Der Softwarekonzern SAP startet am Mittwoch nach Ostern die Saison der Zwischenberichte im DAX. Nachdem die bisherigen Prognosen noch von einem aggregierten Gewinnwachstum je Aktie von rund acht Prozent in diesem Jahr beim Leitindex ausgegangen sind, rechnen Experten damit, dass dieser Wert nach unten angepasst werden muss.

"Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Graubereich zwischen einer markanten Wachstumsabschwächung und einer Rezession", erläutert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer gegenüber boerse-online.de die Lage. In diesem Umfeld habe es bereits die ersten Gewinnwarnungen gegeben. "Die DAX-Unternehmen dürften für das erste Quartal enttäuschende Ergebnisse melden", erwartet Krämer. Die Analysten seien zu optimistisch, wenn sie für das gesamte Jahr 2019 ein Gewinnplus von acht Prozent erwarteten. "Eine schwarze Null ist wahrscheinlicher." Sie müssten ihre Gewinnschätzungen weiter deutlich senken.

DAX dürfte robust reagieren


Trotzdem dürfte der DAX die enttäuschende Gewinnsaison recht gut verkraften, glaubt Krämer. "Denn es mehren sich die Zeichen, dass sich die chinesische Wirtschaft in den kommenden Monaten stabilisiert. Deshalb stellen viele deutsche Unternehmen für das zweite Halbjahr bessere Geschäfte in Aussicht." Gestützt werde der DAX außerdem von der Europäischen Zentralbank, die immer mehr den Eindruck erwecke, noch viele Jahre an ihrer Nullzinspolitik festhalten zu wollen.

Postbank-Chefstratege Heinz-Gerd Sonnenschein weist darauf hin, dass zwar im ersten Quartal bereits eine kräftige Gegenbewegung zu den Gewinneinbrüchen im vierten Quartal 2018 eingesetzt habe, als die aggregierten DAX-Gewinne zum Vorquartal um mehr als 50 Prozent einbrachen. Dennoch werde der starke Wert des ersten Viertels 2018 nicht erreicht werden. Somit werde es im ersten Quartal 2019 unter dem Strich zu einem Gewinnrückgang kommen.

"Viele Investoren dürften deshalb die Gewinndynamik in den einzelnen Unternehmen genau verfolgen und Investmententscheidungen damit verknüpfen, wie positiv die von den jeweiligen Unternehmen präsentierten Zahlen und Ausblicke ankommen." Investoren, so Sonnenschein, sollten sich deshalb "ganz wie Aschenputtel aus dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm verhalten: die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen." Bei Enttäuschungen seien auch deutliche Gewinnmitnahmen bei einzelnen Aktien zu erwarten.

Carsten Mumm, Donner & Reuschel-Chefvolkswirt, empfiehlt ebenfalls, den Fokus vor allem auf die Ausblicke der Unternehmen zu legen. Da nach wie vor erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf Brexit oder globale Handelskonflikte bestünden, dürften positive Impulse zunächst eher rar gesät sein.