Herr Dr. Krämer, der Handelskonflikt zwischen den USA einerseits und Europa bzw. China spitzt sich weiter zu. US-Präsident Donald Trump hat Peking jetzt die volle Breitseite angedroht. Danach will er künftig sämtliche Importe aus dem Reich der Mitte mit Strafzöllen belegen. Damit ginge es um Waren im Gesamt-Volumen von 500 Milliarden Dollar. Bislang werden nur Importe über insgesamt 34 Milliarden Dollar mit Strafzöllen belegt. Ist das alles nur Säbelrasseln?


Leider ist das nicht nur Säbelrasseln. Präsident Trump will nicht nur das hohe Handelsbilanzdefizit seines Landes gegenüber China senken, sondern auch den wirtschaftlichen und militärischen Aufstieg des geopolitischen Konkurrenten China verlangsamen. Es ist gut möglich, dass Trump am Ende die gesamten Importe aus China mit Strafzöllen belegen wird.

Was wären die Folgen für die US-Wirtschaft, wenn es tatsächlich zu einem solchen Strafzoll-GAU kommen sollte?


Die Unternehmen haben in den zurückliegenden zwanzig Jahren globale Wertschöpfungsketten aufgebaut. Daran waren auch amerikanische Unternehmen beteiligt. Deshalb ist der Handel mit Vorprodukten deutlich stärker gewachsen als der mit Endprodukten. Höhere Zölle betreffen auch Vorprodukte und gefährden die globalen Wertschöpfungsketten. Fabriken, die die US-Unternehmen im Ausland errichtet haben, könnten unwirtschaftlich werden, es drohen milliardenschwere Abschreibungen. Außerdem wäre es für US-Unternehmen teurer, mehr im Inland zu produzieren. Die US-Wirtschaft wäre von den eigenen Strafzöllen hart getroffen.

Und wie träfe ein solches Szenario die chinesische Wirtschaft?


Der Aufstieg der chinesischen Wirtschaft ging einher mit der Integration des Landes in die Weltwirtschaft. Dieser Aufstieg wird durch einen Handelskrieg verlangsamt, auch wenn die USA nicht mehr Chinas wichtigster Absatzmarkt sind. Für ein nachlassendes Wachstum Chinas sprechen auch die hohe Verschuldung der chinesischen Unternehmen sowie das Ende des Immobilienbooms, der die aufgeblähte Bauwirtschaft treffen wird.

Auch der Handelsstreit mit Europa spitzt sich dramatisch zu. Die EU hat bereits weitere Gegenmaßnahmen angedroht, sollten die USA nach den Zöllen auf Stahl und Aluminium nun auch noch Strafzölle auf europäische Auto-Importe verhängen. Was würde ein solches Szenario für die traditionell export-starke deutsche Wirtschaft bedeuten? Droht uns jetzt die Trump-Rezession?


Leider setzt die EU auf eine Vergeltungsstrategie, die die Eskalation anfacht. US-Strafzölle auf europäische Autos sind durchaus möglich. Das würde die deutsche Autoindustrie ins Mark treffen. Der zunehmende Protektionismus wird das Wachstum Deutschlands in den kommenden Jahren belasten, wobei sich die Probleme nicht nur in einer kurzen Rezession entladen dürften.

Die Eskalation im Handelsstreit drückt seit Wochen auf die Stimmung an den Börsen. Welche Auswirkungen hätte eine weitere Eskalation, sollten die milliarden-schweren Zölle und Gegenzölle tatsächlich in Kraft treten?


Der Handelsstreit hängt wie ein Damoklesschwert über den Aktienmärkten. Eskaliert der Konflikt, gehen die Aktienmärkte in die Knie.

Die Analysten der UBS haben angesichts der jüngsten Drohungen und Gegendrohungen bereits vor einem Bullenmarkt gewarnt und halten Kursstürze von mindestens 20 Prozent für möglich. Damit würde der Dax wieder unter die Marke von 10.000 Punkten fallen. Teilen Sie diese Einschätzung?


Auch wir sorgen uns um die Auswirkungen des Handelsstreits auf die Märkte und halten einen Abwärtstrend bis in den Herbst für wahrscheinlich. Auf welchen Niveaus sich der Dax bei einer Eskalation des Streits fangen wird, lässt sich heute aber schwer vorhersagen.

Wie können sich Anleger gegen ein solches Szenario wappnen? Sollten Sie ihr Depot mit defensiven Aktien krisenfest machen oder gleich in Krisenwährungen wie Bundesanleihen oder Gold flüchten?


Bundesanleihen sind mit ihrer Magerrendite keine wirkliche Alternative. Wir empfehlen Anlegern, die mit einer Eskalation des Handelsstreits rechnen, stattdessen ihr Pulver trocken zu halten, um bei dann deutlich niedrigeren Kursen Aktien nachzukaufen.