Hinter den Vorwürfen steckten womöglich persönliche Animositäten zwischen zwei Mitarbeitern in Singapur. "Zwischen Menschen passiert so etwas", gab sich Braun gelassen. Die in der vergangenen Woche um 35 Prozent abgestürzte Aktie des Unternehmens aus Aschheim bei München erholte sich am Montag um rund 20 Prozent.

Mit dem öffentlichen Auftritt Brauns vor Analysten und Journalisten reagierte das seit Herbst im Leitindex Dax gelistete Unternehmen auf den dramatischen Kurssturz. Dieser war durch zwei Berichte der "Financial Times" ausgelöst worden, in dem die Vorwürfe des vorgeblichen internen Hinweisgebers unter Berufung auf eine Präsentation von Rajah & Tann als Tatsachen dargestellt wurden. Wirecard hatte die Berichte von Anfang an als irreführend und falsch bezeichnet, war damit am Finanzmarkt aber weitgehend auf taube Ohren gestoßen. "Es gibt keinerlei Risiko. Wir mussten in der Buchhaltung keinerlei Korrekturen oder Anpassungen vornehmen", sagte Braun dem "Handelsblatt".

Braun sagte, er wolle sich so schnell wie möglich wieder auf das operative Geschäft konzentrieren. "Ich glaube, wir können bald wieder normal an die Arbeit gehen." Dass von den Negativ-Schlagzeilen etwas bei den Kunden hängen bleibe, glaube er nicht.

"UNBEGRÜNDET. PUNKT."



Die Affäre ausgelöst hatte nach Darstellung von Wirecard ein Mitarbeiter in Singapur. Dieser habe im April 2018 gegenüber der Rechtsabteilung anonym Bedenken wegen eines möglichen Verstoßes eines Kollegen aus der Finanzabteilung gegen die Vorschriften zur guten Unternehmensführung (Compliance) bei der Bilanzierung geäußert. Die "FT" hatte von Falsch-Buchungen und mutmaßlichen Fälschungen von Dokumenten geschrieben. Dabei ging es laut Wirecard nur um Umsätze von knapp sieben Millionen Euro - über einen Zeitraum von 2015 bis 2018. In einer internen Überprüfung der Vorwürfe habe sich herausgestellt, dass diese unbegründet seien. "Punkt", sagte Braun.

Trotzdem habe die Compliance-Abteilung eigenständig eine externe Untersuchung bei Rajah & Tann in Auftrag gegeben. Die Kanzlei habe den Hinweisgeber nach einem Gespräch zunächst für glaubwürdig gehalten und daraufhin Mitte Mai 2018 den Auftrag erhalten, der Sache genauer auf den Grund zu gehen. Bisher hat sie aber keinen Beleg für die Vorwürfe gefunden, wie sie Wirecard selbst mitteilte. "Das ist alles", sagte Braun. Mehr könne daher auch nicht ans Licht kommen. Wenn der Schlussbericht der Kanzlei vorliege, werde ihn Wirecard auch veröffentlichen.

Wirecard behält sich Braun zufolge rechtliche Schritte gegen die Zeitung und den Autor der Texte vor. Die Rechtsabteilung prüfe das. Jedenfalls sei es ungewöhnlich, dass die Wirecard-Aktie so schnell so heftig reagiert habe. "Wir haben gute Chancen, dass die Behörden herausfinden, was wirklich passiert ist."

Wirecard war vor dem Einzug in den Dax mehrfach Zielscheibe von Vorwürfen rund um seine Bilanzen, die die Aktie zeitweise einbrechen ließen. Bereits vor einigen Jahren wurden frühere Führungskräfte der Aktionärsvereinigung SdK wegen Marktmanipulation verurteilt. Gegen den Herausgeber einer unter dem Firmennamen "Zatarra" veröffentlichten Publikation, die dem Unternehmen betrügerische Machenschaften vorgeworfen hatte, ist in München ein Strafbefehlsverfahren anhängig. Auch über dessen Vorwürfe, von denen Leerverkäufer von Wirecard-Aktien massiv profitierten, hatte zuerst die "Financial Times" berichtet. Auch vor der neuen Veröffentlichung wurde ein deutlicher Anstieg der Leerverkaufs-Positionen bei Wirecard festgestellt, mit denen die Investoren von einem Kursverfall profitieren.

rtr