Altmeister Warren Buffett investiert seit Jahrzehnten vornehmlich in Geschäftsmodelle mit dem gewissen Etwas – Buffett nennt es „moat“, übersetzt „Burggraben“. Hier sind fünf Aktien mit extrabreiten Gräben.
„Investiere nur in Firmen, die auch ein Dummkopf führen könnte, denn früher oder später wird es dazu kommen“, lautet einer der bekannt launigen Sprüche der Investmentlegende Warren Buffett. Präziser formuliert: „Ein Unternehmen muss über einen Burggraben verfügen, einen Wettbewerbsvorteil, der es ihm ermöglicht, seine Preissetzungsmacht und überdurchschnittliche Gewinnspannen aufrechtzuerhalten“, so Buffett.
Wir haben Warren Buffetts Methode für unsere Suche angepasst. Unser Kennziffern-Raster entspricht in den Punkten Unternehmensgröße, Bilanzstärke, Schwankungsbreite und Dividendenrendite dem Compounder-Ansatz. Von den „Burggraben“-Aktien verlangen wir etwas weniger Wachstum, dafür eine operative Marge von im Schnitt über zwölf Prozent. Die jährliche Gesamtrendite sollte im zweistelligen Bereich liegen.
Aktie 1: ADP
Das Business, das der Geschäftsmann Henry Taub 1949 in New Jersey gründete, ist wohl das Gegenteil von Entertainment: Automatic Data Processing (ADP) übernahm anfangs die Lohn- und Gehaltsabrechnungen kleiner Firmen aus seiner Nachbarschaft. Aus dem Kerngeschäft entwickelte die Firma aus Roseland, New Jersey, weitere Dienste wie Steuerabrechnungen. Heute betreut ADP über eine Million Kunden mit rund 39 Millionen Beschäftigten in 140 Ländern und ist einer der weltgrößten Dienst leister von Personalabteilungen. Inzwischen nimmt ADP den Human-Resources-(HR-)Sparten Aufgaben wie die Anwesenheitskontrolle, das Prämienmanagement oder die Rentenverwaltung ab und hilft bei der Rekrutierung.
Viele Leistungen sind digitalisiert. ADP bietet Cloud-basierte HR-Softwarelösungen an und setzt stark auf KI, was die Gewinnmargen hoch hält. Beinahe 90 Prozent des Umsatzvolumens von zuletzt rund 20 Milliarden Dollar stammen aus dem Heimatmarkt USA. Gar nicht dröge sind die Kennzahlen des Konzerns, sie bereiten nicht nur ausgewiesenen „Number Crunchern“ Freude: In den vergangenen drei Jahren wuchs ADP um gut acht Prozent pro Jahr. Wegen der gegenwärtig schwachen US-Arbeitsmarktkonjunktur rechnen Analysten für das laufende Jahr zwar mit geringem Wachstum. In den nächsten drei Jahren erwarten Analysten aber dann jährliche Zuwächse von im Schnitt fünf Prozent. Die operative Gewinnmarge lag im Schnitt von drei Jahren mit über 20 Prozent ausgesprochen hoch. Die Aktie lieferte in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt über 16 Prozent Gesamtrendite.
Aktie 2: COCA-COLA
Ohne seine geliebte Cherry Coke absolvierte Warren Buffett höchst selten eine der legendären Hauptversammlungen seiner Berkshire Hathaway. Tatsächlich ist Coca-Cola eine der ältesten und noch größten Beteiligungen der Holding: Laut jüngstem 13F-Bericht an die US-Börsenaufsicht SEC hielt das Unternehmen Ende Juni 9,1 Prozent am US-Getränkeriesen. Insgesamt sind die 400 Millionen Aktien rund 25,5 Milliarden Dollar wert. Das Engagement der Investorenlegende ist eine hervorragende Referenz für die Aktie. Doch wie alle Investments von Buffett muss sich der Konzern aus Atlanta seine Sporen stets neu verdienen. Das beste Argument hierfür sind regelmäßig gute Umsätze und Gewinne.
Coca-Cola liefert sie so zuverlässig wie Millionen Getränkeautomaten weltweit die bauchigen Flaschen mit der braunen Limonade: Über elf Prozent lag das Umsatzplus im Schnitt in den vergangenen drei Jahren, die operative Gewinnmarge übertraf im Mittel des gleichen Zeitraums die Marke von 25 Prozent.
Das gelingt nur, wenn ein Unternehmen tatsächlich einen „Moat“ hat. Im Fall von Coca-Cola ist es die weltweite Bekanntheit der über 130 Jahre alten Erfrischungslegende. Der Konzern stellt für seine rund 3800 Produkte, darunter weitere bekannte Softdrinks wie Sprite, Fanta, Mezzo mix oder Fuze Tea, in der Regel Konzentrate her und lässt sie meist durch nationale Lizenzabfüllbetriebe produzieren. Global arbeiten über 200 Bottler mit 950 Abfüllbetrieben und beliefern das Vertriebsnetz. Der größte US-Abfüller, Coca-Cola Consolidated, an dem der Konzern gut 24 Prozent der Anteile hält, vertreibt auch Produkte von Wettbewerbern wie Monster Beverages. Die schlanke Struktur birgt große Kostenvorteile, die Skaleneffekte sind durch die riesigen Mengen immens — rund drei Prozent aller weltweit konsumierten Getränke liefert Coca-Cola. Die Gewinnmaschine steigert seit über 60 Jahren ihre Dividende. Die Aktie brachte in zehn Jahren im Schnitt eine Gesamtrendite von über neun Prozent.
