Die Jahresendrally, wie man sie hierzulande nennt, sie läuft. DAX, MDAX, TecDAX, alles im Plus. In den USA da läuft sie auch, wenn auch unter der etwas poetischeren Bezeichnung "Santa Claus Rally". Beschert wird - und das ist eigentlich schon Tradition - bereits im November und Dezember, egal ob an den US- oder an den europäischen Börsen. Im Besonderen gilt das auch für dieses Jahr, denn Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank EZB, dürfte am Donnerstag weitere geldpolitische Geschenke verteilen - zumindest ist das die große Erwartung der Börsianer vor der Sitzung der europäischen Notenbanker. Die Aktienmärkte haben das ja schon vorweggenommen. Es läuft, egal ob unter poetischer oder prosaischer Bezeichnung.
Sollte Draghi tatsächlich die ohnehin expansive Geldpolitik weiter ausdehnen, dann sollte das wohl den Börsen weltweit zugute kommen. Von der versprochenen neuen Liquidität wird dann sicher auch etwas über die anderen Kontinente schwappen. Dass etwas im Kommen ist, das hat Draghi ja schon in den vergangenen Wochen immer wieder und recht explizit angekündigt. Jetzt muss er liefern.
Schafft er es, die Erwartungen zufriedenzustellen, dann sollte auch der nächste anstehende wichtige Termin etwas weniger furchteinflößend sein, als er in den zurückliegenden Monaten immer wieder erschien. Am 13. und 14. Dezember tagen nämlich die Mitglieder der amerikanischen Notenbank Fed, etwas sperrig Offenmarktausschuss genannt, und beschließen - vielleicht - die erste Zinserhöhung seit 2006. So lange ist das schon her.
Es ist indes nicht nur das Hoffen auf die europäische Geldpolitik, die den Börsen Auftrieb verschafft, es sind schlicht auch die besseren Konjunkturdaten. So sind die europäischen Einkaufsmanagerindizes - durchaus zuverlässige vorauseilende Indikatoren für die künftige Wirtschaftsentwicklung - zuletzt klar gestiegen und notieren so hoch wie seit 2010 nicht mehr.
Das ist so gut, dass damit die doch eher negativen Nachrichten aus dem asiatischen Raum überkompensiert werden: Etwa der Smogalarm in Peking, verbunden mit der temporären Schließung zahlreicher Fabriken. Oder die erneuten Razzien bei etlichen Brokerhäusern, denen Manipulationen am Shanghaier Aktienmarkt vorgeworfen werden. Und zu allem Übel auch noch die wieder sinkenden Preise am chinesischen Immobilienmarkt.
Aber das geht eben alles gerade unter in der Euphorie um weiterhin viel billiges Geld - egal welche Notenbank dieses nun bereitstellen mag. Letztlich mag das erfahrenen Börsianern aber auch eine Warnung sein. Denn ob es nun wirklich so einfach weiterläuft an der Börse wie dies zu Jahresbeginn 2015 der Fall war, als die EZB das erste Mal so richtig den Geldhahn aufgedreht hat? Besser wachsam bleiben.
Der DAX jedenfalls hat nun etliche Hürden vor sich. Zwischen 11 600 und 11 900 Punkten ist er im Sommer, als die Börsen weltweit korrigierten, gleich viermal gescheitert, bevor es zum großen Sell-off im August kam. Dieser Bereich knapp unter der 12 000er-Marke ist eine recht ordentliche Hürde und man sollte auf Rücksetzer gefasst sein. Die jedoch kann man zum Nachkaufen nutzen. Denn summiert man die aktuellen Einflussfaktoren auf die Börse auf, kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass die Jahresendrally - oder poetischer Santa Claus Rally - weiterläuft.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com