JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:

"Vorübergehend sorgt das für eine große Unsicherheit. Aber trotz markiger Wahlkampfsprüche wird sich Griechenland mit der Staatengemeinschaft am Ende einigen - auch weil jetzt schon das Geld für die geplanten Sozialprogramme fehlt. Die Staatengemeinschaft hat ebenfalls Interesse an einem Kompromiss. Denn die Regierungen müssten bei einem Euro-Austritt Griechenlands ihren Wählern erklären, dass die Hilfskredite verloren sind.

Der Wahlsieg der Linken bedeutet, dass der Euro-Raum bei der Lösung der Staatschuldenkrise auf halber Strecke stehen bleibt. Der Druck auf die EZB wächst, die ungelösten Probleme durch eine massive Abwertung des Euro zu übertünchen."



HOLGER SCHMIEDING, CHEFVOLKSWIRT BERENBERG BANK:

"Das ist für Griechenland eine mögliche Katastrophe, aber keine für Europa. Europa hat alle Instrumente, um mit Ansteckungsgefahren im Falle eines Euro-Austritts umzugehen: Die EZB wird Staatsanleihen kaufen, was eine Ansteckung über den Rentenmarkt verhindert. Die Bankenunion hilft, die kleinen Gefahren für den Bankensektor auszuschalten. Und der niedrige Ölpreis bringt die Euro-Konjunktur in Gang.

Griechenland muss sich entscheiden, ob es die erfolgreiche Politik der Regierung Samaras fortsetzen will oder sich aus der Euro-Zone verabschiedet und damit in eine tiefe Krise zurückfällt. Das ist weit mehr eine griechische als eine europäische Frage."



STEFAN BIELMEIER, CHEFVOLKSWIRT DZ BANK:

"Dem Euro-Raum stehen schwierige Verhandlungen mit der neuen griechischen Regierung bevor. Die zentralen Forderungen von Syriza im Wahlkampf, ein Ende der Sparpolitik sowie ein weiterer Schuldenschnitt für Griechenland, stellen einen schwierigen Ausgangspunkt für die weiteren Verhandlungen dar.

Es gibt zwar schon erste vorsichtige positive Signale aus Brüssel für eine solche Lösung. Ein weiterer Schuldenschnitt für Griechenland wäre für den Euro-Raum mittelfristig sicherlich sehr schwierig. Zum einem ist nicht sichergestellt, dass Griechenland in einigen Jahren nicht wieder vor derselben Situation steht wie aktuell. Andererseits dürfte dann auch der Anreiz für die restlichen Euro-Staaten noch geringer werden, strukturelle Reformen anzugehen, denn es geht ja auch einfacher. Dies ist insofern auch bedenklich, da die EZB in der letzten Woche den Ländern noch einmal kräftig unter die Arme gegriffen hat und die Länder nun mit den Reformen beginnen sollten.

Trotz aller Schwierigkeiten gilt aber: Der institutionelle Rahmen im Euroraum ist gefestigt. Man kann also eigentlich die Verhandlungen mit Griechenland gelassen angehen."



ANALYSTEN DER ESSENER NATIONAL-BANK:

"Der Wahlsieg fiel insgesamt deutlicher aus, als es erwartet worden war. Was das letztlich für den Euro-Raum bedeuten wird, lässt sich noch nicht absehen. Zumindest ist das Risiko, dass das gemeinsame Währungsgebiet vielleicht doch nicht in der heutigen Form auf Dauer fortbestehen wird, nun gestiegen. Auch einer neuen griechischen Regierung muss klar sein, dass sie ohne zusätzlich Unterstützung der Partner kaum eine Chance hat, das Land auf einen Wachstumspfad zurückzuführen."

Reuters