Der Zahlungsabwickler Wirecard hat am Mittwoch eingeräumt, dass die Wirecard-Tochtergesellschaft in Singapur kein Testat für den Jahresabschluss 2017 erhalten hat. Hintergrund seien die laufenden Ermittlungen in dem Land. Dadurch sei den lokalen Wirtschaftsprüfern der Zugang zu Dokumenten verwehrt gewesen, ein abschließendes Testat habe es deshalb nicht gegeben. Der lokale Abschluss sei jedoch im Rahmen der Möglichkeiten ordentlich geprüft worden, teilte Wirecard mit.

Zuvor hatte das "Handelsblatt" berichtet, die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY) hätten das Testat verweigert. "Wir können weder die Angemessenheit, Vollständigkeit und Richtigkeit des Jahresabschlusses feststellen, noch können wir den Umfang möglicher Anpassungen abschätzen, die in Bezug auf den Jahresabschluss der Gesellschaft erforderlich sein könnten", hatte die Zeitung die Wirtschaftsprüfer zitiert.

Die Wirecard-Aktie reagierte vorbörslich mit einem Kurseinbruch. Bei Lang & Schwarz lagen die Titel zeitweise um acht Prozent im Minus.

Einschätzung der Redaktion:


Wirecard muss bei der Aufklärung der Bilanzfälschungs-Vorwürfe Tempo machen, dass hat der heutige Vorgang erneut gezeigt. Solange die Ungereimtheiten nicht geklärt sind, bleiben Zweifel am Zahlenwerk des Zahlungsdienstleisters - und die Aktie angreifbar.

Immerhin hat der Konzern Ende Oktober erstmals eine externe Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfer der KPMG zugelassen. Das war ein erstes klares Signal an die Investoren, dass das Unternehmen die Vorwürfe ernst nimmt und bereit ist, sie aufzuklären. Offen ist aber, wie lange dieser Prozess dauert, was am Ende dabei herauskommt, und welche Konsequenzen Wirecard-Chef und Gründer Markus Braun am Ende daraus zieht. Zumindest hat Braun aber offenbar erkannt, dass er handeln muss.

Die Wirecard-Aktie bleibt deshalb weiterhin ein hochriskantes Investment mit hohem Rückschlagpotenzial. Die operative Geschäftsentwicklung wird vom Unternehmen dabei weiterhin als ausgesprochen positiv dargestellt. Wirecard baut sein Geschäft international massiv aus und dringt mittlerweile auch stärker ins Privatkundensegment vor. Wer auf diese Perspektiven setzen will und keine Scheu vor Kursturbulenzen hat, könnte das aktuelle Kursniveau zum Einstieg nutzen. Generell ist aber zu empfehlen, die Klärung der Vorwürfe abzuwarten.


Empfehlung: Halten
Ziel: 140
Stopp: 100