Das Symbol der Revolution, die Portugal vor 40 Jahren den Weg in die europäische Staatengemeinschaft ebnete, war die rote Nelke. Denn die Portugiesen steckten die Blume in die Gewehrläufe der Soldaten. Diese hatten zuvor gegen Premier Marcelo Caetano, den Nachfolger des Diktators Antonio de Oliveira Salazar, geputscht.

Am Ende standen der Abschied Portugals von den Kolonien, die Einführung der Demokratie und - nach Jahrzehnten der Abschottung und Isolation unter Salazar und Caetano - eine rasante, wirtschaftliche Aufholjagd des Landes. Doch diese wurde zum Großteil auf Pump finanziert, Strukturreformen wurden dagegen vernachlässigt. Erst seit dem Ausbruch der Finanzkrise und den harten Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Co versucht das Land die Schuldenpolitik hinter sich zu lassen. Doch laut IWF hat das Land noch einiges ins Reine zu bringen.

So weist der IWF auf die "inakzeptabel hohe Arbeitslosigkeit von 15 Prozent" hin. Zudem drohen die "nach wie vor hohen privaten wie öffentlichen Schulden notwendige Investitionen zu verzögern". Immerhin: Die "optimistischere Einstellung der Bevölkerung" (O-Ton IWF) hat den Konsum etwas belebt. Die Regierung hat auch ein neues Sparprogramm durchgeboxt, das zu Einsparungen von weiteren 1,4 Milliarden Euro führen und das Defizit 2015 auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken soll. Das sorgt für weiteres Vertrauen an den Märkten: Zuletzt lagen die Renditen portugiesischer Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit bei 3,7 Prozent. Derzeit denkt Lissabon darüber nach, neue Staatsanleihen zu emittieren.

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Genau hinsehen

Auch Anleger, die in portugiesische Aktien investieren wollen, sollten gut überlegen und penibel auswählen, ist dort doch von Qualitätsaktien bis zu Ramschpapieren alles vertreten. So erfüllt etwa Energias de Portugal (EDP) wichtige Qualitätskriterien. Der Versorger weist eine erwartete Dividendenrendite von knapp sechs Prozent aus. Und mit einem 2015er-Kurs-Gewinn- Verhältnis von 10,4 ist der Titel auch recht günstig. Zwar gibt es von der operativen Strategie her kaum Stimuli, jedoch ist der Wert ein klassisches Konjunkturinvestment. Springt die Wirtschaft an, steigt auch die Nachfrage nach Energie. Zudem sieht das Chartbild hervorragend aus: Trotz größerer Schwankungen haben die wichtigen kurzfristigen Unterstützungen gehalten. Insgesamt gesehen ist die Aktie ein Kauf, allerdings einer mit den für Europeripherieländer typischen Risiken.

Ein Kauf ist aus unserer Sicht auch Altri. Der Papier- und Zellstoffhersteller führt mit EDP ein Joint Venture, bei dem Baumbestände nicht nur zur Papier-, sondern auch zur Energieproduktion verwendet werden. Gepflanzt wird rasch wachsender Eukalyptus. Derartige Monokulturen sind zwar ökologisch umstritten, aus kurzfristiger, betriebswirtschaftlicher Sicht ergeben sie jedoch Sinn. Zudem ist der Wert der derzeit günstigste im Leitindex PSI 20. Und: Wie bei EDP stimmt auch der Chart.

Bei der nach Marktkapitalisierung größten portugiesischen Bank, Banco Espirito Santo, halten sich Chancen und Risiken die Waage. Zuversichtlich stimmt, dass die Bank für 2015 derzeit ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,7 zustande bringen sollte. Das Core Equity Tier-1 Ratio, das auch Immobilienkredite berücksichtigt, liegt bei 8,1 Prozent. Das erfüllt zwar die Basel-III-Vorgaben, als gesund gilt aber erst ein Wert ab zehn. Zudem weist die Bank kein Leverage Ratio aus. Dabei gilt diese Kennzahl als die transparenteste. Jedoch setzen institutionelle Anleger derzeit verstärkt auf Finanztitel aus den Europeripherieländern. Das sollte auch die Banco-Espirito-Santo-Aktie stützen. Unser Fazit: beobachten.

Auch bei der Ökotochter von EDP, EDP Renovaveis, reicht es nur für ein "Beobachten". Rund 22 Prozent des Unternehmens brachte der Mutterkonzern im Jahr 2007 an die Börse. Jedoch hat Ökostrom seine Boomzeiten vorerst hinter sich; hinzu kommt eine wenig attraktive Bewertung des Titels. Im Fall größerer Verluste dürfte aber die Mutter stützend eingreifen.

Vom drittgrößten Wert des Landes, Jerónimo Martins, sollten Anleger die Finger lassen. Das Unternehmen ist auf Lebensmittelhandel und Konsumgüter spezialisiert. Doch zum einen ist die Aktie derzeit teuer, zum anderen spricht nichts dafür, sich defensive Titel aus Euro-Peripherieländern ins Depot zu legen. Wer in Portugal, Italien oder Spanien investieren will, sollte auf schnelle Gewinnmaximierung setzen - anders lassen sich die hohen Risiken nicht rechtfertigen.

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