Der Spezialist für den elektronischen Zahlungsverkehr könnte seine mittelfristigen Wachstumsziele übertreffen - zu diesem Schluss kommt HSBC-Analyst Antonin Baudry angesichts der Gebühren, die Wirecard für jede Transaktion bekommt. Diese sogenannte Take Rate sei im ersten Halbjahr robuster gewesen als von dem TecDAX-Unternehmen selbst angenommen, erklärte der Experte. Er schraubte seine Gewinnerwartungen nach oben und hob das Kursziel von 160 auf 235 Euro an. Angesichts eines Kurspotenzials von mehr als 40 Prozent bestätigte er sein Kaufvotum.
Mit dem 235-Euro-Ziel ist Baudry der mit Abstand optimistischste der seit Mai im dpa-AFX-Analyser erfassten 16 Analysten. Allerdings haben erst wenige auf die Ende Juli vorgelegten Eckdaten für das zweite Quartal reagiert. Viele dürften die Vorlage der endgültigen Zahlen Mitte August abwarten, bevor sie ihre Bewertungsmodelle anpassen.
Das deutlich gestiegene operative Ergebnis (Ebitda) im zweiten Quartal habe seine Schätzung übertroffen, schrieb Baudry. Die robuste Entwicklung der Take Rate des ersten Quartals habe sich wohl fortgesetzt. Dabei profitiere Wirecard von der Einführung datengetriebener Dienstleistungen rund um die eigentlichen Zahlungen.
Wirecard gewinne Anteile in dem schnell wachsenden Markt für Online-Bezahlung. Dieser wachse stark dank des beständig zunehmenden Online-Handels und der größeren Bedeutung von Transaktionen über Grenzen hinweg. Dabei könnten Echtzeit- und Vorhersage-Lösungen Wirecard die Möglichkeit bieten, die Gebührenhöhe zu halten.
Für Wirecard läuft es schon länger glänzend. Im bisherigen Jahresverlauf stehen die Aktien mit einem Plus von 77 Prozent auf dem zweiten Platz der TecDax-Rangliste. Sollten sie - wie von Index-Experten für möglich gehalten - im September in den deutschen Leitindex Dax (DAX 30) aufsteigen, würden sie diesen beim Kursgewinn mit großem Abstand anführen.
Der Konzern profitiert schon seit geraumer Zeit - wie die gesamte Branche - vom Trend zu bargeldlosem Zahlen: Binnen zehn Jahren hat sich der Wert der Aktien um rund 3000 Prozent gesteigert. Dellen im Chart wie während der Weltfinanzkrise oder der Attacke von Leerverkäufern im Jahr 2016 waren dabei im Nachhinein nur kurze Rücksetzer.
Mittlerweile bringt es Wirecard auf einen Börsenwert von 20,4 Milliarden Euro. Damit ist der Konzern fast doppelt so viel wert wie die Commerzbank und knapp 2 Milliarden weniger als die Deutsche Bank. Sollte Wirecard in den Dax aufsteigen, müsste denn auch vermutlich die Commerzbank ihren Platz räumen./mis/men/she