Als Grund für den Gewinnanstieg nannte Volkswagen eine Verbesserung des Ergebnisses der Hauptmarke VW im zweiten Quartal. Dadurch stieg das operative Ergebnis des Konzerns binnen Jahresfrist um ein Fünftel und der von der Abgaskrise erschütterte Autobauer schaffte eines der besten Quartale in seiner Geschichte.

"Wie schnell dieser Tanker durch Einsparungen den Kurs gewechselt hat, ist höchst respektabel", sagte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. "Die Zahlen sind spektakulär." Der Autoanalyst verwies auf die zahlreichen Baustellen, die das Management um Konzernchef Matthias Müller neben der Abgaskrise beackern müsse. "Da ist nicht nur der Mount Everest an Problemen wegen Dieselgate. Das Geschäft in Russland ist schwach, Südamerika hängt durch und in den USA spielt VW kaum noch eine Rolle. Dass der Konzern in dieser Situation ein solches Ergebnis aus der Hüfte schießt - alle Achtung."

Dabei fielen die gut zwei Milliarden Euro, die VW wegen rechtlicher Risiken in Nordamerika zusätzlich zur Seite legte, kaum ins Gewicht. Auch dass das Ergebnis dadurch auf 5,3 Milliarden Euro schrumpfte, beeindruckte einige Analysten wenig. Was zählte, waren die Erfolge bei der Marke VW, die seit einem Jahr von Herbert Diess geleitet wird. Der frühere BMW-Manager hat der schwächelnden Marke mit dem VW-Logo einen Sparkurs verordnet und fährt erste Erfolge ein. Zugleich richtet er das Aushängeschild des Wolfsburger Konzerns für die Elektromobilität und die Digitalisierung neu aus. Nach den Diskussionen der vergangenen Jahre über mangelnde Effizienz bei VW scheine es so, dass die Programme nun wirkten, sagte Michael Punzet von der DZ Bank. Angesichts der anhaltenden Unsicherheit wegen des Abgasbetrugs bleibe er jedoch skeptisch.

WASSER IN DEN WEIN



Auch Marc-Rene Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg goß etwas Wasser in den Wein. Die weiteren Rückstellungen zeigten, dass Volkswagen trotz erster Etappensiege noch einen weiten Weg vor sich habe. "Bis wir belastbare Zahlen über die endgültigen Kosten von Dieselgate haben, werden noch einige Quartale ins Land gehen, vielleicht sogar Jahre." Tonn hält es für möglich, dass VW weitere Summen zur Seite legen muss.

Fank Schwope von der NordLB sah dies ähnlich: "Ich glaube, dass in Amerika noch nicht alles ausgestanden ist. Und es gibt ja noch den Rest der Welt." Schwope geht davon aus, dass der Dieselskandal Volkswagen am Ende zwischen 25 und 35 Milliarden Euro kosten wird. Etwa die Hälfte werde auf die USA entfallen.

Volkswagen hatte seine Rückstellungen wegen des Dieselskandals unlängst bereits auf 16,2 Milliarden Euro aufgestockt. Allein der jüngst mit US-Behörden und Privatklägern vereinbarte Vergleich verschlingt umgerechnet bis zu 13,8 Milliarden Euro. In den vergangenen Wochen waren zusätzliche Risiken aufgetaucht. So fordern drei US-Bundesstaaten von VW Strafen wegen Verstößen gegen Umweltrecht, die sich auf mehrere hundert Millionen Dollar belaufen könnten. In Kanada drohen Volkswagen ebenfalls finanzielle Lasten. Dort verhandelt der Konzern noch mit den Behörden über einen Vergleich zur Beilegung des Dieselskandals. Würde das US-Entschädigungsmodell auf den nördlichen Nachbarn der USA übertragen, müsste VW womöglich mit einer weiteren Belastung in Milliardenhöhe rechnen.

Den Ausblick für das laufende Jahr bekräftigte Volkswagen. Demnach werde der Umsatz um bis zu fünf Prozent sinken, die operative Rendite in einer Spanne zwischen fünf und sechs Prozent liegen. rtr