Seit die Meldung über die Nachrichtenticker lief, dass Chinas Vizehandelsminister in die USA reisen und man dort wieder verhandeln werde, geht es mit den Aktienkursen neuerlich nach oben. Anscheinend hat man sich ordentlich was vorgenommen in Sachen Handelsstreit: Bis November will man die Sache vom Tisch haben! So schreibt es zumindest das "Wall Street Journal". Wie passend; wir erinnern uns: Im November werden in den USA das Repräsentantenhaus und Teile des Senats neu gewählt. Da spielt dem US-Präsidenten das Treffen natürlich in die Karten.
Vor allem Industriewerte kletterten seit der Meldung nach oben, also Aktien wie Caterpillar oder Boeing - Unternehmen eben, die vom Handelskonflikt besonders stark betroffen sind. Und nicht ganz unwesentlich: Der chinesische Yuan wertete ebenfalls auf, nachdem er zuvor stark gefallen war. Das ist deswegen wichtig, weil China mit etwa zwei Billionen Dollar im Ausland verschuldet ist - in Fremdwährung! Wertet der Yuan ab, wiegt diese Schuldenlast mehr und mehr und belastet Unternehmen und Banken. Gibt es nun eine Lösung im Handelsstreit, könnte das den Yuan stabilisieren. Obwohl dies natürlich nur ein einzelner Faktor für das Auf und Ab des Wechselkurses ist.
Was soll man nun davon halten? Bahnt sich da endlich eine echte Lösung an? Fakt ist, dass der Börsenverlauf seit einigen Monaten deutlich geprägt ist von Meldungen zum Handelskonflikt. Mal verschärft sich die Lage, mal entspannt sie sich wieder. Mal hü, mal hott.
Dabei scheint eines klar: Der US-Präsident zieht einfach und rücksichtslos sein Ding durch. Für die USA scheint die Ausgangsbasis dafür perfekt zu sein - jedenfalls wächst die Wirtschaft überdurchschnittlich. Die anderen Volkswirtschaften scheinen unterlegen. Sie brauchen die USA mehr als umgekehrt.
Dass Trump sein Ding durchzieht, zeigt sich auch daran, dass er erneut den Kurs der amerikanischen Notenbank Fed unter dem neuen Chef Jerome Powell kritisierte. "Ich bin nicht davon begeistert, dass er die Zinsen erhöht. Nein, ich bin nicht begeistert", sagte Trump in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Die Fed solle sich zurückhalten und ihm "etwas helfen". Ungewöhnlich, so eine Einmischung eines US-Präsidenten. So was kennt man sonst nur von Bananenstaaten.
Ob dies wohl ein Thema sein wird beim jetzt stattfindenden jährlichen Fed-Symposium in Jackson Hole? Im Vorfeld stellte der Chef der Atlanta-Fed Raphael Bostic lediglich eine weitere Leitzinsanhebung für dieses Jahr in Aussicht - wenn überhaupt. Denn immerhin könnte, so Bostic, der jüngste Verfall der türkischen Lira oder der noch anhaltende Handelsstreit zwischen den Vereinigten Staaten und China jeglichen Zinserhöhungsspielraum schlicht zunichtemachen. Das ist mal eine Aussage! Auch wenn natürlich klar ist, dass Bostic sicher nicht für den gesamten Fed-Offenmarktausschuss gesprochen hat.
An der Börse bleibt es daher wohl bei einer gewissen Hängepartie. Auch wegen der November-Wahl in den USA. Allerdings zeigt eine Analyse, dass die Börsenmonate vor einer Halbzeitwahl seit den 60er-Jahren ohnehin meist unterdurchschnittlich ausfielen. "Diese traditionelle Kursschwäche lässt sich auf die Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen zurückführen. Gewöhnlich waren es aber gute Kaufgelegenheiten", sagt Lars Kreckel, Aktienstratege bei der Investmentgesellschaft Legal & General Investment Management.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com