An diesem Montag startet mit dem Aktionärstreffen des Konsumgüterkonzerns Henkel die Hauptversammlungs(HV)-Saison der DAX-Konzerne. Am Donnerstag folgt die Telekom, die erstmals wieder zu einem Präsenztreffen einlädt - ein Novum, denn in den vergangenen zwei Jahren waren wegen der Pandemie nur Online-HV üblich. "Die Telekom hebt sich mit ihrer Präsenz-HV eindeutig positiv von den anderen Unternehmen ab", sagt Deka-Nachhaltigkeitsexperte Ingo Speich. "Virtuelle HV mit eingeschränktem Rede- und Fragerecht wie im vergangenen Jahr unterwandern die Aktionärsrechte massiv."

Dennoch bleiben die meisten Konzerne beim Online-Format - so auch Henkel. Der Konzern steht nicht zuletzt wegen seines enttäuschenden Kursverlaufs in der Kritik. Die Waschmittelsparte und der Kosmetikbereich machen Probleme. Der Konzern habe Potenzial, brauche aber ein fokussierteres Geschäftsmodell, monieren Kritiker. Und dann ist da noch das Russlandgeschäft: "Trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine führt Henkel seine lokale Produktion und den Verkauf in Russland fort", kritisiert Jella Benner-Heinacher von der Aktionärsvereinigung DSW.

In Russland erwirtschafte Henkel immerhin fünf Prozent seines Konzernumsatzes (2021 ca. 20 Mrd. Euro). "Riskiert die Gesellschaft damit nicht einen erheblichen Reputationsschaden?", fragt Benner-Heinacher. "Andersherum gefragt: Wie hoch wäre denn der Schaden für Henkel, wenn alle Produktionsstätten in Russland geschlossen und der Verkauf eingestellt würden?"

"Die politischste HV-Saison, die wir je gesehen haben"


Das Thema Russland steht auch bei der Fondsgesellschaft Union Investment oben auf der Agenda. "Wir stehen vor der politischsten HV-Saison, die wir je gesehen haben", sagt Union-Investment-Experte Henrik Pontzen. Der Ukraine-Krieg sei ein historischer Einschnitt, der bei vielen Unternehmen zu massiven Veränderungen führe, sich auf Lieferketten und Verfügbarkeit von Rohstoffen auswirke. "Unternehmen, die weiterhin Geschäfte in und mit Russland machen, stehen öffentlich in der Kritik und werden dazu auf der HV viele Fragen beantworten müssen, darunter BASF, Eon und Uniper", erläutert Pontzen.

Ein weiteres Thema ist die Ämterhäufung bei einigen Top-Managern. Hier steht insbesondere Post-Chef Frank Appel im Kreuzfeuer, der sich auf der Telekom-Hauptversammlung am Donnerstag an die Aufsichtsratsspitze wählen lassen will. "Zwei Spitzenposten bei Post und Telekom sind einer zu viel", sagt Pontzen.

Und dann ist da noch SAP-Mitgründer Hasso Plattner, der sich auf dem SAP-Treffen am 18. Mai erneut in den Aufsichtsrat wählen lassen will, obwohl der mit 78 Jahren schon über der Altersgrenze ist, die die Abstimmungsregeln etwa bei Union Investment vorsehen. Auch Deka-Experte Speich lehnt die geplante Wiederwahl von Plattner an die Spitze des Kontrollgremiums ab und fordert eine Nachfolgeregelung. "Wie lange wollen Sie denn noch an der Aufsichtsratsspitze bleiben?". Auch die vielen Vorstandsrochaden bei SAP verunsicherten Investoren und belasteten den Aktienkurs.

Wichtige DAX-HV-Termine (Auswahl):


Vonovia 29.4.
RWE 28.4.
BASF 29.4.
Bayer 29.4.
Mercedes-Benz Group 29.4.
Allianz 4.5.
Deutsche Post 6.5.
Lufthansa 10.5.
BMW 11.5.
Eon 12.5.
Volkswagen 12.5.
SAP 18.5.
Deutsche Bank 19.5.
Linde 25.7.