Schneemangel, Gletscherschmelze, Klimawandel - der Winter ist zweifellos nicht mehr das, was er einmal war. Aber, und auch das steht außer Zweifel, es gibt ihn noch. Und es lässt sich immer noch gutes Geld mit ihm verdienen. Vorausgesetzt, man betreibt keinen Skilift im Mittelgebirge. Der Blick an die Börse ist da zweifellos lohnender. Auch wenn das zunächst überraschend sein sollte: Winteraktien sind keineswegs Schnee von gestern, sondern sie versprechen auch morgen noch gute Rendite.
Das Angebot ist allerdings nicht mehr so umfassend wie noch vor einigen Jahren. Vom Aktienmarkt verschwunden sind mittlerweile große Sportmarken wie Head oder Rossignol. Sie sind in Konglomeraten aufgegangen. Die Franzosen etwa fusionierten mit dem australischen Bekleidungs- und Snowboardhersteller Quiksilver, der dann prompt in die Insolvenz schlitterte. Die heutigen Besitzer sind institutionelle Investoren.
Das zeigt, dass die Schneebranche natürlich in Schwierigkeiten steckt. Donald Trump zum Trotz ist der Klimawandel eben keine Erfindung der Chinesen (und falls doch, eine durchschlagende). Wintersport ist allerdings auch eine ausgesprochen teure Angelegenheit. Die exorbitanten Kosten werden von Verbrauchern in Umfragen regelmäßig als größtes Hindernis eines Skiurlaubs genannt. Dennoch stellen sich 18 Prozent der Deutschen gern auf die Bretter - in der Alpenrepublik Österreich ist es mehr als die Hälfte.
Der Olympia-Effekt
Doch nur die wenigsten Unternehmen, deren Geschäft allein auf der kalten Jahreszeit basiert, kommen damit heute noch auf einen grünen Zweig. Diversifikation ist das Gebot der Stunde. An der Börse führen viele Branchenvertreter zudem eher ein Schattendasein. Allerdings ändert sich das regelmäßig vor sportlichen Großereignissen. Zum Beispiel den kommenden Olympischen Winterspielen vom 9. bis 25. Februar im südkoreanischen Pyeong-chang. So wie jetzt sehen dann viele Investoren auch mal wieder genauer hin.
Etwa auf Amer Sports. Zum Konzern mit Sitz in Helsinki gehören neben der Tennismarke Wilson diverse Kleidungs-, Rad- und Fitnessfirmen, aber auch die traditionsreichen Skihersteller Atomic und Salomon. Das Unternehmen gilt als eine der Erfolgsstorys Finnlands. Nach einer kleinen Wachstumsdelle ist es im zweiten Halbjahr 2017 wieder in die Wachstumsspur zurückgekehrt, "auf breiter Basis", wie Konzernchef Heikki Takala betont. Der Umsatz legte bis Ende September 2017 um zwei Prozent auf 1,8 Milliarden Euro zu. Das Gros der Analysten sieht die Aktie positiv. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 25,50 Euro. Zu bieten hat Amer zudem eine attraktive Dividendenrendite von 3,3 Prozent. Zu den Großinvestoren der Finnen zählt übrigens die Allianz.
Mit richtig großen Namen im Hintergrund kann der US-Bekleidungskonzern Columbia Sportswear ebenfalls aufwarten. Und die brachten in den vergangenen Monaten Bewegung in die Aktie. Nach den Fondsanbietern BlackRock und Vanguard stockte vor allem JP Morgan Chase zuletzt die Beteiligung auf. Die Bank investierte im dritten Quartal gut 100 Millionen Dollar und besitzt jetzt 2,56 Prozent an Columbia. Offenbar wittern die Investoren hier gute Geschäfte. In der Tat steigen Umsatz und Gewinn des in Portland angesiedelten Konzerns konstant. Im dritten Quartal übertraf die Firma, die auf einen jüdischen Textilfabrikanten aus Augsburg zurückgeht, der vor den Nazis geflohen war, die Erwartungen der Analysten mit einem Gewinn pro Aktie von 1,25 Dollar um zehn Cent. Es folgten mehrere Heraufstufungen und erhöhte Kursziele. Speziell für diesen Winter erwarten die Experten gute Zahlen.
Columbia-CEO Tim Boyle treibt die Diversifikation der Produktlinien voran. So hat er eine Kooperation mit Walt Disney vereinbart, die Columbia nun an der Vermarktung von Fanartikeln rund um die "Star Wars"-Filme beteiligt.
