Tracy Britt Cool hat zehn Jahre lang für Warren Buffett gearbeitet. Jetzt will sie genau die Art von Unternehmen kaufen, die den berühmten Investor vor 30 oder 40 Jahren interessiert hätten.

Dabei handelt es sich um Unternehmen, die meist von ihren Gründern geleitet werden oder familiengeführt sind und eine stabile Performance sowie wettbewerbsfähige "Moats" aufweisen - ein Lieblingsbegriff von Buffett, der übersetzt "Burggräben" bedeutet und sich auf die Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens bezieht. Heute sind diese Unternehmen jedoch nicht groß genug, um die Aufmerksamkeit von Berkshire Hathaway zu erregen.

"Berkshire muss milliardenschwere Übernahmen tätigen, um erfolgreich zu sein", sagt Cool. "Viele der Unternehmen, die gerne an Berkshire verkaufen würden, sind einfach zu klein."

Cool gründete 2020 mit einem ehemaligen Kollegen die Investmentfirma Kanbrick, die sich auf solche Unternehmen konzentriert. Bislang hat sie Thirty-One Gifts übernommen, ein Unternehmen aus Columbus, Ohio, das Taschen, Rucksäcke und andere Artikel über unabhängige Händler vertreibt. Kanbrick plant außerdem Investitionen in Verbrauchermarken und in ein Unternehmen für Haushaltsservice.

Die richtigen Unternehmen zu finden, braucht Zeit. Bevor sie eine Firma kaufen, setzen sich Cool und ihr Team meist mit den Gründern zusammen. Sie wollen nicht nur die Grundsätze des Unternehmens kennenlernen, sondern auch die Menschen, die dort arbeiten, und die Geschäftsstrategie. Ziel ist es, herauszufinden: "Was könnte hier die Herausforderung sein und was die Chance?"

Um Gründer kennenzulernen, leitet Kanbrick auch ein dreimonatiges Programm für mittelständische Unternehmen, das Coaching und sonstige Unterstützung anbietet. Bisher haben Cool und ihre Kollegen mit 15 Unternehmen zusammengearbeitet, darunter eine große Farm in Arizona, die Melonen an große Einzelhändler verkauft.

Die 37-jährige Cool wuchs auf einer familiengeführten Farm in Kansas auf, die Produkte in den Mittleren Westen lieferte. Sie studierte an der Harvard Business School und kam 2009 im Alter von 25 Jahren zu Berkshire, wo sie zunächst als Buffetts Finanzassistentin arbeitete.

Später wurde sie CEO des zu Berkshire gehörenden Kochgeschirrherstellers Pampered Chef und kümmerte sich innerhalb von Berkshire um angeschlagene Unternehmen. Sie war Vorsitzende von Berkshire-Unternehmen wie Benjamin Moore und Johns Manville und saß unter anderem im Vorstand von Kraft Heinz.

2019 bezeichnete Buffett Cool in einem Interview als "Feuerwehrfrau", da sie Unternehmen wiederbeleben könne und jede Herausforderung annehme.

Das Wall Street Journal hat Cool kürzlich in ihrem Büro in Nashville, Tennessee, interviewt. Hier einige Auszüge aus dem Gespräch:

WSJ: Wie haben Sie festgestellt, dass es einen Bedarf für dieses Geschäftsmodell gibt?


Cool: Im Laufe der Jahre habe ich mit vielen Gründern und Firmeninhabern gesprochen, von denen einige ihre Unternehmen an Berkshire verkaufen wollten. Andere habe ich über Organisationen kennengelernt. Ich habe festgestellt, dass sich die meisten mittelständischen Unternehmen die gleichen Fragen stellen: Wie stellt man die richtigen Mitarbeiter ein? Wie fördert man sie? Wie motiviert man sie? Wie hilft man ihnen zu wachsen? Und wie entwickelt man eine Unternehmensstrategie? Wir haben also ein Geschäftsmodell entwickelt, um diese Fragen zu klären, und dadurch konnten wir für die Unternehmen einen echten Mehrwert schaffen.

Viele Familien und Gründer wollen nicht an traditionelle Private-Equity-Firmen verkaufen. Sie wollen nicht dabei zusehen, wie ihr Unternehmen gekauft und verkauft oder aufgespalten wird oder wie ihre Mitarbeiter entlassen werden. Wir bieten ihnen ein längerfristiges Zuhause und helfen ihnen, ihr Unternehmen richtig aufzubauen.

WSJ: Auf welche Art von Unternehmen konzentrieren Sie sich?


Cool: Wir wollen Unternehmen, die Bestand haben, erfolgreich und leistungsstark sind und über einen Wettbewerbsvorteil verfügen, der ihnen eine überdurchschnittliche Kapitalrendite ermöglicht. Kleinere Unternehmen mit einem [Gewinn vor Zinsen und Steuern] von 10 bis 50 Millionen Dollar sind für uns ideal. Sie sind über die anfängliche Wachstumsphase hinaus, aber noch nicht sehr große Unternehmen.

In der Regel handelt es sich um Familienbetriebe und gründergeführte Unternehmen. Wir führen viele Gespräche mit Familien und Gründern, die sich einen Partner wünschen. Sie wollen sich längerfristig binden, glauben aber nicht, dass ein strategischer Investor oder eine Private-Equity-Firma das Richtige für sie ist.

WSJ: Wie unterscheidet sich Ihr Ansatz von Private Equity?


Cool: Zum einen unterscheiden wir uns darin, wie lange wir Unternehmen halten. Die meisten Private-Equity-Firmen besitzen Unternehmen für drei oder vier Jahre. Wenn man ein Unternehmen drei oder vier Jahre besitzt, denkt man in dem Moment, in dem man es kauft, schon an den Verkauf, und jede Entscheidung, die man trifft, ist darauf ausgerichtet: Wie kann ich dieses Unternehmen verkaufen? Viele Investitionen in Unternehmen zahlen sich nicht in drei oder vier Jahren aus. Ich glaube also, dass es sehr wertvoll ist, einen längerfristigen Ausblick zu haben.

