Demnächst jährt sich in Hollywood eine spektakuläre Übernahme zum zehnten Mal. Ende August 2009 meldete Walt Disney den vier Milliarden US-Dollar schweren Kauf des Comic-Verlags Marvel. Der Plan, das Micky-Mouse-Imperium mit mehr als 5000 Comic- und Superhelden-Figuren zu verstärken, kam an der Wall Street zunächst nicht gut an. Am Tag der Veröffentlichung gab die Disney-Aktie um mehr als drei Prozent nach.

Knapp ein Jahrzehnt später ist klar, dass die erste Reaktion falsch war. Sieben der 20 erfolgreichsten Filme aller Zeiten sind seit dem Deal in den Marvel-Studios entstanden. Vor allem mit den "Avengers"-Superhelden füllt die Disney-Tochter rund um den Globus die Kinosäle. Aktuell räumt das Finale der Reihe, "Endgame", groß ab. Nur elf Tage nach dem Kinostart hatte das mit Hollywood-Superstars wie Robert Downey Jr. und Scarlett Johansson besetzte Science-Fiction-Abenteuer mehr als zwei Milliarden US-Dollar eingespielt. "Wir sind begeistert vom alle Rekorde brechenden Erfolg von ‚Avengers: Endgame‘, der schon jetzt der zweitumsatzstärkste Film aller Zeiten ist", schwärmt Disney-Konzernchef Bob Iger. Gegen alle Zweifel hatte er den Marvel-Deal inmitten der Finanzkrise eingefädelt und durchgezogen.

Kampfansage in Richtung Netflix


Obwohl er schon seit 1974 im Mediengeschäft aktiv ist, ist der Ehrgeiz des 68-Jährigen ungebrochen. Gerade hat Iger die Teilübernahme von 21st Century Fox in trockene Tücher gebracht. Aus dem Imperium von Medienmogul Rupert Murdoch holt sich Disney Filmstudios, TV-Sender und Produktionsfirmen ins Haus.

Bob Iger füllt die Content-Maschine damit gerade rechtzeitig für den nächsten großen Wurf auf: Am 12. November soll der Streamingdienst Disney+ in den USA online gehen. Für monatlich 6,99 US-Dollar will das Portal seinen Nutzern ein prall gefülltes Programm anbieten. Dazu werden etwa Filmklassiker wie "Bambi", aufwendige Dokumentionen von National Geographic, die beiden ersten "Star Wars"-Trilogien oder der neueste Marvel-Hit zählen. Nach und nach sollen exklusive Produktionen dazukommen. Sowohl bei den Inhalten als auch bei der Gebühr bläst Bob Iger zum Frontalangriff auf Netflix.

Anfang des Jahres hatte der Streaming-Platzhirsch die Preise auf dem Heimatmarkt erhöht. Selbst für das günstigste Paket ruft Netflix nun rund zwei Dollar mehr auf als Disney+. Gleichwohl verfügt der Pionier über einen großen Vorsprung: Rund um den Globus zahlen knapp 150 Millionen Film- und Serienfans für ein Netflix-Abo. Disney+ will Ende 2024 zwischen 60 und 90 Millionen Kunden zählen und bis dahin profitabel sein.

Apropos Gewinn: Im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2018/19 (per 30. September) verdiente das Unternehmen unterm Strich 5,4 Milliarden US-Dollar - 85 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Sowohl mit dieser Kennzahl als auch mit dem Umsatzwachstum von drei Prozent auf 14,9 Milliarden US-Dollar übertraf Disney die Analystenerwartungen. Angeschoben haben das Geschäft von Januar bis März vor allem die Freizeitparks. Obwohl die Osterferien 2019 in den April fielen und das Unternehmen die Preise erhöht hat, war der Andrang im globalen Disneyland-Netzwerk sowie auf den Kreuzfahrtschiffen des Konzerns groß.

Allein der große Erfolg von "Avengers: Endgame" spricht dafür, dass die Serie der überzeugenden Quartalsberichte weitergeht. Zumal Disney das Superheldenfieber mit speziellen Shows in den Themenparks sowie zahlreichen Merchandising-Produkten nutzt. Für zusätzliche Fantasie sorgen die Integration von Fox sowie natürlich der nahende Start des Streamingportals. Auch wenn die Disney-Aktie ihr jüngstes Tempo kaum wird halten können - auf die Anleger wartet weiterhin gute Unterhaltung.

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Walt Disney auf einen Blick