Weltweit drohen Volkswagen noch weitere Kosten für Rückrufe, Aktionärsklagen und Strafen, die sich auf mehr als zehn Milliarden Euro auftürmen könnten. Analysten schätzen, dass die Aufarbeitung des Skandals um manipulierte Abgaswerte den Konzern am Ende zwischen 20 und 25 Milliarden Euro kosten wird. Es folgt eine Übersicht:

DER US-VERGLEICH



Die Einigung mit hunderten Sammelklägern, Behörden und US-Bundesstaaten kostet Volkswagen rund 15,3 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 13,8 Milliarden Euro). Der größte Teil entfällt auf den Rückkauf von 475.000 manipuliertgen Dieselwagen mit 2,0-Liter-Motoren, für die gut zehn Milliarden Dollar reserviert sind. Die tatsächlichen Kosten hängen davon ab, wie viele Dieselbesitzer ihre Wagen zurückgeben und ob die US-Behörden eine Umrüstung genehmigen. Sollte es Volkswagen nicht gelingen, 85 Prozent der betroffenen Fahrzeuge von der Straße zu holen oder umzurüsten, muss Volkswagen für jeden Prozentpunkt, um den das Ziel verfehlt wird, 85 Millionen Dollar zahlen.

WEITERE STRAFEN UND KLAGEN IN DEN USA



In den USA laufen wegen des Abgasbetrugs noch strafrechtliche Ermittlungen gegen Volkswagen. Zudem können Kläger zivilrechtlich versuchen, einen höheren Schadensersatz durchzusetzen, wenn sie mit dem Vergleich nicht zufrieden sind. Arndt Ellinghorst von Evercore ISI schätzt, dass für beides zusammen zwei bis drei Milliarden Dollar fällig werden könnten.


LÖSUNG FÜR DREI-LITER-AUTOS LÄSST AUF SICH WARTEN

Keine Einigung gibt es bisher für die rund 85.000 größeren Fahrzeuge mit Drei-Liter-Dieselmotor. VW zeigt sich zuversichtlich, dass eine Reparatur gelingen kann. Ende August will das Bezirksgericht in San Francisco über den Fortgang der Verhandlungen unterrichtet werden. Sollte Volkswagen gezwungen werden, auch diese teureren Wagen zurückzukaufen, würde das weitere Milliarden verschlingen. Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler schätzt die Kosten auf bis zu zwei Milliarden Euro.

RÜCKRUFE IN EUROPA



Ein großer Brocken ist auch die Umrüstung der rund 8,5 Millionen Dieselautos in Europa. Schätzungen reichen von gut einer bis drei Milliarden Euro, die das kosten dürfte. Der Autoanalyst Ellinghorst rechnet zudem damit, dass sich schrumpfende Marktanteile von Volkswagen, geringere Preise und rückläufige Restwerte im Ergebnis bemerkbar machen werden. Der Rückgang der Marktanteile werde tendenziell jedoch abnehmen. Zudem habe sich VW weniger als erwartet an Rabatten beteiligt.

ENTSCHÄDIGUNG AUCH IN EUROPA?



Eine Entschädigung der Kunden in Europa lehnt VW ab, obwohl sich Forderungen nach einem ähnlichen Vergleich wie in den USA mehren. Sollten diese dennoch fällig werden, könnte das Volkswagen finanziell das Genick brechen, fürchten Experten. Analyst Pieper geht von einem Wertverlust in einer Größenordnung von 500 Euro je Fahrzeug aus. "Es ist schwierig zu sagen, ob VW am Ende doch einen symbolischen Betrag zahlen wird." Ellinghorst hält es für wahrscheinlich, dass die Kunden in Europa kein Geld sehen werden.

AKTIONÄRSKLAGEN



Weltweit sieht sich Volkswagen zudem mit milliardenschweren Schadensersatzklagen von Investoren und Kleinaktionären konfrontiert. Die Inhaber von Aktien und Anleihen werfen Volkswagen vor, zu spät über das Ausmaß des Abgasskandals informiert zu haben und wollen einen Ausgleich für Kursverluste durchsetzen. Beim Landgericht Braunschweig liegt eine Klage von 280 institutionellen Anlegern aus mehreren Ländern über fast 3,3 Milliarden Euro. Pieper schätzt, dass VW insgesamt zu ein bis zwei Milliarden Euro Schadensersatz verdonnert werden könnte.

DIE KRISE IST EINE GROSSE EINNAHMEQUELLE FÜR ANWÄLTE



Die Scharen an Anwälten, die Volkswagen weltweit wegen des Dieselskandals beschäftigt, verschlingen ebenfalls Geld. Besonders viel wird in den USA fällig, wo sich die Kosten an der Schadenssumme orientieren. Der Autoexperte Pieper geht von rund einer Milliarde Euro aus, sein Kollege Ellinghorst schätzt die Anwaltskosten auf mehrere hundert Millionen.

Pieper erwartet, dass der Dieselskandal Volkswagen insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro kosten wird. Sein Kollege Ellinghorst rechnet mit Gesamtkosten von rund 26 Milliarden Euro. Die Experten sehen den Konzern wegen seiner Reserveren und der Finanzkraft in der Lage, das zu stemmen. Erst ab 50 Milliarden Euro müsste sich Volkswagen von Beteiligungen trennen, sagt Pieper.