Im Mittelpunkt der VW-HV werden dennoch voraussichtlich zwei Fragen stehen. Erstens: Was wusste der Vorstand vor dem 20.9.2015 von der Schadsoftware? An jenem Tag im September hatte der Konzern eingeräumt die Abgaswerte von Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Ob der Vorstand von den Schummeleien wusste, ist für Verbraucher- als auch Aktionärsschützer die wesentliche Information, um in den Verfahren zu möglichen Ansprüchen auf Schadensersatz weiterzukommen. Allerdings hat sich Volkswagen mit der US-Justizbehörde in diesem Punkt auf Stillschweigen geeinigt.
Der Anlegerschützerverband DSW versucht mit Unterstützung diverser US-Investoren eine Sonderprüfung durchzusetzen und so an die Information zu kommen. Da die notwendigen Stimmen dafür nicht aufzubringen sind, hat der DSW einen Prozess vor dem Landgericht Hannover gestartet. Ulrich Hocker, Präsident des DSW, will auf der Hauptversammlung den Vorstand erneut dazu auffordern, von sich aus Transparenz zu üben.
Weitere Belastungen durch Abgasskandal
Die zweite Frage lautet: Wie will VW die finanziellen Belastungen aus dem Dieselskandal stemmen? Im vergangenen Jahr hat der Autobauer nach 16,2 Milliarden Euro Rückstellungen in 2015 noch 6,4 Milliarden Euro zur Abarbeitung von "Dieselgate" zurückgelegt. Bislang sind jedoch lediglich drei Milliarden Euro abgeflossen. In diesem Jahr erwartet VW allerdings Forderungen im zweistelligen Milliardenbereich. Das könnte die Kapitalreserven reduzieren. Um trotzdem liquide zu bleiben, erwägt VW einen Verkauf etwa von Ducati oder einem Teil der MAN-Gruppe. Aktionäre erwarten dazu am Donnerstag eine klare Ansage.Möglichen Unmut von Aktionären versucht VW mit einer erhöhten Dividende von 2,06 Euro je Vorzugsaktie und zwei Euro je Stammaktie zu besänftigen. Im vergangenen Jahr hatte der Wolfsburger Konzern gerade mal 11 Cent je Stammaktie und 17 Cent je Vorzugsaktie ausbezahlt.
Auf Seite 2: Einschätzung der Redaktion
Einschätzung der Redaktion: KaufenVolkswagen konnte 2016 trotz mieser Schlagzeilen seinen Absatz steigern. Die Umsatzerlöse stiegen um 1,9 Prozent auf 217 Milliarden Euro. Die Marke hat die Krise damit überstanden und VW dürfte auch künftig eine starke Dividende auszahlen. Zum aktuellen Kurspreis ist die Aktie günstig bewertet.