Im Rennen um die Nachfolge von Martin Winterkorn an der Konzernspitze von Volkswagen laufen sich die Kandidaten warm. Hoffnungen können sich zum einen zwei Neue machen: Andreas Renschler, der kürzlich von Daimler zu VW wechselte, und Herbert Diess von BMW, der ihm im Oktober dorthin folgen soll - zwei Manager also, die von außen in das Wolfsburger Autoreich kommen. Es gibt aber auch interne Kandidaten wie den selbstbewussten Audi -Chef Rupert Stadler. Oft vergessen bei der Aufzählung der Kronprinzen von Winterkorn wird indes ein vierter Mann, der am Ende vielleicht alle ausstechen könnte: Winfried Vahland.

Der Skoda-Chef ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Er hat sich vor allem intern einen exzellenten Ruf erworben. Das könnte sich als Vorteil erweisen, wenn Winterkorn das Zepter abgibt. Denn bei Europas größtem Autobauer gilt ein ehernes Prinzip, an dem schon so mancher Spitzenmann gescheitert ist, der aus anderen Konzernen an den Mittellandkanal wechselte: "Wenn Sie in Wolfsburg über kein Netzwerk verfügen und nicht eng mit anderen verdrahtet sind, haben Sie keine Chance", sagt ein Manager, der die Abläufe im Konzern bestens kennt.

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RITTERSCHLAG UND STALLGERUCH

Den ersten Ritterschlag hat sich Vahland in China verdient. Als dort vor zehn Jahren der Autoboom einsetzte, baute er die dort dringend benötigen Fertigungskapazitäten auf, brachte neue Modelle an den Start und legte so die Basis für den heutigen Erfolg von Volkswagen auf dem inzwischen weltgrößten Pkw-Markt. 2010 kehrte Vahland zu Skoda zurück, wo er Anfang der 2000er Jahre schon einmal im Vorstand saß. Seither steht der Manager mit dem grauen Kurzhaarschnitt an der Spitze der tschechischen VW-Tochter. Seine Karriere begann der gebürtige Westfale bei Opel, es folgte Audi. In Ingolstadt begann schon für mehrere spätere VW-Top-Manager die Karriere. Winterkorn selbst war Audi-Chef, bevor er Anfang 2007 nach Wolfsburg wechselte.

Unter Vahland hat Skoda sein Biedermann-Image ablegt. Die Marke mit dem geflügelten Pfeil im Logo macht mit ansprechendem Design und höherwertiger Ausstattung der Autos anderen Töchtern des Wolfsburger Imperiums Konkurrenz. Die einstige graue Maus ist zudem ein wichtiger Ertragsbringer des VW-Konzerns geworden. Im vergangenen Jahr verkauften die Tschechen weltweit erstmals mehr als eine Millionen Fahrzeuge. In den nächsten drei Jahren peilt Skoda die 1,5-Millionen-Marke an. Dazu beitragen sollen neben den bereits neu aufgelegten Fabia und Octavia weitere Modelle. Skoda hätte dann vom Stadtflitzer Citigo bis zum schweren SUV alles im Angebot, was man als Hersteller braucht, um oben mitspielen zu können.

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PIECH ZIEHT DIE FÄDEN

Trotz seiner Erfolge hält sich der 57-jährige Vater von zwei Kindern öffentlich zurück. Auch in seinem Umfeld ist man bemüht, ihn aus Spekulationen über die Winterkorn-Nachfolge herauszuhalten. Jeder bei VW weiß, dass öffentlich geäusserte Ambitionen auf den Chefsessel in Wolfsburg das Aus bedeuten können. Denn zu den Grundregeln gehört nach den Worten eines Insiders bei VW auch: "Die Top-Jobs werden nicht danach vergeben, wer sich am weitesten nach vorne drängt oder am lautesten mit den Hufen scharrt." Nichts hasst Aufsichtsratschef Ferdinand Piech mehr als öffentliche Nachfolgediskussionen. Der Patriarch zieht die Fäden lieber geräuschlos von seinem Büro in Salzburg aus. Dort dürften Vahlands Talente keineswegs verborgen geblieben sein. Denn sein Durchsetzungsvermögen ist ganz nach dem Geschmack von Piech.

Dagegen muss Renschler sich seine Sporen erst verdienen. Als Chef der Lkw-Sparte soll der ehemalige Daimler-Trucker aus MAN und Scania eine schlagkräftige Allianz schmieden. Da im Lkw-Geschäft - anders als bei Pkw - eher in Jahrzehnten gedacht wird, dürfte das aber dauern. Schneller zum Ziel kommen könnte Ex-BMW -Mann Diess, der im Oktober von Winterkorn die Leitung der wichtigen Marke VW übernehmen soll. Wenn es ihm gelingt, die Hauptmarke neu erstrahlen zu lassen, könnte Piech ihm womöglich zutrauen, den Gesamtkonzern zu führen. Audi-Chef Stadler könnte alle überholen, wenn es im gelingen sollte, Audi im Wettstreit mit BMW und Daimler in der Oberklasse in Führung zu bringen.

Als Konzern-Insider haben Stadler und Vahland einen gewissen Heimvorteil vor Renschler und Diess. Das zeigt ein Blick in die jüngere Geschichte von VW. Sowohl der frühere Konzernchef Bernd Pischetsrieder, als auch Ex-Markenchef Wolfgang Bernhard, die einst von BMW beziehungsweise Daimler nach Wolfsburg wechselten, wurden nach wenigen Jahren von Piech abgesetzt. Unter anderem, weil sie mit dem mächtigen Betriebsrat über Kreuz lagen. Für Stadler und Vahland sind die ungeschriebenen Gesetze bei VW hingegen kein Neuland. Das könnte sich am Ende als schlagendes Argument erweisen, wenn Piech ab dem Herbst die Weichen für die Winterkorn-Nachfolge stellt.

Reuters