Es sind vor allem risikofreudige Anleger, die wieder zugreifen - in der Hoffnung, mit den angeschlagenen Volkswagen-Vorzügen womöglich nun ein Schnäppchen zu machen.

Am frühen Nachmittag stiegen die Anteilsscheine um 3,44 Prozent auf 109,65 Euro. Seit Wochenbeginn allerdings haben sie immer noch rund ein Drittel an Wert verloren. Anders ausgedrückt: In nicht einmal drei Tagen wurden etwa 23 Milliarden Euro vernichtet. Das entspricht fast dem Marktwert des Industriegase-Produzenten und Anlagenbauers Linde.

SPEKULIERT WIRD ÜBER EINE ÜBERTREIBUNG NACH UNTEN

"Der enorme Anstieg beim Handelsvolumen - am Montag und Dienstag lagen die Umsätze auf Xetra mit rund 1,7 Milliarden Euro deutlich über dem Sechsmonatsdurchschnitt von 290 Millionen Euro - zeigt deutlich, dass hier von einem Ausverkauf gesprochen werden kann", sagte Chartanalyst Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar. Auch "größere Adressen" seien wohl ausgestiegen, schrieb er. Und das gebe inzwischen so manchem Börsianer Anlass zu "Spekulationen über eine Übertreibung nach unten".

Die Meinungen, ob dies tatsächlich der Fall ist oder nicht, sind allerdings sehr gespalten. Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler etwa sieht weiterhin ein kurzfristiges Rückschlagsrisiko für das VW-Papier sogar bis unter 90 Euro.

DEUTSCHE BANK: 'EIN ALBTRAUM FÜR JEDEN INVESTOR'

Kein Wunder, dass Analysten von einem "Albtraum für jeden Investor" sprachen, wie etwa Tim Rokossa von der Deutschen Bank. Zwar könnte der herbe Wertverlust von einigen Marktteilnehmern bereits wieder als Kaufgelegenheit wahrgenommen werden, vermutete er, doch das ganze Ausmaß des Emissionsskandals dürfte noch für längere Zeit nicht abzuwägen sein. "Die Geldbußen werden schmerzhaft sein und sind unmöglich zu quantifizieren, und womöglich werden sie über Jahre hinaus Thema bleiben", betonte er. Zudem verursache der Einfluss auf das operative Geschäft weitaus höhere Risiken auf der Einnahmenseite.

Commerzbank-Experte Sascha Gommel setzte wegen der unübersichtlichen Lage angesichts des ganzen Ausmaßes des Skandals sogar sein Anlageurteil samt Kursziel für die VW-Aktie komplett aus. Allerdings sieht er einen möglichen "Einstiegszeitpunkt für spekulative Investoren, während die anderen besser an den Seitenlinien abwarten sollten".

WEITERE ANALYSTEN STREICHEN IHRE KAUFEMPFEHLUNG

Auch am Mittwoch stuften viele Experten die Aktie ab wegen der zahlreichen Unsicherheiten, aber auch wegen des Imageschadens. Neben Rokossa von der Deutschen Bank zählt zu ihnen auch JPMorgan-Analyst Jose Asumendi, der die Schadenssumme für den Konzern im schlimmsten Fall auf 40 Milliarden Euro bezifferte. Er sorgt sich allerdings nicht so sehr um den Rückruf von Dieselmotoren in den USA, sondern vor allem um die Auswirkungen in Europa, wo die weitaus meisten Dieselautos fahren. Langfristig jedoch hält er die VW-Papiere trotz des Skandals für eine gute Anlage.