Der künftige US-Präsident Donald Trump schickt mit seinen Aussagen schon vor der Amtseinführung die Aktien vieler Unternehmen auf Talfahrt. Am Montag hat es Daimler, BMW und VW erwischt. Gegenüber der Bild-Zeitung hatte Trump zuvor Herstellern erneut mit Strafzöllen für Auto-Exporte von Mexiko in die USA gedroht.
BÖRSE ONLINE sprach mit dem Chef des Center of Automotive Management an der FH der Wirtschaft in Bergisch Gladbach, Prof. Stefan Bratzel, über Trumps Pläne, die Gefahr eines Handelskriegs und die Möglichkeiten zur Produktionsverlagerung in die USA.
Herr Prof. Bratzel, der künftige US-Präsident Donald Trump hat deutschen Autoherstellern indirekt mit Strafzöllen von 35 Prozent gedroht, sollten sie weiterhin Autos von Mexiko in die USA exportieren. Müssen die deutschen Hersteller den US-Markt jetzt abschreiben oder ist das alles nur Post-Wahlkampf-Getöse?
Stefan Bratzel: Im Moment erscheinen viele der Aussagen von Donald Trump noch etwas unstrukturiert. Aber klar ist schon jetzt: Die Frage von Strafzöllen dürfte ein großes Thema der Präsidentschaft von Donald Trump werden. Viele Dinge sind hierbei ja noch völlig ungeklärt. Denken Sie nur an die Zulieferer. Der künftige US-Präsident muss sich dabei beispielsweise klar werden, ob er nur für Fahrzeug-Exporte Strafzölle erheben will oder auch für Teile von Zulieferern. Da geht es um sehr komplexe Zuliefer-Ketten. Auch führende US-Hersteller wie Ford oder GM beziehen einen großen Anteil ihrer Teile aus Mexiko. Für deutsche Hersteller ist die Diskussion jedenfalls ein Grund zu großer Besorgnis.
Wie sehr würden mögliche Strafzölle die deutschen Hersteller und die Zuliefer-Industrie denn konkret treffen?
Kurzfristig lässt sich der Bau eines neuen Werks nicht einfach stoppen. Aber falls die USA tatsächlich Einfuhrzölle von 35 Prozent erheben sollten, bräche die Kosten-Kalkulation fast aller Hersteller in Mexiko zusammen. Das gilt auch für Zulieferer, die sich in den vergangenen Jahren ebenfalls schrittweise dort angesiedelt haben. Dazu kämen die langfristigen Auswirkungen. Denn mit möglichen Strafzöllen würden die Preise für Importfahrzeuge steigen - mit entsprechenden Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit und die Nachfrage.
Das heißt?
Bei einem möglichen Strafzoll von 35 Prozent drohen hier durchaus zweistellige Absatz-Einbrüche für die deutschen Hersteller.
BMW und Mercedes-Benz haben ja große SUV-Werke in den USA. Könnten etwa die Standorte in Spartanburg bzw. Tuscaloosa einspringen und einen Teil der geplanten Fertigung aus Mexiko übernehmen?
Solche Strategien werden bei den Herstellern derzeit sicher geprüft. Aber so einfach ist das leider nicht. Eine Mittelklasse-Limousine lässt sich nicht mal eben auf einer Anlage bauen, die zur Produktion von SUVs geplant wurde.
Nun baut Mercedes-Benz mit Nissan ein neues Werk im mexikanischen Aguascalientes. BMW errichtet eine Fabrik in San Luis Potosí. Und Audi hat erst im vergangenen Herbst seine neue Fertigungsstätte in San Jose Chiapa eröffnet. Drohen die neuen Standorte jetzt nicht zu milliarden-schweren Fehlinvestitionen zu werden?
Diese Gefahr besteht durchaus. Zwar geht nur ein Anteil der produzierten Fahrzeuge von Mexiko in die USA, aber das dürfte mehr als die Hälfte sein. Schon daran sehen Sie, wie ernst die Lage ist.
Was kann sich die Auto-Branche gegen mögliche Strafzölle zur Wehr setzen?
Das ist vor allem ein politisches Thema. Das muss auf höchster Ebene geklärt werden. Hier müssen Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Juncker in die Bütt.
Und falls nicht, droht uns eine neue Ära des Protektionismus?
Ich hoffe, dass sich am Ende die Vernunft durchsetzt, denn auch Trump und seine Administration müssen wissen, dass ein Handelskrieg langfristig nicht positiv sein wird - weder für Europa noch für die USA.