Nachdem die Aktienmärkte gut ins neue Jahr gestartet sind, sieht es jetzt doch nach einer Pause im Aufwärtstrend aus: Das Momentum hat stark nachgelassen. In den kommenden Tagen könnten die Kurse daher wieder etwas mehr schwanken als in den zurückliegenden zehn Wochen. An der Grundtendenz ändert diese - kurzfristig - leicht negative Erwartungshaltung indes nichts. Bis Ende des Jahres sollten die Kurse höher stehen als jetzt. Wie immer ist alles eben eine Frage des zeitlichen Horizonts. Für Investoren, die auf Sicht von etlichen Monaten und Jahren anlegen, könnten sich daher jetzt gute Gelegenheiten zum Nachkaufen bieten. Trader dagegen könnten den einen oder anderen Short-Versuch starten.
Argumente für unruhigere Zeiten gibt es einige. So etwa den verwirrenden neuesten Arbeitsmarktbericht aus den USA. So gab es im Februar wohl nur 20 000 neue Jobs statt der erwarteten 180 000. Eine dramatische Divergenz, die sich schwer erklären lässt. Fehlt es an qualifizierten Arbeitskräften? Legt die Konjunktur eine Vollbremsung hin? Oder sind die Daten statistisch verzerrt? An eindeutigen Interpretationen fehlt es. Genau so etwas schmeckt Börsianern gar nicht und bremst in der Regel die Kauflust. Ein weiterer Faktor, der für Unsicherheit sorgt, sind die gesenkten Erwartungen der Unternehmen im Rohstoffbereich, was deren künftiges Geschäft angeht. Auch dies könnte auf eine generell nachlassende konjunkturelle Dynamik hindeuten.
Dennoch dürfte diese Unsicherheit nur kurzfristiger Natur sein. Gründe hierfür gibt es ebenfalls etliche. Zum einen steht in den USA im kommenden Jahr die Präsidentschaftswahl an. Und Amtsinhaber Donald Trump weiß, dass er wohl nur dann wiedergewählt wird, wenn die Konjunktur läuft - und die Börsenkurse klettern. Entsprechend legt er sich ins Zeug, was den Handelsdeal mit der Volksrepu-blik China angeht, nimmt er doch an, dass durch ein positives Ergebnis an der Wall Street eine Rally startet. Der Nachrichtendienst "Bloomberg" berichtet, laut internen Quellen sei Trump geradezu davon "besessen", die Börse als Gradmesser für seinen Erfolg anzusehen. "What’s happening with the markets?" sei eine seiner Lieblingsfragen an die Mitarbeiter.
Ein weiterer guter Grund für steigende Kurse ist die Wende in der Politik der US-Notenbank Fed. Dort haben inzwischen eindeutig die "Tauben" das Sagen, die Verfechter einer lockeren Geldpolitik. Gerade erst hat Fed-Chef Jerome Powell seine abwartende Haltung in der Geldpolitik bekräftigt. Am Sonntag sagte er dem TV-Sender CBS, die Zentralbank sei bei Zinsänderungen nicht in Eile. Das Niveau sei "angemessen" und "ungefähr neu-tral". Oder zu Deutsch: weder stimulierend noch bremsend.
Dass die großen Vermögensverwalter, seien es Fondsgesellschaften, Hedgefonds oder Investmentbanken, ihre Gelder nach jüngsten Studien von Bank of America Merrill Lynch sowie State Street derzeit überwiegend defensiv angelegt haben, ist ebenfalls ein Grund für langfristig vorsichtigen Optimismus. Wenn die irgendwann umschichten, dann eben raus aus den vorsichtigen Investments und rein in risikobehaftetere Anlageklassen.
Zusammenfassend ergibt das eine eigentlich klare Strategie: Je nach Anlagehorizont heißt es nun also "Buy the dip", billig nachkaufen, oder "Sell the rip", kurzfristig einen Short wagen. Martin BlüMel
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com