Mit dem Ausstand legt Verdi den Flugbetrieb der Lufthansa mitten in der Hauptreisezeit weitgehend lahm. Der Ausstand des Bodenpersonals begann um 3.45 Uhr und soll bis 6.00 Uhr am Donnerstag dauern. Wegen des Warnstreiks bei der Lufthansa herrscht insbesondere am Frankfurter Flughafen in vielen Bereichen gähnende Leere. Am größten deutschen Airport wurden für Mittwoch 725 von 1.160 geplanten Flügen abgesagt, wie ein Sprecher des Betreibers Fraport erklärte.
Auch Flüge anderer Gesellschaften sind betroffen, die üblicherweise vom Lufthansa-Bodenpersonal mitbetreut werden. Gestrichen wurden deshalb Flüge von Lufthansa-Konzerngesellschaften wie Swiss, Austria, Brussels oder Air Dolomiti. Darüber hinaus konnten auch unter anderem Maschinen von Croatian, United, Air Canada oder der polnischen LOT nicht abheben.
Etwa 134.000 Passagiere betroffen
Die Fluggesellschaft fürchtet Auswirkungen des Warnstreiks bis zum Freitag, dem letzten Schultag vor den Sommerferien in Bayern. Etwa 134.000 Passagiere sind betroffen, müssen ihre Reisepläne ändern oder aufgeben. Bereits am Dienstag waren mindestens 47 Verbindungen ausgefallen.
Zumindest bis zur nächsten Gesprächsrunde in der kommenden Woche soll es keine weiteren Aktionen der Gewerkschaft Verdi geben. Verdi-Verhandlungsführerin Christine Behle sagte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin" auf eine entsprechende Frage: "Das kann ich ausschließen." Verdi und die Lufthansa wollen wieder am 3. und 4. August über Gehälter und Arbeitsbedingungen der rund 20.000 Bodenbeschäftigten sprechen. Behle verteidigte zudem die Länge des Warnstreiks von mehr als 24 Stunden: Man versuche, alle Beschäftigten einzubeziehen.
Einigung in Stuttgart
Unterdessen gibt es eine erste Einigung. Rund 300 Mitarbeiter des Bodenpersonals am Stuttgarter Flughafen erhalten nach Angaben der Gewerkschaft Verdi von August an mehr Geld. Bereits am Montag habe man sich darauf geeinigt, dass die Mitarbeiter, die zum Beispiel beim Check-In tätig sind und Gepäck abfertigen, in zwei Stufen mehr als 18 Prozent mehr Lohn erhalten sollen. Der neue Tarifvertrag läuft nach Angaben der Gewerkschaft bis Ende Juni 2023.
Die Einigung sei möglich gewesen, "weil der Arbeitgeber hier in Stuttgart, auch unter dem Eindruck des Warnstreiks bei der Lufthansa, verstanden hatte, wie ein Tarifergebnis im Jahr 2022 an einem Flughafen aussehen muss", sagte Verdi-Verhandlungsführer Jan Bleckert.
Gute Quartalszahlen
Für die Lufthansa kommt der Warnstreik des Bodenpersonals zur Unzeit. Mitten in der Hauptreisezeit sind die finanziellen Einbußen jedoch wohl zu verkraften. Vor zwei Wochen hatte die Fluggesellschaft vorläufige Geschäftszahlen vorgelegt. Demnach hat der kriselnde Konzern trotz der Flugstreichungen aufgrund Personalknappheit im zweiten Quartal einen Gewinn zwischen 350 und 400 Millionen Euro verzeichnet - nach einem Verlust von 827 Millionen Euro im Jahr zuvor. Endgültige Quartalszahlen legt die Lufthansa am 4. August vor.
Die Lufthansa-Aktie zeigt sich am Mittwoch zunächst mit einem kleinen Abschlag auf 5,86 Euro wenig beeindruckt von den aktuellen Ausfällen. Am Mittag legt die Aktie sogar zu. Der MDax-Wert läuft indes seit März in einem Abwärtstrend. Erst wenn die Abwärtstrendlinie (aktuell bei 6,20 Euro) nachhaltig überwunden wird, bestände charttechnisch neues Aufwärtspotenzial.
BÖRSE ONLINE hält den MDax-Wert derzeit nur auf einer Watchlist, nachdem die Lufthansa-Aktie Ende Juni bei 5,50 Euro ausgestoppt wurde.
mmr mit dpa und rtr