Nach einem schwachen Vorjahr ist Gold in diesem Jahr bisher gut aus den Startlöchern gekommen. Trotzdem hat das erste Verlustjahr seit dem Jahr 2000 viele Marktteilnehmer verunsichert. Über die weiteren Aussichten des Goldpreises wird jedenfalls nach wie vor viel diskutiert.

Als einer der Haupteinflussfaktoren gilt dabei China. Weil dort die Nachfrage groß ist, setzen vor allem die Gold-Optimisten auf das Reich der Mitte. Eine der vielen ungelösten Fragen stellt in diesem Zusammenhang die Rolle der People’s Bank of China (PBOC) dar. Wie so oft, wenn es um offizielle Zahlen geht, werden Gerüchte dann geschürt, wenn es Zweifel daran gibt oder diese nicht auf dem aktuellen Stand sind. Im Falle der chinesischen Zentralbank wurden deren Goldbestände letztmals 2009 veröffentlicht. Seitdem soll der Goldschatz der chinesischen Zentralbank bei 1.054,1 Tonnen verharren (siehe Grafik und Tabelle). Nur dreimal in den vergangenen 20 Jahren hat die PBOC vermeldet, dass sich ihre Goldbestände verändert hätten (siehe Grafik, rote Markierungen).

Vor diesem Hintergrund fragen sich die NordLB-Analysten Frederik Kunze und Norman Rudschuck, wann sich die Chinesen das nächste Mal wieder in die Karten schauen lassen. Denn wenn diese Daten einen stark erhöhten Goldschatz zeigen würden, dann wäre das ein Paukenschlag, der alle Gerüchte bestätigen würde.

Auf Seite 2: Goldanteil gemessen an den chinesischen Devisenreserven noch sehr gering

Goldanteil gemessen an den chinesischen Devisenreserven noch sehr gering

Den letzten verfügbaren Daten zufolge beläuft sich der Bestand an Gold auf 1.054,1 Tonnen (siehe Tabelle oben). Damit zählt China schon zu den Top fünf. Gemessen an den Währungsreserven gibt es aber im internationalen Vergleich noch Nachholbedarf. Der Anteil von 1,1 Prozent ist sehr niedrig. Zum Vergleich: Deutschland kommt auf eine Quote von 68,7 Prozent, auch absolut gesehen sind die deutschen Goldbestände mit 3.387 Tonnen deutlich höher und die USA besitzen sogar fast 8.134 Tonnen (siehe Tabelle unten). Die US-Quote beträgt 71,7 Prozent.

Nach Einschätzung von Kunze und Rudschuck dürften insbesondere Chinas Währungshüter an zusätzlicher Diversifizierung interessiert sein. Dafür spricht auch die noch hohe Abhängigkeit vom US-Dollar. Durch den Preisverfall des Vorjahres ist die Quote mit den erwähnten 1,1 Prozent an den Währungsreserven sogar unter dem Niveau von 1,7 Prozent gerutscht, das von 2009 bis 2012 Gültigkeit hatte. Allein um das vorherige Niveau halten zu können, hätte die chinesische Zentralbank 2013 mehr als 600 Tonnen Gold ankaufen müssen, rechnen die NordLB-Analysten vor.

Wegen fehlender aktueller Daten wird am Markt viel darüber spekuliert, wie sich China in den vergangenen Jahren verhalten hat. Sollte die PBOC bereits gekauft haben, hätte sie dadurch den Goldpreis massiv gestützt. Eine Vollzugsmeldung bezüglich deutlich erhöhter Reserven wäre dann laut Kunze und Rudschuck Gift für die weitere Preisentwicklung. Noch vor einem Jahr teilte PBOC-Vize-Gouverneur Yi Gang im Rahmen einer Pressekonferenz mit, die Goldreserven nicht auf über 2 Prozent steigen lassen zu wollen. Der Aufbaubedarf von 1,1 Prozent auf 2,0 Prozent wäre aber ebenfalls erheblich gewesen.

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Enormer Goldbedarf bei Anpassung an internationale Durchschnittswerte

Unterstellt man zur vereinfachten Darstellung, dass die 1.054,1 Tonnen zwei Prozent der Währungsreserven entsprechen und blendet man gleichzeitig das Diktat der chinesischen Wechselkurspolitik sowie die Effekte auf den Goldpreis aus, dann wäre ein Aufstocken auf zehn Prozent bereits ein Zuwachs um 4.000 Tonnen. Damit wäre Deutschland vom zweiten Platz der größten Goldbesitzer verdrängt, China aber immer noch meilenweit von einem Anteil von 70 Prozent entfernt, wie es nicht nur die USA und Deutschland besitzen, sondern auch G7-Staaten wie Italien und Frankreich.