Die meisten Leute in der Private-Equity-Branche kommen aus dem Finanzwesen. Sowohl mein Partner als auch ich haben als Investoren angefangen, hielten es aber für sehr wichtig, betriebliche Erfahrungen zu sammeln.

Ich wurde CEO von Pampered Chef, er wurde CFO, eigentlich mit dem Ziel: Wie können wir besser werden in dem, was wir tun? Und ich glaube, dass uns die Erfahrung im operativen Geschäft hilft, bessere Entscheidungen zu treffen und zu verstehen, was in einem Unternehmen möglich ist und was gebraucht wird. Wir können uns in die Lage eines Gründers oder Inhabers oder CEO hineinversetzen, weil wir in ihren Schuhen gesteckt haben und wissen, dass Unternehmen nicht mit Tabellenkalkulationen und PowerPoints geführt werden.

WSJ: Wie suchen Sie also Ihre Unternehmen aus - und welche Branchen meiden Sie?


Cool: Es gibt einige Bereiche, in denen wir nicht tätig sind. Zum Beispiel im Immobilienbereich oder im Finanzwesen. Auch nicht in der Biotechnologie. Es gibt einfach Bereiche, in denen wir nicht das Fachwissen und den Sachverstand haben. Dort können wir nicht besser sein als jemand anderes. Dann gibt es andere Bereiche, in denen man viel mehr Erfahrung hat und sich dafür interessiert. Das sind für uns große Branchen wie Konsumgüter, Industrie und Unternehmensdienstleistungen. Doch innerhalb dieser Branchen gibt es Hunderte von Teilbereichen.

Also sehen wir uns eine Menge verschiedener Unternehmen an und überlegen: Glauben wir, dass das ein wirklich gutes Geschäft ist? Glauben wir, dass es 10, 15, 20 Jahre Bestand haben wird und nicht von jemand anderem oder vom technologischen Fortschritt verdrängt wird? Und drittens: Ist es ein Bereich, in dem wir wertvolle Erfahrungen oder Erkenntnisse einbringen können?

WSJ: Sie konzentrieren sich auf mittelständische Unternehmen. Inwiefern unterscheiden sich die Herausforderungen, mit denen diese Unternehmen konfrontiert sind, von denen, die größere Unternehmen bewältigen müssen?


Cool: Die Mitarbeiter und die Unternehmenskultur sind meiner Meinung nach immer die größten Herausforderungen für jedes Unternehmen.

Wie kann ich wirklich gute Fachkräfte für mein Unternehmen gewinnen? Vielleicht ist mein Firmensitz in einem ländlichen Teil von Minnesota oder Missouri. Wie kann ich den Leuten vermitteln, dass sie in meinem Unternehmen arbeiten wollen, wenn sie noch nie davon gehört haben? Jeder hat schon von P&G oder Coca-Cola gehört. Die meisten mittelständischen Unternehmen kennt niemand. Und wenn ich sie dann eingestellt habe, wie fördere ich meine Mitarbeiter? Es ist ja nicht so, dass ich hunderttausend Arbeitsplätze habe, ich habe vielleicht ein paar hundert Stellen. Also muss ich die richtigen Leute finden, ihnen aber auch einen Karriereweg eröffnen.

WSJ: Was ist langfristig für Kanbrick geplant? Wollen Sie an die Börse gehen?


Cool: Wir haben kein bestimmtes Ziel, das wir über einen Börsengang oder etwas anderes erreichen wollen. Es geht wirklich darum: Wie bauen wir Kanbrick richtig auf? Und wie schaffen wir einen Mehrwert für die Unternehmen, unser Team und unsere Investoren? Und wie können wir alle dabei unterstützen?

WSJ: Wie haben Sie Kanbrick finanziert?


Cool: Neben unserem Eigenkapital haben wir eine ausgewählte Gruppe von Investoren, Stiftungen und Familienbetrieben als Partner.

WSJ: Es scheint, als gäbe es viele Gemeinsamkeiten zwischen Kanbrick und Berkshire, wie die langfristige Ausrichtung und der Fokus auf Wettbewerbsvorteile. Letztes Jahr haben Sie sogar einen Jahresbrief an die Aktionäre geschrieben, so wie Buffett. Was ist der Unterschied?


Cool: Berkshire ist sehr erfolgreich, daher ist es meiner Meinung nach gut, damit verglichen zu werden. Ich würde sagen, wir unterscheiden uns in zwei Punkten. Der Hauptunterschied ist die Größe. Wir können uns auf viel kleinere Unternehmen konzentrieren, die für Berkshire einfach zu klein sind. Darin sehe ich die größte Chance, und das ist auch der Grund, warum ich gegangen bin und Kanbrick gegründet habe. Der zweite Unterschied besteht darin, dass wir uns stärker einbringen. Berkshire ist dafür bekannt, dass es sich sehr zurückhält.

WSJ: Hat Buffett Ihnen einen Rat gegeben, der sich beim Aufbau des Unternehmens bewährt hat?


Cool: Ich kann es schwer auf eine Sache beschränken, weil ich in meiner Zeit bei Berkshire und aus der engen Zusammenarbeit mit Warren über zehn Jahre hinweg so viel gelernt habe. Ich denke, es geht einfach um die Langfristigkeit, die Suche nach erstklassigen Unternehmen und die Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern. Wenn man diese drei Dinge richtig umsetzt, kann man etwas wirklich Großartiges aufbauen.