Bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden übernahm der Vize des Aufsichtsrats, der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber, kommissarisch die Leitung des Gremiums. Er soll auch die Hauptversammlung 5. Mai in Hannover leiten. Die Wahl des künftigen Aufsichtsratsvorsitzenden soll auf Vorschlag der Eigner erfolgen.
Piechs Cousin Wolfgang Porsche erklärte als Repräsentant des VW-Hauptaktionärs Porsche SE, er habe volles Vertrauen in die Führung des Konzerns und bedauere die Entwicklung der letzten Tage. Er dankte Piëch für seinen Einsatz für Volkswagen und unterstrich: "Wir werden weiterhin mit großer Loyalität unsere Verantwortung als Großaktionär für den Volkswagen-Konzern und seine 600.000 Mitarbeiter wahrnehmen."
Piech war vor gut zwei Wochen per "Spiegel"-Artikel überraschend von seinem Zögling Winterkorn abgerückt und hatte den Konzern damit in eine tiefe Führungskrise gestürzt. Das Präsidium des Aufsichtsrats hatte Winterkorn daraufhin in einer Krisensitzung den Rücken gestärkt und dem Enkel von "Käfer"-Erfinder Ferdinand Porsche eine herbe Abstimmungsniederlage zugefügt. Als der Aufsichtsratschef sich dem Votum nicht fügen wollte und Insidern zufolge hinter den Kulissen weiter an Winterkorns Stuhl sägte, zeigten ihm die anderen Mitglieder des engeren Führungszirkels die Rote Karte.
Sie stellten auf einer erneuten Präsidiumssitzung, diesmal in Braunschweig, fest, dass das Vertrauen zu Piech zerstört sei und ließen ihm damit keine Alternative. "Herr Piech hat daraus die Konsequenzen gezogen und alle seine Ämter in VW-Aufsichtsräten niedergelegt", sagte Huber. Eine förmliche Abstimmung habe es dabei nicht gegeben, sagten zwei Insider der Nachrichtenagentur Reuters.
BEDEUTENDSTE PERSÖNLICHKEIT DER WIRTSCHAFTSGESCHICHTE
Sowohl Huber als auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der das Land im Aufsichtratspräsidium vertritt, würdigten Piechs Verdienste um VW und die deutsche Automobilindustrie. "Ohne zu übertreiben ist festzustellen, dass er eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte ist", sagte Weil. Gerade Niedersachsen, das 20 Prozent an dem größten Arbeitgeber des Landes hält, habe Piech viel zu verdanken. "Dennoch war es in der jetzt eingetretenen Situation zwingend geboten, die Personalspekulationen zu beenden und für Klarheit in der Führungsspitze von VW zu sorgen", fügte der SPD-Politiker hinzu.
Analysten nannten Piechs Rücktritt einen "Schock für Investoren". Auch wenn der Streit im VW-Aufsichtsrat in den vergangenen Wochen lautstark öffentlich ausgetragen worden sei, hätten nur wenige den Schritt erwartet - "und sicherlich nicht so schnell", sagte Stuart Pearson von Exane BNP Paribas.
SCHOCK FÜR INVESTOREN
"Der Bruch auf so hoher Führungsebene zu einer kritischen Zeit für VW wird zweifelsohne viele Anteilseigner in den nächsten Wochen aus der Fassung bringen." Vom VW-Aufsichtsrat erwarteten Investoren jetzt ein schnelles Vorgehen, um Piech zu ersetzen, und jegliche Unzufriedenheit auf Führungsebene auszuräumen.
Der Bruch auf so hoher Führungsebene zu einer kritischen Zeit für VW wird zweifelsohne viele Anteilseigner in den nächsten Wochen aus der Fassung bringen."
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte am Freitag aus Kreisen der Landesregierung erfahren, dass Piechs Vorgehen gegen Winterkorn immer mehr auf Unverständnis stieß: "Noch zwei, drei solche Sachen sollte er sich jetzt nicht mehr leisten", sagte eine Person mit Kenntnis der Situation. Da liefern einem Insider zufolge bereits die Vorbereitungen für das Krisentreffen am Samstag. rtr