Eine Verfünffachung haben die NordLB-Analysten bei ihrem Gedankenspiel deshalb gewählt, weil es sich bei zehn Prozent ungefähr um den Reserveanteil in der Schweiz und in Russland handelt. Wobei von der russischen Zentralbank datenseitig bekannt ist, dass sie in der jüngeren Vergangenheit ihren Goldbestand aufgebaut hat und nun zum Tausender-Club (Goldreserven von mehr als 1.000 Tonnen) gehört. Dort ist China schon längst Mitglied, aber vielleicht sogar schon weit darüber hinaus.

Zieht man jedoch noch die stetig wachsenden Devisenreserven mit ins Kalkül und das derzeitige Niveau in Höhe von 1,1 Prozent, würde das für China extreme Exempel eines Anstiegs auf zehn Prozent einer Verneunfachung gleichkommen. Damit würde der Goldschatz im Reich der Mitte sogar den in Fort Knox übertreffen. Dies ginge eindeutig zu Lasten der chinesischen US-Dollar-Reserven und könnte die bisherige Währungspolitik konterkarieren.

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China: Nummer eins der Goldproduzenten

Längst aufgestiegen zur Nummer eins ist China als Goldproduzent. Der jahrzehntelange Spitzenreiter Südafrika wurde verdrängt und 2013 rangierte China bei weiter steigender Fördermenge schon das siebte Jahr in Folge auf dem Spitzenplatz. Auch 2013 ist die Goldförderung nach Angaben der China Gold Association um mehr als sechs Prozent auf 428 Tonnen Gold gestiegen. Zudem sollen über Hongkong weitere 500 Tonnen illegal in das Land gelangt sein, wobei sich diese Zahl aber natürlich nicht beweisen lässt. Die Nachfrage im Jahr 2013 wird von der China Gold Association gleichzeitig auf 1.176,4 Tonnen beziffert - ein Plus von 41 Prozent. Damit dürfte auch hier der bisherige Platzhirsch Indien von der Spitzenposition verdrängt worden sein. Von der abgesetzten Menge sollen in China rund 600 Tonnen zu Schmuck und Goldfiguren verarbeitet worden sein. Weitere 400 Tonnen schlummern nun als Münzen und Barren in diversen Tresoren. Für die verbleibende Menge könnte die People’s Bank of China verantwortlich sein. Zumindest halten Kunze und Rudschuck diese Adresse als die wahrscheinlichste Antwort auf den Verbleib von hunderten Tonnen Gold in den vergangenen Jahren. Wie viele andere Zentralbanken auch, dürfte die PBOC die niedrigen Kurse zum Einstieg genutzt und somit ihre Währungsreserven weiter diversifiziert haben, vermuten die NordLB-Analysten.

Stimmt diese Annahme, wäre der Goldpreis ohne die physische Nachfrage aus Fernost 2013 noch weiter abgestürzt. Nichtsdestotrotz stand für Investoren das schlechteste Gold-Jahr seit drei Jahrzehnten zu Buche. Wie Eingangs erwähnt läuft es 214 aber wieder besser. Einer der Haupttreiber der bisherigen Jahresgewinne war das chinesische Neujahrsfest Ende Januar. Traditionell wird innerhalb der stark wachsenden Mittelschicht Gold in jeglicher Form zu diesem Anlass verschenkt. Die große Frage ist nun, ob die PBOC bereits tatsächlich weit mehr als 2.000 Tonnen Gold gekauft hat oder nicht und wie der Markt auf so eine Nachricht reagieren würde. Laut Kunze und Rudschuck könnte eine entsprechende Meldung von einigen Investoren als Fingerzeig für weitere Zentralbankkäufe und damit einen steigenden Goldpreis interpretieren werden. Allerdings könnte damit dann auch der Goldhunger der PBOC vorerst gestillt sein. Zumal die Zentralbank vermutlich kein Interesse daran hat die Preise zu treiben, bevor sie sich weiter mit physischem Gold eingedeckt hat. Zudem wäre es nicht im Sinne Pekings, durch rasant steigende Goldpreise den Unmut potenzieller Kleinanleger oder Konsumenten auf sich zu ziehen.

Darüber hinaus darf nach Ansicht der NordLB-Analysten die eigene Wechselkurspolitik nicht außen vor gelassen werden. Die nach wie vor eng an den Greenback gekoppelte Währung erfordert jedenfalls die stetige Nachfrage von Dollar-Assets. Würden die Anlagen zu schnell umgeschichtet, hätte dies gegebenenfalls einen unerwünschten Aufwertungsdruck auf den Renminbi zur Folge. In Summe dürfte die Goldnachfrage aus dem Reich der Mitte deshalb nach Meinung der NordLB auf kurze bis mittlere Sicht somit allenfalls eine untere Grenze beim Goldpreis einziehen. Der im internationalen Vergleich keinesfalls abwegige zehnprozentige Goldanteil bei den offiziellen Währungsreserven ist aber zumindest heute noch nicht seriös prognostizierbar.