Seit vergangenen Freitag kämpfen die "Guardians of the Galaxy" genannten Außenseiter in den US-Kinos gegen einen Oberbösewicht namens Ronan - und um die Gunst der Zuschauer. Für den US-Unterhaltungsriesen Walt Disney steht viel Geld auf dem Spiel: Rund 170 Millionen Dollar dürfte der Konzern in die Produktion der Comicverfilmung gepumpt haben. Ein mutiger Schritt, schließlich sind die fünf Helden um Peter Quill bislang nur eingefleischten Comicfans bekannt.
Auf der nächsten Seite: Der Superhelden-Boom
Disney stellt die Weichen
Mit dem fast fünf Milliarden Dollar teuren Kauf des Comicverlags Marvel löste Disney-Chef Robert Iger vor fünf Jahren einen regelrechten Superhelden-Boom aus. Zweimal im Jahr stürmen Helden wie Captain America, Thor oder eben die Guardians die Kinocharts. Den bislang größten Coup landete Iger vor zwei Jahren mit der Comicverfilmung "Marvel's The Avengers". Weltweit spielte der Streifen über 1,5 Milliarden Dollar ein -das dritthöchste Einspielergebnis aller Zeiten.
Doch warum macht Iger nicht weiter wie bisher und bringt bekannte Comic-Charaktere in die Kinos? Der Boss über Micky Maus, Schneewittchen und Donald Duck bereitet Disney auf Phase 2 nach der Marvel-Übernahme vor. Die x-te Fortsetzung von Captain America oder Iron Man dürfte irgendwann auch dem größten Fan zu viel sein. Stattdessen setzt Iger auf das über 9000 Charaktere umfassende Marvel-Universum und führt immer neue Figuren ein, die oft auch in verschiedenen Filmen interagieren.
Iger und Marvel-Chef Kevin Feige sind offenkundig überzeugt: Die Guardians rocken den Kinosaal. Auf der weltgrößten Comicmesse Comic- Con in San Diego, die sich mit rund 130 000 Besuchern längst zu einer Großveranstaltung gemausert hat, kündigte Feige vor wenigen Tagen die Fortsetzung der "Guardians of the Galaxy" für Mitte 2017 an.
Auf der nächsten Seite: Disneys größter Widersacher
Schlacht der Titanen
Anders als mancher Filmbösewicht kann Iger jedoch nicht die ganze Welt beanspruchen. Größter Widersacher ist Jeffrey Bewkes. Der Chef des Medienkonzerns Time Warner feiert regelmäßig Kinoerfolge mit den beiden bekannten Superhelden Batman und Superman. Das ist auch Rupert Murdoch nicht entgangen. Der Medienmogul will sich Time Warner einverleiben.
Den großen Showdown plant Bewkes in zwei Jahren. Dann treffen die Fledermaus und der Mann aus Stahl in "Batman v Superman: Dawn of Justice" aufeinander. Ein Spektakel mit allerlei Spezialeffekten ist programmiert. Nach den Erfolgen der letzten Batman-und Superman-Filme -"The Dark Knight Rises" und "Man of Steel" - darf Bewkes auf einen ansehnlichen Geldregen hoffen. Zusammen spielten die beiden Kostümierten in den vergangenen zwei Jahren fast 1,8 Milliarden Dollar ein.
Wenn es um die Rettung der Welt geht, entfalten die Heroen von Marvel und Time Warner ungeahnte Kräfte. In der Liga der Superhelden sorgt aber noch ein anderer Name immer wieder für Aufsehen. Wenn Spider-Man durch die Häuserschluchten Manhattans schwingt und gegen diverse Bösewichte kämpft, rollt beim japanischen Medien-und Elektronikriesen Sony der Rubel. Das im Frühjahr erschienene Spektakel "The Amazing Spider-Man 2" spielte an den Kinokassen über eine halbe Milliarde Dollar ein und zählt damit zu den erfolgreichsten Filmen des Jahres. Grabenkämpfe
Eingefleischte Fans wissen: In den Comicvorlagen ist Spider-Man Teil von Marvels Avengers und kämpft Seite an Seite mit Iron Man, Thor, Hulk und Co. Doch Sony, nicht Disney, besitzt die Filmrechte an Spidey, wie die Spinne genannt wird.
