Volkswagen zieht damit erste Konsequenzen aus der Affäre um Tierversuche bei einem von den deutschen Autobauern gegründeten Forschungsverein, die die Unschädlichkeit von Dieselabgasen zeigen sollten. In der Branche, die nach dem Skandal um manipulierte Dieselmotoren und Kartellvorwürfen erneut am Pranger steht, schrillen die Alarmglocken.

"Niemand, der der Autoindustrie bewusst schaden will, könnte so viel Schaden anrichten, wie die es selbst machen", sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nach einem Treffen mit EU-Umweltkommissar Karmenu Vella in Brüssel zur Abgasbelastung in deutschen Städten. Der Vorstand des Branchenverbands VDA wollte Insidern zufolge am Nachmittag auf einer Sitzung diskutieren, wie der Vertrauensverlust wieder rückgängig gemacht werden kann. Bei Volkswagen will sich das Präsidium des Aufsichtsrats nächste Woche über den Stand der Untersuchungen wegen der Abgastests informieren lassen. "Wir werden sicherstellen, dass sich derartige Vorgänge nicht wiederholen," kündigte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch an. Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh, der dem Gremium angehört, forderte eine vollständige Aufklärung: "Anscheinend ist einigen bei Volkswagen der ethische und moralische Kompass abhandengekommen.

Konzernchef Matthias Müller nannte Versuche an Affen "unethisch und abstoßend" und entschuldigte sich. "Mit Interessenvertretung oder wissenschaftlicher Aufklärung hatte das nichts, gar nichts zu tun", sagte er am Montagabend in Brüssel. Der Vorfall mache zudem deutlich, dass noch ein langer Weg vor der Branche liege, um Vertrauen zurückzugewinnen. "Es gibt Dinge, die tut man schlicht nicht. Punkt!", sagte Müller, der den Konzern seit Bekanntwerden des Dieselskandals vor fast zweieinhalb Jahren führt. Bosch-Chef Volkmar Denner befürchtet einen "erheblichen Rückschlag" im Kampf um die Zukunft der Dieseltechnologie.

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Der VDA kündigte am Dienstag weitere Initiativen zur Luftreinhaltung in Städten an. Ziel sei es, gemeinsam mit besonders betroffenen Kommunen Wege zur Senkung der Stickoxidbelastung zu suchen. Hintergrund der Aktion sind offenbar auch die nach den jüngsten Negativ-Schlagzeilen lauter werdenden Forderungen aus der Politik an die Branche, bei der Bewältigung der Stickoxid-Probleme mehr zu tun. Die Autobauer sind in der Defensive, seit am Wochenende zunächst die Affentests bekannt wurden. Der von VW, Daimler und BMW finanzierte Lobbyverein EUGT wollte 2014 offenbar nachweisen, dass Dieselabgase weit weniger gefährlich sind als von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt. Er förderte auch ein Experiment, bei dem sich 25 Probanden an einem Institut der Uniklinik RWTH Aachen dem Reizgas Stickstoffoxid aussetzten.

Das Institut wies zwar einen Zusammenhang der Versuche mit der Diskussion über Dieselgrenzwerte zurück. Die Studie habe sich mit dem Stickoxidgrenzwert am Arbeitsplatz befasst. Die Ergebnisse der 2016 veröffentlichten Forschung dürften den Autobauern nach Meinung von Experten allerdings bei ihrer Argumentation genutzt haben. So hatte der VDA in den vergangenen Jahren immer wieder darauf verwiesen, dass die Stickoxidgrenzwerte am Arbeitsplatz sehr viel höher seien als im Straßenverkehr.

rtr