"Das Pendel schlägt eher zugunsten von Chattanooga aus", sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag. Das Management verhandele derzeit intensiv mit den Behörden des US-Bundesstaates Tennessee über Subventionen. Im Gespräch seien Steuernachlässe, Zuschüsse für die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, kostenlose Grundstücke und Verbesserungen der Infrastruktur im Gesamtvolumen von 300 Millionen Dollar.

Ein weiterer Unternehmensinsider sagte, die Vorlagen für die VW-Gremien würden derzeit vorbereitet. Mit einer Entscheidung werde binnen zwei bis drei Wochen gerechnet. "Das wird jetzt nicht mehr auf die lange Bank geschoben." VW wollte sich nicht dazu äußern.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete in ihrer Freitagausgabe ebenfalls, Chattanooga solle in Kürze den Zuschlag erhalten. Damit hätte sich die Fabrik in Tennessee gegen den VW-Standort in Mexiko durchgesetzt, der sich ebenfalls um die Produktion des siebensitzigen SUV beworben hatte. Reuters hatte bereits Anfang Juni berichtet, auch Behörden in Mexiko hätten ein Angebot unterbreitet, um sich die Produktion in ihrem Land zu sichern. Im mexikanischen Puebla produziert VW unter anderem den Jetta für den Export in die USA.

VW hat in den USA mit sinkenden Absätzen zu kämpfen, weil sich der eigens für den nordamerikanischen Markt entwickelte Mittelklassewagen Passat nicht mehr so gut verkauft. Für den Wagen hatte VW das Werk in Chattanooga errichtet. Der Konzern verbindet damit große Erwartungen, auf dem wichtigen US-Markt aus der Rolle eines Nischenanbieter herauszukommen. Die Mitarbeiter in der Fabrik hoffen schon länger darauf, dass der geplante Geländewagen "Cross-Blue" dort als zweites Modell gebaut wird.

Europas größter Autobauer hatte im Januar auf der Automesse in Detroit angekündigt, den Großraum-SUV 2016 auf den Markt zu bringen. Unmittelbar danach bot der Gouverneur von Tennessee, Bill Haslam, den Wolfsburgern finanzielle Anreize im Umfang von 300 Millionen Dollar an, wenn das Modell dort gefertigt werde. Im Streit um die Einführung eines Betriebsrats in dem einzigen US-Werk von Volkswagen zog er das Angebot später wieder zurück.

BETRIEBSRAT OHNE UAW?

Örtliche Republikaner und konservative Gruppen machten massiv Stimmung gegen das Vorhaben der amerikanischen Automobilarbeiter-Gewerkschaft UAW, in Chattanooga eine Arbeitnehmervertretung einzurichten. Dabei wurde auch gedroht, VW im Falle eines Votums der Belegschaft für die UAW keine Finanzhilfen mehr zu gewähren. Die Abstimmung der Mitarbeiter fiel am Ende gegen die Gründung eines Betriebsrats aus. Seither sucht die IG Metall nach Wegen, doch noch eine Arbeitnehmervertretung in Chattanooga einzusetzen.

Einer der Unternehmensinsider bekräftigte, der Streit über die Arbeitnehmervertretung spiele bei der Entscheidung zum Bau des Cross-Blue in Chattanooga keine Rolle. "Früher oder später wird es einen Betriebsrat in Chattanooga geben", sagte die Person. Es gebe Überlegungen, diesen auch ohne die UAW einzurichten.

Reuters