Auf Seite 2: Der Hochpreiseffekt
Der Hochpreiseffekt
Diversifikation, das ist auch das Stichwort für die französische Compagnie des Alpes. Das Unternehmen, das zu 42 Prozent in Staatsbesitz und im französischen Nebenwerte-Index CAC Small gelistet ist, betreibt elf große und bekannte Skigebiete: etwa Tignes, Les Arcs, Méribel oder Chamonix, dazu in Italien Courmayeur und in der Schweiz Verbier oder Saas-Fee. Das sind alles als schneesicher geltende Regionen im Mittel- und Hochpreissektor.
Schon Anfang der 2000er-Jahre erkannte das Management jedoch, dass die Konzentration auf Ski ein brisantes Geschäft werden könnte. Daher wurde ein zweites Standbein für die Compagnie geschaffen: Freizeitparks. Nicht nur in der Heimat wie der Parc Asterix nördlich von Paris, der jährlich 1,8 Millionen Besucher anzieht, sondern auch in Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und in Deutschland mit dem Panorama-Park im Sauerland. 13 Anlagen sind es insgesamt. Zumindest für Aktionäre hat sich das gelohnt. Auf Sicht von zwölf Monaten hat der Titel um 50 Prozent zugelegt, und es sollte weiter aufwärtsgehen.
Nach wie vor Fantasie verleiht Compagnie des Alpes ein möglicher Investor aus China. Das Konglomerat Fosun, dem unter anderem der Reiseveranstalter Club Med angehört, verhandelt schon länger mit den Franzosen über eine Beteiligung. Fosun-Vizepräsident Jim Qian bekundete erst kürzlich das anhaltende Interesse: "Für Compagnie des Alpes wäre es eine gute Möglichkeit, nach China zu expandieren und gleichzeitig chinesische Kundschaft in ihre europäischen Skigebiete zu bringen."
Gute Erfahrungen mit asiatischer Kundschaft hat die Jungfraubahn-Gruppe gemacht. Vor allem die Nachfrage aus Fernost hat dem Geschäft der Schweizer im ersten Halbjahr 2017 einen Zuwachs von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum beschert, und das, obwohl das Geschäft mit Skitouristen leicht zurückgegangen ist. Doch das Interlakener Unternehmen betreibt die Touristenmagneten Jungfraubahn sowie die Berner Oberlandbahn. Die Aktie hat zwar auf Zwölfmonatssicht um knapp ein Viertel zugelegt, der Handel ist hierzulande jedoch sehr markteng und daher nicht ohne Risiko.
Ähnlich sieht es mit der in Zermatt angesiedelten BVZ Holding aus. Auch diese Aktie konnte um ein Viertel zulegen, wird allerdings kaum gehandelt. Die Bahngesellschaft hat als Zielgruppe in erster Linie Touristen im Visier, und das sommers wie winters. Zu ihr gehören die Matterhorn Gotthard Bahn, die Zahnradbahn auf den Gornergrat und der Glacier Express.
Das Highlight in Sachen Wintersport ist aus Börsianersicht aber ohne Zweifel Vail Resorts. Die Aktie zählt zu den trendstärksten US-Papieren überhaupt. Seit Jahren geht es schnurgerade bergauf. Seit der ersten Besprechung in BÖRSE ONLINE in Heft 15/2015 hat sich der Wert verdoppelt. Und er scheint noch lange nicht am Gipfel angekommen zu sein.
Die Company mit Sitz in Broomfield, Colorado, betreibt 15 bekannte Skigebiete, darunter eins in Australien und eins in Kanada. Der Rest liegt in den USA, vor allem in den wegen ihrer Höhe schneesicheren Rocky Mountains. Die bekannten Resorts Vail, Beaver Creak, Keystone, Lake Tahoe und Park City gehören dazu. Daneben besitzt der Konzern diverse Luxushotels der Kette Rock Resorts, die er 2001 der Familie Rockefeller abgekauft hat. Und er ist auch noch im Immobilien- und Grundstücksmarkt aktiv.
Vail Resorts zeichnet aus, dass auch für Europäer eine Reise zum berühmten Champagne Powder in den Rocky Mountains erschwinglich geworden ist - ein Trip in die USA kostet heute etwa so viel wie ein Skiurlaub in der Schweiz. Die Vorverkäufe an Skipässen für diesen Winter sind jedenfalls um 14 Prozent gestiegen. Man erwartet bis April eine gute Saison - und wieder mal blendende Geschäfte im Schnee.