Auch andere bekannte Marvel-Charaktere werden wohl so schnell nicht mit den Avengers im Kino zu sehen sein. Die Filmrechte etwa an Wolverine, den X-Men und den Fantastic Four liegen bei dem von Murdoch kontrollierten Medienkonzern 21st Century Fox. Angesichts des Superhelden-Booms ist es unwahrscheinlich, dass Sony oder 21st Century Fox diese so schnell zum Verkauf anbietet.
Spekulationen um eine mögliche Kooperation der Filmstudios und eine Wiedervereinigung der Marvel-Helden auf der Kinoleinwand gibt es schon lange - bislang verliefen aber alle Gerüchte und Hoffnungen der Fans im Sand.
Disney-Chef Iger dürfte das zwar grämen - leer gehen die Amerikaner aber keineswegs aus. Die Blockbuster mit Spider-Man, den Fantastic Four oder den X-Men werden zwar wohl noch lange von der Konkurrenz produziert. In Disneys Vergnügungsparks, den Merchandising-Shops und auf den eigenen TV- Sendern aber kann Iger aus allen Rohren feuern -auch mit den Superkräften der Marvel-Helden der Konkurrenz. Schließlich besitzt Disney alle weiteren Vermarktungsrechte.
Auf der nächsten Seite: Konzern mit Bärenkräften
Konzern mit Bärenkräften
Disney hat es Iger zu verdanken, dass der Konzern finanziell über Bärenkräfte verfügt. Ein Jahr nach seinem Amtsantritt 2005 fädelte der 63-jährige die Übernahme des mehrfach oscarprämierten Animationsstudios Pixar ein. Aus der Feder der von Apple-Gründer Steve Jobs mit aus der Taufe gehobenen Animationsfilm-Firma stammen Kassenschlager wie "Toy Story", "Findet Nemo" oder "Ratatouille".
Nach dem Pixar-Coup schluckte Iger Firmen im Drei-Jahres-Takt, erst Marvel und schließlich Lucasfilm. Mit dem Kauf der von "Krieg der Sterne"-Erfinder George Lucas gegründeten Produktionsfirma sicherte sich der Disney-Boss die Rechte an weiteren Hollywood-Kassenschlagern wie "Indiana Jones" und der Star-Wars-Saga, die in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.
Das boomende Geschäft mit den Superhelden bringt viele Milliarden in die Branche - ein Grund, weshalb so mancher Unternehmenslenker mehr will - siehe Murdochs Vorstoß, Time Warner zu schlucken. Gefeierte Altstars
Als potenzieller Übernahmekandidat für Murdoch, Iger und Co gilt das kleinere Medienunternehmen Lions Gate. Chef Jon Feltheimer hat kein beeindruckendes Comicportfolio wie die Großen. Mit viel Gespür und guten Beziehungen entwickelte Feltheimer kurzerhand sein eigenes Superheldenteam: "The Expendables", eine schießwütige Truppe alternder Hollywood-Stars, gespielt von Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger oder Bruce Willis wurde zum Kassenschlager.
Teil 3 des blutigen, aber nicht ganz ernst gemeinten Gemetzels feiert Mitte August US-Premiere. Dass der Film durch ein Leck schon Wochen zuvor illegal über das Internet zu sehen war, könnte den Erfolg schmälern. Die Downloadzahlen der Raubkopie aber lassen zumindest einen fulminanten Auftakt erahnen. Das dürfte auch den Ärger von Lions-Gate-Chef Feltheimer über den Lapsus mildern.
Auf der nächsten Seite: Vier Topwerte aus der Branche