Die Branche hat sich darauf eingestellt. "Luxusfirmen reagieren auf der Produktebene mit mehr Neuheiten im ‚Entry -Level‘, also in der Preisklasse des bezahlbaren Luxus, und mit einem dynamischen Ausbau ihres Onlinehandels", erklärt Andrea Gerst, Fondsmanagerin beim Schweizer Vermögensverwalter GAM. Und weiter: "Am stärksten ausgeprägt ist der Einfluss der Millennials bei den drei Produktgruppen Kosmetik, Lederwaren und Bekleidung. Hier müssen Unternehmen im Marketing stärker auf den individuellen Kundengeschmack eingehen, vor allem über die sozialen Medien."
Beispiel Gucci. Dank neuer Produkte ist der Anteil der Millennials unter den Gucci-Kunden seit 2015 um 40 Prozent auf insgesamt mehr als 50 Prozent gestiegen. Für den Mutterkonzern Kering zahlen sich die Investitionen aus. Für 2016 bis 2018 erwarten die Konsensschätzungen ein jährliches Umsatzplus von 15 Prozent. Im selben Zeitraum soll der operative Gewinn um 60 Prozent nach oben schnellen. Bei den Börsianern ist die Botschaft angekommen. Allein in den vergangenen zwölf Monaten legte der Aktienkurs der Franzosen um 80 Prozent zu.
Wie bei Kering hat auch das Geschäft der meisten Luxuskonzerne seit Mitte 2016 wieder angezogen (s. Grafik Seite 3). Für 2017 erwartet die Bain-Studie globale Wachstumsraten von fünf Prozent. Getrieben wird der neue Run gleichermaßen von lokalen Verbrauchern und von Touristen. Vor allem in China, aber auch in Europa hat die Bevölkerung die Kauflust für Luxus entdeckt.
Hoch bewertet
Die Kehrseite: Der Sektor steht nun am oberen Bereich des langjährigen Bewertungsdurchschnitts. "Den Unternehmen wird es am ehesten noch im ersten Halbjahr 2018 gelingen, die bisherigen Gewinnerwartungen zu übertreffen", meint Analyst Michael Klien von der UBS. Sein Fazit: "Die gestiegene Bewertung lässt sehr wenig Raum dafür, die Gewinnprognosen zu enttäuschen. Am niedrigsten sind die Markterwartungen noch bei Firmen, die sich in einer Phase der Restrukturierung befinden."
Zu diesen Nachzüglern zählen vor allem Unternehmen, die mit nur einer Marke oder wenigen Marken präsent sind und es lange Zeit versäumt hatten, ihre Absatzkanäle im Internet auszubauen - so wie die Italiener Tod’s, Salvatore Ferragamo und Prada. Andere Konzerne setzen dagegen konsequent auf E-Commerce. Die vergangene Woche bekannt gegebene Akquisition des italienischen Onlinehändlers Yoox Net-A-Porter durch den Schweizer Multimarkenkonzern Richemont ist ein Musterbeispiel dafür, wie Branchengrößen ihr organisches Wachstum ins Internet ausdehnen. Langfristig ausschlaggebend, so Branchenexpertin Gerst, sei es, die verschiedenen Absatzkanäle zu integrieren. Zugleich habe sich durch die wachsende Bedeutung der Millennials die Polarisierung der Marken beschleunigt und damit auch ihr Erfolg.
Anleger sollten sich durch die optisch hohe Bewertung nicht schrecken lassen, solange die Firmen dauerhaft ein über dem Branchenschnitt liegendes Wachstum liefern. Anders als auf herkömmliche Konsumartikel ausgerichtete Unternehmen weisen die meisten Luxuskonzerne häufig nur eine geringe oder gar keine Verschuldung aus.
Auf der Fondsseite bieten die drei von uns empfohlenen Produkte (siehe Tabelle Seite 19) eine nachhaltige Rendite mit breiter Risikostreuung. Unter den Aktien hat LVMH, der vom Börsenwert her größte Luxuskonzern, von der Bewertung größeren Spielraum nach oben als Kering - und dank des breiten Produktportfolios ein ausgewogenes Wachstum. Richemont hat zuletzt Umsatz und Margen deutlich gesteigert. Insbesondere im Uhren- und Schmuckgeschäft kommt der China-Faktor wieder zum Tragen. Dieses Aufholpotenzial ist noch nicht komplett in der Aktienbewertung enthalten.
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Zurück im Geschäft
Hugo Boss und Burberry haben sich nach einer Wachstumsdelle neu ausgerichtet. Hugo Boss hat dank eines starken Schlussquartals seine Ergebnisziele für 2017 erreicht. Das Kerngeschäft mit Anzügen läuft wieder, und in den nächsten Jahren will der schwäbische Edelschneider verstärkt mit hochpreisiger Freizeit- und Sportbekleidung angreifen. Burberry wiederum befindet sich noch im Umbau. Die Aktie ist deutlich spekulativer als die von Boss, hat aber den größeren Hebel nach oben, wenn die Kostensenkungen und der Ausbau des Lederwarengeschäfts die zuletzt niedrigen Margen in Schwung bringen können. Bis dahin noch abwarten.
Wieder im Kommen ist auch Michael Kors. Wenn das US-Unternehmen am 7. Februar sein Zahlenwerk präsentiert, sollte sich der Quartalsgewinn zum elften Mal in Folge verbessert haben. Mit Kleidung, Handtaschen und Uhren im unteren bis mittleren Preissegment ist Michael Kors verstärktem Preisdruck ausgesetzt. Der Zukauf der hippen Millennial-Marke Jimmy Choo, das Onlinegeschäft und die Expansion nach China sollten diesen Unsicherheitsfaktor jedoch mehr als kompensieren.