Aktie 3: ESSILORLUXOTTICA
Das zieht Blicke auf sich: Der US-Tech-Konzern Meta produziert mit dem Label Ray-Ban Datenbrillen. Die Marke gehört zum Reich von EssilorLuxottica. Der weltgrößte Brillenhersteller ging im Jahr 2018 aus der Fusion des französischen Glasspezialisten Essilor mit Italiens Brillenkonglomerat Luxottica hervor. Ray-Ban steht dabei für das Topsegment des Markts, die Smart-Brille, mit der Nutzer im Web surfen oder Videos aufnehmen können, spricht vor allem jüngere Kunden an.
Die Fusion der designorientierten Italiener mit dem Traditionskonzern Essilor, dessen Wurzeln bis 1849 zurückreichen, war weitsichtig: Stärke bei jungen Kundengruppen verbindet sich mit hoher Kompetenz bei Qualitätsoptik. Gleitsicht- und Computerbrillen zählen zu den hochmargigen Produkten, die in großer Stückzahl hergestellt und auch an Wettbewerber geliefert werden.
Die Europäer haben dabei mit rund 18 000 Filialen das weltweit größte Vertriebsnetz der Branche. In den USA und Europa werden in etwa zu gleichen Teilen 90 Prozent des Umsatzes erzielt. In den vergangenen drei Jahren wuchs das Geschäft auch übernahmebedingt im Schnitt um über 20 Prozent pro Jahr, die Margen erreichten im Mittel 12,4 Prozent. Für die kommenden drei Jahre wird ein Wachstum von rund sechs Prozent erwartet. Die Aktie brachte in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt knapp zwölf Prozent Gesamtrendite.
Aktie 4: FASTENAL
Auch dieses US-Unternehmen ist hierzulande noch recht unbekannt. Zu seinen Kunden hat Fastenal aber beste Verbindungen: Der Zulieferer ist der größte US-Hersteller und Händler von Verbindungsmitteln und Standardteilen an Industrie und Bauwirtschaft. In weltweit über 3300 Verkaufsstellen bieten die Amerikaner Schraub- und Verbindungselemente, Kleber, Schmiermittel oder Werkzeuge. Der Vertrieb ist zumeist direkt in den Werkshallen der Kunden präsent: Fastenal hat weltweit über 100 000 eigene Verkaufsautomaten in Betrieben installiert, zumal in den USA, wo rund 85 Prozent des Umsatzes erzielt werden. An den Automaten besorgen sich Mitarbeiter die von ihnen benötigten Teile. Überdies stellt das Unternehmen für Kunden maßgeschneiderte Teilepakete zusammen, was die Lager- und Logistikkosten der Unternehmen weiter senkt.
Das Konzept hat hohe Eintrittsbarrieren und sorgt bei Investoren seit Jahren für klingelnde Kassen. Die operative Marge lag in den vergangenen drei Jahren im Schnitt bei mehr als 20 Prozent, das Wachstum bei über neun Prozent. Für die nächsten drei Jahre rechnen Analysten mit je rund acht Prozent Umsatzplus. Seit 25 Jahren steigert Fastenal die Dividende und ist ein Aristokrat an der Wall Street. Im Schnitt von zehn Jahren lag die Gesamtrendite bei 15 Prozent. Anleger verfünffachten ihren Einsatz.
Aktie 5: PROCTER & GAMBLE
Von Ariel über Braun, Blendamed, Gillette bis Pantene Pro-V-der US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble (P&G) führt ein riesiges Sortiment an Weltmarken aus den Segmenten Haushaltswaren sowie Körperpflege. Die Ursprünge liegen lange zurück: 1837 gründeten Kerzenhersteller William Procter und Seifenproduzent James Gamble ihre Firma. Sehr früh setzte das Duo auf Werbung, die Verbraucher direkt anspricht. Mit dieser Strategie baute P&G ein Markenimperium auf und kaufte ständig zu. Heute erzielt P& Geinen jährlichen Umsatz von rund 82 Milliarden Dollar, davon wird jeweils in etwa die Hälfte innerhalb und außerhalb der USA erwirtschaftet. Die beständigen Investitionen in die Markenqualität zahlen sich aus: Bekannte Brands werden bevorzugt von besonders kaufkräftigen Verbrauchern gekauft, und das auch in schlechteren Zeiten. Das stützt die Gewinnmargen. Die höhere Inflation nutzte P&G, um höhere Preise durchzusetzen. Sinkende Rohstoffkosten ließen die Spannen zuletzt weiter anziehen. Die operative Profitabilität über stieg so in den vergangenen drei Jahren im Schnitt die 22-Prozent-Marke. Das Umsatzwachstum lag bei über drei Prozent. Analysten rechnen für die nächsten drei Jahre jeweils mit etwa vier Prozent Zuwachs. Der Konzern erhöht seine Dividende seit 68 Jahren. Die Gesamtrendite lag auch deshalb in zehn Jahren im Schnitt bei fast elf Prozent.
Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der Print-Ausgabe 11 von €uro. Diese finden Sie hier
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