Ob Europa, die USA oder Japan als Anlageziel gewählt wird: Jede Region hat ihre eigenen Risiken. Investoren sollten nun vor allem auf die Profitabilität der Unternehmen achten, meint Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank.

von Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank

Für die Aktienmärkte der meisten Industrieländer war 2013 ein Boomjahr. Der Euro Stoxx 50 legte rund 18 Prozent an Wert zu, in den USA gewann der S & P 500 rund 30 und in Japan der Topix sogar mehr als 50 Prozent. Da die Unternehmensgewinne nicht in gleichem Maße stiegen, führte das an den dortigen Börsen zu höheren Bewertungen. So stieg beim S & P 500 das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), also die Relation zwischen den Aktienkursen und den für die kommenden zwölf Monate erwarteten Unternehmensgewinnen, von 12,7 auf 15,3. Das KGV des Stoxx 600 legte bis zum Jahresende 2013 von 11,5 auf 13,5 zu.

Ein Auslöser für die Kursanstiege und damit für die Ausweitung der Bewertungen waren die enormen Mittelzuflüsse in die Aktienmärkte. Es gab schlicht kaum Alternativen für die rentierliche Anlage: Die sehr expansive Geldpolitik der wichtigsten Notenbanken hielt die Zinsen niedrig, deshalb wandten sich besonders die institutionellen Anleger vermehrt den Aktienmärkten zu. Nach unserer Einschätzung sind aktuell viele Aktienindizes fair bewertet - für 2014 rechnen wir daher nur noch mit einem moderaten Anstieg der KGVs. Nun kommt es auf die Unternehmensgewinne an, ob weitere Kurssteigerungen möglich sind. Anleger sollten bei der Aktienauswahl derzeit entsprechend selektiv vorgehen und neben dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld auch die regionalen Besonderheiten der Aktienmärkte im Auge behalten.

Anlass zur Hoffnung gibt die Konjunktur in der Eurozone: Der Einkaufsmanagerindex für den Währungsraum lag nach Angaben von "Markit Economics" im Februar bei 52,7 Punkten und damit nahe einem 30-Monats-Hoch. Allerdings hatten diese Zahlen auf das Gewinnwachstum der Unternehmen in der Eurozone im abgelaufenen Jahr noch keinen nennenswerten Einfluss - die Gewinne stagnierten. Für 2014 und 2015 sind unsere Prognosen optimistischer, wenngleich das Gewinnwachstum nach wie vor hinter dem langfristigen Trend zurückbleibt. Vor allem wegen der hohen Abhängigkeit der Unternehmen von der globalen Konjunktur erwarten wir aber für 2014 ein Gewinnplus von 13,4 Prozent - zumal sich mögliche Risiken aus unserer Sicht abgeschwächt haben, etwa eine sinkende Nachfrage innerhalb der Eurozone oder eine Verfestigung der Krise in den Schwellenländern.

Auch in den USA wird die Aktienkursentwicklung maßgeblich davon abhängen, ob die Unternehmen ihre Gewinne steigern können. Anders als in der Eurozone wachsen die Erlöse der meisten US-Unternehmen jedoch bereits: Im S & P 500 stiegen die Gewinne pro Aktie im vierten Quartal 2013 um durchschnittlich 7,6 Prozent - das größte Plus in den vergangenen zwei Jahren. Für das Gesamtjahr 2014 erwarten wir sogar 9,8 Prozent. Der US-Leitindex könnte 2014 eine Gesamtperformance von rund zehn Prozent erzielen - historisch betrachtet kein überragendes, aber ein sehr verlässliches Ergebnis. Anleger aus der Eurozone könnten zusätzlich von einer Aufwertung des Dollars zum Euro profitieren: Wir erwarten für Ende 2014 einen Kurs von 1,25 US-Dollar/Euro. Im Gegensatz zu Europa und den USA wurden 2013 die Aktienkurse in Japan in erster Linie von den Unternehmensgewinnen nach oben getrieben. Nach Jahren der wirtschaftlichen Stagnation gelang es der Regierung unter Ministerpräsident Shinzo Abe durch ihre extrem expansive Geldpolitik, den Kurs des Yen so weit zu drücken, dass der japanische Exportsektor international wettbewerbsfähiger wurde. Im Durchschnitt verbuchten japanische Unternehmen im Jahr 2013 ein Gewinnplus von 69 Prozent. Diese Zahlen sind sicher ein Erfolg. Sie machen aber auch deutlich, wie abhängig japanische Unternehmen vom US-Dollar/Yen-Wechselkurs sind. Entsprechend schwankend dürften sich ihre Aktienkurse entwickeln. Aufgrund der fundamentalen Stärke der USWirtschaft rechnen wir für den Yen im Jahresverlauf mit weiterem Abwertungspotenzial - und dadurch mit weiterem Kurspotenzial für die Papiere japanischer Unternehmen.

Ulrich Stephan

Der Chef-Anlagestratege für die Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank beschäftigt sich seit seiner Promotion an der Kölner Universität und am MIT im Jahr 1997 mit der Vermögensanlage und Kapitalmärkten. Bei der Deutschen Bank entwarf er ab 2001 als Chief Investment Officer Anlagestrategien für Privatkunden, von 2008 bis 2010 leitete er das Private Banking für Privat- und Geschäftskunden.