familien Piech und Porsche geplant, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf das Umfeld der Familie. Beide Clans haben vertraglich vereinbart, als Hauptaktionäre von VW stets mit einer Stimme zu sprechen.
Winterkorn ließ sich am Montag bei seinen Auftritten auf der Hannover Messe, wo alle Kameras auf ihn gerichtet waren, nichts anmerken. Routiniert und lächelnd empfing er Bundeskanzlerin Angela Merkel am VW-Stand, um den neuen Vento als Modell für Indien vorzustellen. Dabei hakte es dann doch ein bisschen: Die Kanzlerin bat um einen Blick in den Kofferraum - dem VW-Chef musste zum Öffnen ein Lehrling zur Hilfe eilen.
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INSIDER: PIECH FRUSTRIERT
Dass persönliche Animositäten zwischen Piech und seinem einstigen Zögling Winterkorn bei dessen öffentlicher Demontage eine Rolle spielen müssen, liegt für viele Beobachter auf der Hand. Ursächlich für den Bruch sind nach Einschätzung von VW-Insidern und externen Experten aber vor allem geschäftliche Problemen des Konzerns. Piech, sagen Insider, sei frustriert über das schwache Geschäft in den USA, dem zweitgrößten Automarkt weltweit. Im Aufsichtsrat habe er dies mehrmals moniert. Der frühere Audi-Lenker sei zudem besorgt über den Imageverlust der Ingolstädter Premiummarke als Innovationsmotor des Konzerns.
Dem 77-jährigen Firmenpatriarchen, der kaum jemanden als ebenbürtiges Gegenüber akzeptiere, sei Winterkorn als Chef eines zwölf Marken umfassenden Imperiums außerdem zu mächtig geworden. Piech, dem der Aufstieg von VW zum Weltkonzern zu verdanken sei, habe die Debatte um Winterkorn als eine Art Weckruf vom Zaun gebrochen, vermutete Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI. "Er glaubt, dass Volkswagen zu selbstzufrieden ist und einen Wechsel im Management braucht." Nun aber werde der Wolfsburger Konzern geradezu destabilisiert und die Führung in Frage gestellt. "Volkswagen kann sich keinen monatelangen Machtkampf leisten", mahnte ein anderer Kenner von VW.
Ein weiterer Insider erklärte, Piech wolle womöglich selbst länger Aufsichtsratschef bleiben. "Dann braucht er keinen Winterkorn als Nachfolger." Allerdings wisse niemand, wen Piech stattdessen als künftigen Vorstandsvorsitzeden im Blick habe. An Winterkorns Entscheidungen habe der Aufsichtsratschef wohl kaum etwas auszusetzen, da er diese in der Regel mitgetragen habe, erklärten zudem zwei Peronen aus dem Umfeld der Führungsspitze. In Zahlen ausgedrückt hat der gebürtige Schwabe Winterkorn eine gute Bilanz vorzuweisen: Seit seinem Antritt 2007 ist VW mit Übernahmen zu einem Konzern mit zwölf Marken gewachsen, Umsatz und operativer Gewinn haben sich verdoppelt, die Dividende vervierfacht, und der Aktienkurs stieg um 350 Prozent.
Reuters