Anderthalb Jahre lang sichteten die Anwälte Berge von Dokumenten, Daten und E-Mails und befragten Mitarbeiter und Führungskräfte von Volkswagen. Jetzt interessiert sich auch die Münchner Staatsanwaltschaft, die gegen die VW-Tochter Audi ermittelt, für das Material.

Ein Überblick über die wichtigsten Fragen:

WIRD JONES DAY EINEN BERICHT VERÖFFENTLICHEN?



Nein. Zwar hat VW mehrfach angekündigt, die Erkenntnisse der internen Ermittler der Öffentlichkeit präsentieren zu wollen, doch ebenso oft wurde das verschoben - mit dem Verweis auf die laufenden Ermittlungen in den USA. Im Januar einigte sich der Konzern schließlich mit dem US-Justizministerium auf eine Strafzahlung von 4,3 Milliarden Dollar. Im Zuge des Vergleichs wurde ein sogenanntes "Statement of Facts" veröffentlicht - eine Liste von Ereignissen und Fakten zur Abgasmanipulation, die VW als wahr anerkennt. In diese Dokumentation seien auch die Erkenntnisse von Jones Day eingeflossen, erklärte ein VW-Sprecher im Anschluss. Eine Notwendigkeit weiterer Veröffentlichungen habe sich damit erübrigt.

Die von Jones Day gesammelten Dokumente enthielten sehr viele Interna, auch zu Technologien und Produkten, daher habe sich VW entschlossen, den Bericht niemals und schon gar nicht in voller Länge zu veröffentlichen, erläuterten zwei Insider. Als Zusammenfassung sei das "Statement of Facts" aus dem US-Vergleich zu betrachten. "Aus VW-Sicht ist dem nichts hinzuzufügen. Die Aufarbeitung ist abgeschlossen."

GIBT ES ÜBERHAUPT EINEN GEDRUCKTEN BERICHT UND WO IST ER?



Man dürfe sich den Jones-Day-Bericht nicht wie eine gedruckte Broschüre vorstellen, erläutert ein Eingeweihter. Insgesamt hätten die Anwälte 1,3 Millionen Seiten gesammelt - Dokumente, Emails, Gesprächsprotokolle, Daten. Die gesammelten Papiere liegen Insidern zufolge nur bei der Anwaltskanzlei. Einen schriftlichen Bericht habe keiner bekommen - auch nicht VW. Die Anwälte hätten ihre Erkenntnisse den Vertretern des Unternehmens stets mündlich präsentiert. "Das war immer eine Vorlesestunde", berichtete eine mit den Treffen vertraute Person. "Jeder hat sich Notizen gemacht. Die Jones-Day-Leute haben ihre Unterlagen und Präsentationen dann wieder mitgenommen." Dahinter stecke die Absicht, dass die Dokumente in der Kanzlei am besten vor unerwünschtem Zugriff geschützt seien - insbesondere vor US-Schadenersatzklägern und vor der deutschen Staatsanwaltschaft. Bei Volkswagen könnten solche Papiere beschlagnahmt werden, in einer Anwaltskanzlei dagegen nicht.

Diese Annahme galt zumindest bis zu dieser Woche. Am Donnerstag bestätigte ein VW-Sprecher, dass die Staatsanwaltschaft München im Zuge der Ermittlungen gegen die VW-Tochter Audi auch Räume von Jones Day in Deutschland durchsucht hat. Die Kanzlei selbst äußerte sich nicht dazu.

WER HAT ZUGANG ZU DEN ERKENNTNISSEN VON JONES DAY?



Natürlich VW als Auftraggeber. Dazu konnten sich auch US-Behörden auf die Dokumenten-Sammlung stützen - auch ihnen wurden aber die Erkenntnisse nur in mündlicher Form präsentiert. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig, die die strafrechtlichen Konsequenzen des VW-Abgasskandals untersucht und gegen 37 Beschuldigte ermittelt, darunter Ex-VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, bekam Justizkreisen zufolge allerdings keinen Zugriff auf die Protokolle der Anwaltskanzlei.

Nach deutschem Recht können sich die Strafverfolger sowieso nicht darauf berufen, sondern müssen Original-Urkunden sammeln und selbst mit den Zeugen sprechen. Die Jones-Day-Papiere wären "eine interessante Quelle für den Abgleich unserer eigenen Erkenntnisse. Aber mehr auch nicht. Sie wären nicht die Quelle unserer Erkenntnis", sagte eine mit den Ermittlungen vertraute Person. Die Münchner Staatsanwaltschaft hat sich bislang nicht dazu geäußert, was sie sich von dem Material verspricht.

rtr