Für die geplante Klage führe man gemeinsam mit der US-Partner-Kanzlei Grant & Eisenhofer Gespräche mit rund 100 großen Investoren, sagte Tilp. Grant & Eisenhofer gehört zu den führenden Kanzleien im VW-Abgasskandal in den USA.
Bereits am 14. März hatte Tilp für insgesamt 278 institutionelle Investoren eine Schadenersatz-Klage im Volumen von 3,225 Milliarden Euro beim Landgericht Braunschweig eingereicht.
Mitte September will Tilp nun nachlegen. Daneben bereitet der Anwalt für den 18. September eine weitere Klage von Privatanlegern vor. Bislang hätten ihm rund 1100 Privatanleger ein Mandat erteilt. Sie machten bislang Schadenersatzansprüche von rund 53 Millionen Euro geltend, sagte er.
Tilp wirft Volkswagen vor, den Kapitalmarkt zu spät über die Abgasmanipulationen informiert zu haben. Der Konzern bestreitet dies.
Zurückhaltung bei institutionellen Investoren
Große Investoren sehen die Entwicklung bei VW trotz der einer Grundsatzeinigung in den USA weiter kritisch. Der Börsenwert des Unternehmens sei wegen der Diesel-Affäre um rund 50 Milliarden Euro abgestürzt, sagte der Vertreter einer großen Fondsgesellschaft am Dienstag auf Anfrage. Man rechne zwar nicht damit, dass der Gesamtschaden am Ende tatsächlich bei 50 Milliarden Euro liegen werde. Vor einem Neuengagement wolle man jedoch zunächst ein klareres Bild über das tatsächliche Schadensausmaß erhalten, hieß es. Daher werde man bei VW derzeit nicht aufstocken.
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Einschätzung der Redaktion
Der Dieselskandal hat VW-Aktionären drastische Kursverluste beschert. Alleine zwischen Mitte und Ende September büßte das Papier fast die Hälfte seines Wertes ein. Nach einer Erholung bis in die Zone um 130 Euro hat die Aktie zunächst ihr altes Tief unterhalb der 100-Euro-Marke getestet und hangelt sich seitdem allmählich wieder nach oben.
Wir haben die VW-Aktie nach dem Absturz zuletzt als Trading-Idee gesehen und die Aktie kurzfristig als Kauf eingeschätzt.
Aber fundamental gibt es zahllose Baustellen im weiten VW-Reich. So ist trotz der jüngsten Grundsatzeinigung in den USA weiter unklar, was der Dieselskandal am Ende den Konzern tatsächlich kosten könnte.
Auch operativ ist das Geschäft enttäuschend. Vor allem die Entwicklung bei Kernmarke VW ist besorgniserregend. Mit einer operativen Marge von 2,0 Prozent liegt VW im Wettbewerbsvergleich meilenweit hinter der Konkurrenz. Selbst im eigenen Hause hat VW das Nachsehen. So schaffte etwa die vermeintliche Einstiegsmarke Skoda im vergangenen Jahr eine operative Marge von 7,3 Prozent und liegt damit erstaunlich nahe beim Premiumanbieter Audi (siehe Grafik). Dass der neue VW-Markenchef Herbert Diess bei VW die Marge deutlich verbessern kann, erscheint angesichts der Kräfteverhältnisse in Wolfsburg eher zweifelhaft.
Dazu muss das Management die gesamte Unternehmenskultur auf Vordermann bringen, bemängelt etwa Hans-Christoph Hirt vom britischen Pensionsfonds. Auch im Aufsichtsrat fehlt es an unabhängigen Stimmen. Gleichzeitig bremst eine "unheilige Allianz" (Auto-Experte Prof. Ferdinand Dudenhöffer) aus Gewerkschaft und dem Land Niedersachsen den Vorstand bei den immer drängenderen Anpassungen aus. Zu allem Überfluss ziehen im Hintergrund auch noch die Eigentümerfamilien Porsche und Piech die Strippen - ohne sich groß um die Vorzugsaktionäre zu scheren.
Zwar wäre die Chance zu einem echten Neuanfang mit dem Dieselskandal jetzt da. Doch deuten alle Anzeichen darauf hin, dass sich in Wolfsburg kaum etwas ändern wird. Wer daran noch irgendwelche Restzweifel hatte, wurde spätestens auf der Audi-HV am vergangenen Donnerstag eines Besseren belehrt.
Wie es zu rechtfertigen sei, dass der Audi-Vorstand trotz des Dieselskandals einen Bonus kassiere, wollte ein Aktionärsvertreter wissen. Doch Audi-Boss Rupert Stadler ließ die Kritik kalt. Es gebe ein Regelwerk, nach dem sich die Höhe der Zahlungen richtet, entgegnete Stadler ungerührt, und das gelte "in guten wie in schlechten Zeiten".
Charttechnisch läuft die VW-Aktie nach der jüngsten Rallye allmählich auf den Widerstand bei 132 Euro zu. Fällt die Marke, ist der Weg für weitere Kursgewinne frei. Dann könnte womöglich auch das Gap aus dem Herbst geschlossen werden.
Die VW-Aktie bleibt eine Trading-Chance. Fundamental gibt es bessere Aktien - mit einem deutlich besseren Chance-Risiko-Profil.
Kaufen. Ziel: 140 Euro, Stopp: 107 Euro.