In diesem Jahr wurden damit bereits Pläne im Volumen von gut 205 Milliarden Dollar rückgängig gemacht. 2016 waren es zum gleichen Zeitpunkt knapp 54 Milliarden Dollar. Interessant dabei ist, dass die Zahl der gescheiterten Deals deutlich zurückgegangen ist, nämlich auf 87 von 111. Es sind also vor allem sehr große Übernahmevorstöße, die am Ende doch nicht über die Bühne gehen.
Bankern zufolge wird sich der Trend wohl fortsetzen. Denn in vielen Unternehmen liegen noch ambitionierte Projekte in den Schubladen, nicht nur wegen der niedrigen Zinsen, die solche Deals finanzierbar machen. "Es gab am Finanzmarkt oder durch Investoren zuletzt keine Bestrafung, wenn ein Deal doch nicht durchgeht", sagt Severin Brizay, der bei der Großbank UBS für das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen (M&A) in Europa zuständig ist. Der M&A-Markt werde gerade dadurch angeschoben, dass die Aktionäre bereits Versuche honorierten und unterstützten.
Den größten geplatzten Deal gab es mit 160 Milliarden Dollar in der Pharmabranche. Dort versuchte vergangenes Jahr der US-Konzern Pfizer den Rivalen Allergan zu schlucken. Auch wenn dieses Geschäft nicht zustande kam, so sind die Amerikaner doch weiter auf Einkaufstour, haben unter anderem wenige Monate später für 14 Milliarden Dollar den US-Krebsspezialisten Medivation übernommen. Insgesamt summierten sich die gescheiterten Übernahmen 2016 auf 808 Milliarden Dollar. Damit wurde der Wert von 2015 um die Hälfte übertroffen. Es war zudem das höchste Niveau seit acht Jahren.
WAS KOMMT NUN AUF DEN EINKAUFSZETTEL?
Im Übernahmefieber waren zuletzt vor allem die Pharma- und die Chipindustrie. Mit Kraft Heinz und Unilever verschiebt sich der Fokus jetzt Richtung Lebensmittel- und Konsumgüterbranche. Viele Experten verweisen auf die bisherige Strategie des Ketchup-Riesen, hinter dem der Milliardär Warren Buffett und der Finanzinvestor 3G Capital stehen.
Sie waren bislang die treibende Kraft, immer neue Firmen zu kaufen und dort dann die Kosten massiv zu senken, um die Margen zu verbessern. So ist Kraft Heinz zum weltweit fünftgrößten Lebensmittel- und Getränke-Hersteller avanciert. Zusammen mit Unilever wären die Amerikaner relativ dicht an den Schweizer Weltmarktführer Nestle herangekommen. Marken wie Philadelphia-Frischkäse, Weight Watchers, Knorr, Lipton und Dove wären dann unter einem Dach gewesen.
Kraft Heinz wollte sich zuletzt nicht dazu äußern, welche Firma als nächstes auf den Einkaufszettel kommt. Experten gehen aber davon aus, dass es weitere Vorstöße geben wird. "Vielleicht wird Kraft jetzt einen mittelgroßen US-Lebensmittelhersteller akquirieren - zum Beispiel General Mills, Kellogg oder Mondelez International", heißt in einer Studie des Analysehauses Sanford C. Bernstein. Allerdings gebe es mittlerweile weniger attraktive Ziele. Andere Experten rechnen damit, dass sich Unilever womöglich mit eigenen Übernahmen davor schützen könnte, selbst geschluckt zu werden.
rtr