Das fällt schon auf: Der Devisenmarkt bewegt den Aktienmarkt in diesem Jahr weit stärker also zuvor. Auf dem ganzen Globus. Beispiel DAX. Während der deutsche Leitindex in Euro gerechnet auf ein Plus von 26 Prozent kommt, sind es in der Starkwährung Dollar nur zehn Prozent. Anders herum hat der Dow Jones auf Dollarbasis in diesem Jahr nicht einmal zwei Prozent gewonnen, während man dort als Euro-Investor mittels Währungsgewinn 16 Prozent mitnehmen konnte.
Fakt ist: Schwache Währungen und starke Aktienmärkte gehen 2015 Hand in Hand. Das ist auch in Japan so, wo der Yen nach einer längeren Konsolidierungsphase gegenüber dem Dollar wieder zu schwächeln beginnt und der Nikkei-Index prompt neue Rekordstände erklimmt: Zuletzt gelang der Sprung über die 20 000-Punkte-Marke. Ähnlich ist das in den Euroländern, wo DAX, Euro Stoxx oder der französische CAC 40 steigen und steigen.
Auf Seite 2: Euro-Aktien und Yen-Aktien könnten besser abschneiden als Dollar-Aktien
Dass Euro-Aktien und Yen-Aktien besser abschneiden als Dollar-Aktien könnte weiterhin Bestand haben. Dies zeigt sich auch daran, dass es zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2007/2008 passieren könnte, dass die Gewinne der US-Unternehmen das zweite Quartal in Folge schlechter ausfallen als im jeweiligen Vorquartal.
Das ist durchaus bemerkenswert und findet vor allem in der US-Presse viel Widerhall, etwa in den Börsensendungen des TV-Senders CNBC. Dort macht seit Längerem schon das schlimme "E-Wort" die Runde (in Anlehnung an das ja noch viel schlimmere "F-Wort"). Für nicht Eingeweihte: Das "E" steht für "Earnings Recession". Ein Wortkonstrukt, das sich an den allgemeinen Rezessionsbegriff anlehnt. Frei nach dem Motto: Wenn schon amerikanische oder globale Wirtschaft insgesamt nicht in einer Rezession stecken, dann tun dies eben die Unternehmensergebnisse.
Auf Seite 3: Unterschiedliche Gründe
Das ist recht kreativ und ein Indiz für den bemerkenswerten Erfindungsgeist der Spezies Mensch. Aber es ist auch fragwürdig. Denn, ob das Gezeter darüber den Anlegern hilft oder nur der Einschaltquote besagter Börsensendungen - das sei mal dahingestellt. Jedenfalls sind die Gründe für das angeblich nun anstehende schlimme E-Ereignis recht schnell ausgemacht: nämlich Ölpreis, Wetter, US-Dollar. Zu schnell gefallen, zu lange frostig, zu schnell gestiegen. In genau dieser Reihenfolge. Mit unguter Wirkung für die Aktienkurse.
Allerdings sind die drei Gründe von unterschiedlicher Wertigkeit. Die ersten beiden sind wohl temporärer Natur. Der Ölpreis stabilisiert sich zusehends und das kalte Wetter, das ist nun wirklich vorbei. Geschenkt also. Bleibt der Devisenmarkt und die Gretchenfrage, wie lange der US-Dollar noch an Stärke gewinnt.
Auf Seite 4: Woran sich Anleger orientieren sollten
Die Meinungen darüber gehen auseinander. Begründet werden das Pro und das Contra klassischerweise mit der Zinsdifferenz zwischen Euro- und Dollarraum, die sich mal weiten, mal verengen soll. Gute Argumente gibt es für das eine wie das andere. Allerdings ist von einer echten Trendwende beim Dollar bisher nichts zu sehen, mehr als Konsolidierungen gab es nicht.
Und das ist letztlich die gute Nachricht, an der sich Anleger orientieren sollten. Solange der Trend zum starken Dollar intakt ist, so lange ist auch die Reihenfolge in der Welt-Börsenliga klar: Aktienmärkte in Regionen mit schwacher Währung werden weiterhin die Nase vorn haben. Gefährlich wird es wohl nur dann, wenn es zu einem "Abwertungswettbewerb" der Währungen innerhalb der OECD kommt. Aber danach sieht es derzeit nicht aus.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com