Social Trading - das Anlegen über Internetportale, die sozialen Netzwerken ähneln - ist auf dem Vormarsch. Ähnlich wie bei Facebook können Nutzer miteinander kommunizieren und ihre Kaufentscheidungen teilen. Per Mausklick können sie in das Depot anderer investieren oder deren Investments im eigenen Portfolio nachvollziehen. 2006 kamen die ersten Anbieter auf den Markt, heute sind es weltweit rund 25. Noch ist Social Trading eine Nische, doch der Trend dringt langsam in die traditionelle Geldanlage vor.
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Das Depot öffentlich machen
Doch wie funktionieren die neuen Plattformen? Bei Wikifolio etwa darf jeder Nutzer, ob Profi oder Privatanleger, ein eigenes Depot für Aktien, ETFs oder Derivate aufsetzen und es anderen zugänglich machen. Einzige Bedingung: Es muss eine Testphase von 21 Tagen überstehen und zehn Anleger überzeugen, ihm zu folgen. Dann legt die Handelsbank Lang & Schwarz, die an Wikifolio beteiligt ist, ein Zertifikat auf Basis des Depots auf.
So kann jeder die Papiere über seine Hausbank bei der Börse Stuttgart ordern. Strategien und einzelne Investments der Depots können über Kommentarfunktionen erklärt werden. Inzwischen stecken bei Lang & Schwarz rund 210 Millionen Euro in über 1200 Wikifolios. Die erfolgreichsten Depots wie jenes von der BÖRSE ONLINE-Schwesterzeitung €uro am Sonntag (siehe Investor-Info) sind mehrere Millionen Euro schwer. (Hier geht es zum Wikifolio-Depot von BÖRSE ONLINE: https://www.wikifolio.com/de/BODEPOT1)
"Das Vertrauen in die Banken und ihren provisionsgeprägten Vertrieb hat gelitten", sagt Wikifolio-Gründer Andreas Kern. "Die Unzufriedenheit mit den üblichen Formen der Geldanlage ist groß." Tatsächlich bieten einige Social-Trading-Portale mehr Transparenz als gängige Finanzprodukte. Während Fonds in der Regel nur zeitverzögert ihre größten Positionen veröffentlichen, sind in Onlineportfolios alle Werte jederzeit einsehbar. Ein Vorteil, sagt Jürgen Kurz, Sprecher beim Anlegerschutzverein DSW. "Wann sonst hat man die Möglichkeit, anderen Anlegern über die Schulter zu schauen?"
Dennoch sollte man nicht blindlings in ein Depot investieren, das hohe Gewinne abgeworfen hat. Die große Mehrheit der Social-Trading- Anbieter richtet sich nicht an gewöhnliche Anleger, sondern an spekulative Investoren. Auf einigen Plattformen kaufen Händler nicht direkt Währungen, Rohstoffe oder Aktien, sondern sogenannte CFDs. Mit diesen Derivaten kann man Einsätze hebeln und schnell Geld verdienen - oder verlieren. Wer solche Händler kopiert, holt sich daher große Risiken ins Depot. Oft stehen hinter den Portalen CFD-Broker, die am Handel mitverdienen. Das führt zu Interessenskonflikten, da sie in erster Linie an hohen Umsätzen interessiert sind (siehe Investor-Info).
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Zocken im Schwarm
So auch bei Etoro, dem Pionier und weltweit größten Social-Trading- Netzwerk, der selbst als Broker fungiert. Wer dort ein Konto anlegt, kann Investoren und ihren Strategien folgen und deren Investments automatisch und in Echtzeit ins eigene Depot kopieren. Rund 3,5 Millionen Anleger nutzen den Dienst, teils auch nur, um - ähnlich wie bei Börsenspielen - mit virtuellem Geld zu zocken. Das Risiko lasse sich über die Wahl des CFD-Hebels leicht begrenzen, maximal 20 Prozent des Geldes könne in einen Händler investiert werden, heißt es bei Etoro.
Ein ähnliches Konzept verfolgt Ayondo. Auf dem Portal können Anleger bis zu fünf Händler wählen, um deren Investments zu spiegeln. Neue Händler beginnen als "Straßenhändler" und erreichen frühestens nach einem Jahr die höchste Stufe eines "Institutionellen" - wenn sie immer strengere Kriterien erfüllen. Wer über 15 Prozent seines Kapitals einbüße, verliere einen Rang, sagt Vorstandsmitglied Sarah Brylewski. Die besten Händler seien meist ehemalige Profis.
Restriktiver ist man beim Brokerunabhängigen Portal United Signals. Wer hier Händler werden will, muss eine 100-tägige Zertifizierungsphase überstehen und darf dabei im Handel mit echtem Geld nicht mehr als 30 Prozent verlieren. "Nur rund jeder Fünfte schafft das", sagt Gründer Daniel Schäfer. Auch sei die Risikokontrolle streng, zum Beispiel gebe es automatische Verlustbegrenzungen. Über die Plattform lässt sich mit CFDs, aber auch mit klassischen Wertpapieren wie Aktien handeln. Zurzeit stünden 20 Strategien zur Auswahl, weitere würden geprüft.
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Die Gefahr der Herde
Risikolos ist das gemeinschaftliche Zocken aber nicht. Zwar können Anleger von erfahrenen Investoren profitieren, andererseits werden auf manchen Portalen Händler nach der Zahl ihrer Anhänger bezahlt - und gehen daher oft höhere Risiken ein, wie eine Studie der Ruhr-Universität Bochum zeigt. Auch die teils hohen Renditen im Netz täuschen: Viele Portfolios gibt es erst seit ein oder zwei Jahren, einen echten Börsencrash mussten sie also noch nicht überstehen.
Trotzdem können Investments auf Social-Trading-Plattformen als Beimischung sinnvoll sein - vorausgesetzt, Anleger verteilen ihr Kapital und nutzen Einstellungen zur Risikobegrenzung wie Stop-Loss-Orders. Mit CFDs sollten zudem nur sehr erfahrene Investoren handeln. Die Anlageentscheidung selbst, das heißt die Einschätzung von Renditechance und Risiko, kann einem allerdings keine Social-Trading-Plattform abnehmen. Sie bleibt nach wie vor dem Anleger überlassen. Oder wie DSW-Sprecher Kurz es ausdrückt: "Egal wie erfolgreich ein Händler ist: Anleger sollten nicht hinterherrennen wie die Lemminge."
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