"Wir sind uns bewusst, das wir noch viel tun müssen, um das Vertrauen der Menschen in Amerika zurückzugewinnen", sagte Volkswagen-Chef Matthias Müller. VW-Finanzchef Frank Witter sprach von einer erheblichen Belastung, die finanziellen Rückstellungen von 16,2 Milliarden Euro reichten allerdings aus.

Gut zehn Milliarden Dollar sind für den Rückkauf von einer halben Million manipulierter Dieselautos mit 2,0-Liter Motoren vorgesehen. Weitere fast fünf Milliarden Dollar soll Volkswagen in zwei Umweltfonds einzahlen. Zudem fließen gut 600 Millionen Dollar laut VW an 44 US-Bundesstaaten. Ursprünglich hatte eine Strafe wegen Umweltverstößen von bis zu 46 Milliarden Dollar im Raum gestanden. Den nun erzielten Kompromiss muss das Bezirksgericht in San Francisco noch formell absegnen. Mit der Umsetzung des Vergleichs rechnet Volkswagen nicht vor dem Herbst.

Das Land Niedersachsen wertete die Einigung als deutlichen Schritt nach vorne in der Bewältigung der Abgaskrise. Sollte das Gericht Ende Juli den Vergleich akzeptieren, könnten wesentliche zivilrechtliche Verfahren in den USA abgeschlossen werden. "Die positiven Aspekte dieser Vergleichsvereinbarungen überwiegen, trotz der damit verbundenen erheblichen finanziellen Belastungen", erklärte Ministerpräsident Stephan Weil.

Die endgültigen Kosten für den Rückkauf der 475.000 Dieselautos hängen davon ab, wieviele Dieselbesitzer ihren Wagen an VW zurückgeben und ob die US-Behörden eine Reparatur genehmigen. Die Summe könnte somit deutlich niedriger ausfallen als die in dem Vergleich angesetzten zehn Milliarden Dollar. Zusätzlich zum angebotenen Rückkauf sollen die US-Kunden einen finanziellen Anreiz zwischen 5100 und 10.000 Dollar erhalten, der sich nach dem geschätzten Wert ihres Wagens bei Bekanntwerden der Manipulation im September richtet. Damit soll erreicht werden, dass möglichst viele Autobesitzer das Angebot annehmen. Denn die Kosten für den Umweltfonds steigen, wenn es VW nicht gelingt, mindestens 85 Prozent der manipulierten Wagen von der Straße zu holen.

VW FÖRDERT UMWELTPROJEKTE



Die nach monatelangen Verhandlungen in den USA erzielte Einigung sieht einen Umweltfonds vor, in den Volkswagen 2,7 Milliarden Dollar einzahlen soll. Aus dem Topf sollen Gemeinden in den USA Gelder für Umweltprojekte beantragen können. Weitere zwei Milliarden Dollar soll VW in die Förderung der Elektromobilität investieren.

Volkswagen hatte im September auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, Abgaswerte mit einer Software manipuliert zu haben. Am Dienstag lief die vom Bezirksgericht in San Francisco gesetzte Frist ab, bis zu der die Kläger einen mit den Wolfsburgern ausgehandelten außergerichtlichen Vergleich präsentieren sollten, wie die Manipulation von Dieselabgasen technisch behoben und die US-Kunden entschädigt werden sollen. In der vergangenen Woche war von etwa zehn Milliarden Dollar die Rede gewesen, die zur Beilegung der Manipulationen in den USA nötig wären. Mit weiteren fünf Milliarden Euro an Kosten wurden einem Insider zufolge in Europa gerechnet.

Obwohl der US-Vergleich teurer ausfällt als erwartet, reagierten Analysten positiv. "Das Abkommen sieht vernünftig aus und dürfte die Unsicherheit beenden", schrieb Arndt Ellinghorst von Everore ISI. Aktionäre reagierten erleichtert. Die nach Bekanntwerden des Skandals im Herbst gebeutelte VW-Aktie legte zeitweise um 4,7 Prozent zu.

ANALYSTEN FÜRCHTEN WEITERE KOSTEN



Für die Reparatur der weltweit insgesamt rund elf Millionen manipulierten Dieselfahrzeuge sowie juristische Risiken hat der Konzern rund 16,2 Milliarden Euro (umgerechnet rund 18 Milliarden Dollar) zur Seite gelegt. Davon verschlingt der nun in den USA ausgehandelte Vergleich einen Großteil. Trotzdem geht der Konzern davon aus, dass die Rücklagen reichen. Die Vereinbarung bewege sich im Rahmen dessen, was man erwartet habe, sagte Finanzchef Witter. "Wir sind in der Lage, die Konsequenzen zu beherrschen."

Analysten halten es dennoch für möglich, dass VW die Rücklagen aufstocken muss. "Es sieht eher so aus, dass noch ein Risiko nach oben besteht", sagte Marc-Rene Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg. Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler geht von Kosten von 20 bis 25 Milliarden Euro aus. Die Lasten für Volkswagen hält der Autoanalyst insgesamt jedoch für beherrschbar.

Auch in anderen Ländern könnten Entschädigungszahlungen fällig werden. In Europa, wo rund 8,5 Millionen Fahrzeuge betroffen sind, wurden bereits Stimmen laut, die eine ähnliche Entschädigung wie in den USA fordern. Nicht enthalten in den Rückstellungen sind Forderungen von Investoren, die einen Ausgleich für erlittene Wertverluste ihrer Aktien und Anleihen durchsetzen wollen. Diese hält Volkswagen für unbegründet. In den USA laufen wegen des Abgasskandals zudem strafrechtliche Ermittlungen gegen Volkswagen.