Mario Schüttauf ist Herr über 16 Milliarden Euro. Der Fondsmanager lenkt die Geschicke des hausinvest. Der Offene Immobilienfonds von Commerz Real ist gerade ins 50. Jahr gestartet und besitzt 153 Gebäude weltweit - vor allem Gewerbeobjekte wie Büros und Einzelhandel, aber auch Wohngebäude. Steffen Sebastian ist Professor für Immobilienfinanzierung an der International Real Estate Business School der Universität Regensburg. Einer seiner Schwerpunkte sind indirekte Immobilieninvestments wie Fonds oder REITs. €uro am Sonntag sprach mit den beiden Experten über die Folgen der Pandemie auf die unterschiedlichen Immobilienmarktsegmente, den Umgang des hausinvest mit der Situation und fragwürdige Trends.
€uro am Sonntag: Herr Sebastian, die Corona-Pandemie belastet vor allem die Nutzungsarten Einzelhandel und Hotel, weil deren Mieter durch Lockdowns unter Druck geraten. Welche Auswirkungen auf dem Immobilienmarkt sehen Sie hier?
Steffen Sebastian: Es gibt nicht den Einzelhandel oder das Hotelsegment als Ganzes. Jede Immobilie ist einzigartig und muss als einzelnes Objekt beurteilt werden. Durch Corona hat sich auf dem Markt nichts Grundlegendes verändert - die Pandemie hat nur Entwicklungen beschleunigt.
Wie meinen Sie das?
Sebastian: Es gab schon vor der Pandemie zum Beispiel Business-Hotels, die in die Jahre gekommen und gleichzeitig sehr hochpreisig waren. Da fragte man sich schon vor Corona: Funktioniert dieses Konzept noch? Und nun hat sich umso schneller gezeigt: Es wird nicht mehr funktionieren.
Für den Einzelhandel dürfte das umso mehr gelten.
Sebastian: Ja, dort ist es ähnlich. Ein älteres Shoppingcenter beispielsweise, das bereits in den Jahren vor Corona infolge der Konkurrenz durch den Onlinehandel zu kämpfen hatte, ist in der Krise nun ganz schnell abgestürzt.
Herr Schüttauf, der von Ihnen gemanagte hausinvest ist ungefähr zu zehn Prozent in Hotels investiert und zu 24 Prozent in Einzelhandelsimmobilien. Belastet das die Rendite?
Mario Schüttauf: Die Verwerfungen, die wir erlitten haben, halten sich absolut in Grenzen. Nur bei einem Gebäude, einem Boutique-Hotel in New York, gab es zu Beginn der Pandemie eine größere Abwertung. In Heidelberg mussten wir uns von einem Hotelbetreiber trennen, aber wir haben sofort einen Nachmieter gefunden. Im Einzelhandel haben wir meist Lösungen gefunden, indem wir die Miete gestundet haben. An einigen Standorten haben wir eine höhere Umsatzbeteiligung vereinbart, die sich positiv auf unsere Einnahmen auswirken sollte, wenn die Geschäfte wieder dauerhaft offen sind. In den vergangenen zwölf Monaten haben wir trotz Corona eine Rendite von knapp zwei Prozent erzielt. Damit sind wir zufrieden.
Planen Sie, Ihr Engagement in den beiden Segmenten zurückzufahren?
Schüttauf: Einzelhandelsimmobilien und Hotels sind schon immer wesentliche Bestandteile des hausinvest gewesen. Das wird auch so bleiben. Wir denken, die aktuellen Schwierigkeiten sind nur temporär und werden nicht zu einem dauerhaften Zustand. Wenn Sie in andere Länder mit schnelleren Impfungen schauen, sehen Sie, dass sich die Lage zügig bessert. In den USA etwa sind die Hotels wieder offen und die Auslastung steigt.
Gab es in den vergangenen 15 Monaten Transaktionen im hausinvest, die der Pandemie geschuldet waren?
Schüttauf: Nein, die Pandemie war kein Auslöser - weder für Käufe noch für Verkäufe. Wir haben ein sehr starkes Corona-resistentes Portfolio und konnten die Zeit deshalb etwas sorgenfreier gestalten.
Was stimmt Sie so zuversichtlich?
Schüttauf: Wir haben in den Jahren zuvor viele grundsätzliche Entscheidungen getroffen, die sich jetzt auszahlen. Wir haben uns bereits 2019 mit Wohnimmobilien auseinandergesetzt und uns entschieden, diese Nutzungsart aufzunehmen. Mittlerweile sind rund 1600 Wohneinheiten im Portfolio, was sehr stabilisierend wirkt. Schon vor 2020 haben wir uns von krisenanfälligen Lagen getrennt. Außerdem vermarkten wir unsere Objekte sehr kleinteilig - und je kleinteiliger man managt, desto flexibler ist man.
Bei vielen klassischen Offenen Immobilienfonds - so auch beim hausinvest - haben Büro- häuser den größten Anteil am Vermögen. Kommt es in diesem Segment zu einem Umbruch, weil sich die Arbeit im Homeoffice verfestigen wird?
Sebastian: Natürlich wird es das eine oder andere Unternehmen geben, das mehr Homeoffice anstreben wird. Aber die Vorstellung, dass Mitarbeiter im Büro nur einen Tisch und einen Stuhl im ständigen Wechsel brauchen, um die Flächen besser auszunutzen, wird so nicht kommen. Wenn die Pandemie etwas gezeigt hat, dann doch, dass die Leute ihr Büro, ihren festen Arbeitsplatz vermissen. Deshalb wird sich der Bedarf an Büroflächen nicht verringern.
Auch dann nicht, wenn als mögliche Folge der Lockdowns vermehrt Unternehmen pleitegehen werden?
Sebastian: Doch, dann natürlich schon. Je nachdem, wie stark der Wirtschaftseinbruch sein wird, werden wir Auswirkungen sehen. Dem Bürosegment droht eher Gefahr aus der Konjunkturecke als vonseiten des Modethemas Homeoffice. Aber der Blick etwa nach Großbritannien zeigt, dass mit dem Impffortschritt die Konjunktur wieder anzieht. Das stimmt mich positiv.
Was ist mit Logistikimmobilien? Neben Wohnungen gilt diese Nutzungsart derzeit als besonders aussichtsreich. Der hausinvest hat dort aber nur wenig Geld investiert.
Schüttauf: Ich muss zugeben, dieser Trend ist an uns vorübergegangen. Jetzt noch verstärkt einzusteigen, kommt für uns jedoch nicht infrage. Die hohen Preise, die aktuell verlangt werden, sind nicht gerechtfertigt und das Renditeniveau ist unangemessen niedrig. Das passt nicht zum hausinvest. Innerstädtische Last-Mile-Logistik ist allerdings ein anderes Thema, das halten wir grundsätzlich für sehr spannend.
Allrounder: Der hausinvest ist weltweit aktiv. Die Hälfte des Kapitals steckt in deutschen Objekten. Der Fonds investiert in sämtliche Nutzungsarten, Büros sind am stärksten vertreten.