Waren in den vergangenen Jahren nur ein paar Hundert Anteilseigner bei der Wirecard-Hauptversammlung erschienen, waren es dieses Jahr erstmals rund 1500 - es ist das erste Aktionärstreffen des Zahlungsabwicklers seit dem DAX-Aufstieg im vergangenen Herbst. Die Wirecard-Aktie war 2018 angesichts boomender Geschäfte mit Online-Zahlungen zwar größter Gewinner im Dax. Der Kurs stürzte aber wiederholt ab, als Medienberichte über angebliche Bilanzfälschungen in Singapur und über undurchsichtige Geschäftspartner im Ausland die Runde machten. Wirecard hat die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. Eigene Untersuchungen hätten ergeben, dass es zwar Qualitätsmängel gegeben habe, aber keine vorsätzliche Manipulation.
14.03 Uhr - Wirecard-Chef gewinnt Aktienkurseinbrüchen positive Seiten ab
"Ich darf hier ja nichts empfehlen. Aber grundsätzlich sind volatile Situationen ja gute Einstiegspunkte", sagt Braun als Reaktion auf den Unmut von Aktionären über den stark schwankenden Aktienkurs.
12.44 Uhr - Aktionäre kritisieren Wirecard für Umgang mit Singapur-Affäre
Wegen der Affäre um Unregelmäßigkeiten in Singapur muss Wirecard scharfe Kritik von Aktionären einstecken. Der Zahlungsabwickler habe die in Medienberichten erhobenen Vorwürfe unzureichend aufgeklärt, bemängelten Redner auf der Hauptversammlung am Dienstag in München. "Zu wenig Transparenz, sowohl im Geschäftsmodell als auch in der Kommunikation", sagte Fondsmanager Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka. "Der einstige Hoffnungsträger Wirecard ist zum Spielball der Märkte geworden." Speich sprach von "Chaostagen in Aschheim", dem Firmensitz am Stadtrand von München.
"Man benimmt sich immer noch so, als wäre man ein Startup, obwohl man inzwischen ein Dax-Unternehmen ist", sagte die Vizechefin der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Daniela Bergdolt. Wirecard habe viel Vertrauen verspielt. "Es reicht nicht, wie ein trotziges Kind mit dem Fuß aufzustampfen und zu behaupten, ich war es nicht, ich hab nichts getan." Sie werde gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat stimmen.
"Die vergangenen Quartale haben deutlich gemacht, dass Wirecard ihre Kapitalmarktkommunikation deutlich verbessern muss", sagte Nicolas Huber von DWS, dem Fondsanbieter der Deutschen Bank. Er werde Vorstand und Aufsichtsrat nur mit der Maßgabe entlasten, dass beide Gremien Führungsstrukturen und Transparenz verbesserten, sagte Huber vor rund 1500 Aktionären
10.30 Uhr - Auftritt von Vorstandschef Markus Braun
Vorstandschef Markus Braun hält seine Rede nicht am Pult, sondern freistehend - wie eine Präsentation vor Kunden. Es gibt auch kein Manuskript. Es geht um Wirecard, um die Produkte, die Absatzkanäle und Händler, um das Unternehmen an der Schnittstelle von Technologiekonzern und Bank. "Wir bleiben ein Tech-Konzern - trotz Banklizenz", sagt Braun. Es ist eine technische Rede, mit der Kernbotschaft: Wirecard ist ein Innovationsführer in der Branche. Auf Zahlen geht er kaum ein, dafür nennt er künftige Wachstumsbereiche des Zahlungsabwicklers: Fahrdienstleister, Stromaufladung von Elektrofahrzeugen. Auch Versicherungen setzten verstärkt auf digitale Zahlungsabwicklung. "Wir konnten aber auch erfolgreich in den Bereich Kreuzfahrtschiffe einsteigen."
Der Wirecard-Chef wendet sich dem neuen japanischen Partner Softbank zu, der über eine Wandelschuldverschreibung 900 Millionen Euro in Wirecard investiert hat. Softbank soll den Weg zu neuen Partnerunternehmen wie Uber ebnen, aber auch Geschäftslücken in Japan und Südkorea schließen.
Dann greift Braun schließlich auch das Thema Compliance und Risikomanagement auf. Der Zahlungsabwickler war in den vergangenen Monaten Gegenstand heftiger Vorwürfe, es soll gravierende bilanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben haben, insbesondere im Asiengeschäft. Den Aktienkurs hat das schwer gebeutelt. Im Gegensatz dazu sieht Braun Wirecard offenbar richtig aufgestellt: Mit dem Erwerb einer Vollbank-Lizenz habe man sich bereits 2008 in einen engen regulatorischen Rahmen begeben. Er bezeichnet diesen Bereich als Stärke von Wirecard. "Wir sind in der Lage, weltweit im Kernbereich der Händlerakzeptanz und Ausgabe von Karten alle regulatorischen Rahmenbedingungen einzuhalten."
Zur Volatilität des Aktienkurses sagt der Wirecard-Chef: "Wir sehen das alles im spekulativen Raum." Die Vorwürfe hätten sich nicht bewahrheitet. "Aus unserer Sicht gab es keine Compliance-Verstöße. Es gab lediglich vereinzelte "Schwächen", etwa eine Fehlbuchung im unteren einstelligen Millionenbereich. "Daran sehen Sie schon: das waren Qualitätsmängel, keine Verstöße".
Es folgt noch ein Ausblick auf die Geschäftsentwicklung, mit der angehobenen Umsatz- und Ergebnisprognose für 2019.
Als sich Braun bei den Aktionären bedankt und seine Rede beendet, verabschieden ihn die Aktionäre dann doch mit Applaus vom Podium, etwa 15 Sekunden Beifall spendieren sie ihm.
09:58 Uhr - Generalabrechnung, knallrote Schleife, Hoffnungsschimmer
Gerade füllt sich die Halle C6 an der Messe München mit Wirecard-Aktionären. Vorstandschef Markus Braun wird seine Rede gegen 10.30 Uhr beginnen, die Frage-Antwort-Runde startet gegen 11.30 Uhr. Immer neue Betrugsvorwürfe und in der Folge Kursturbulenzen haben die vergangenen Monate geprägt. Zuletzt hatte sich der Kurs erholt, aber viele Aktionäre trauen dem Frieden nicht. "Ich bin Aktionär der ersten Stunde bei Wirecard, seit Anfang der 2000er dabei. ", sagt einer der HV-Teilnehmer. "Ich bin immer noch da, und hoffe, dass sich die Kurs-Erholung fortsetzt."
Im Foyer gibt die Sprecherin der Aktionärsvereinigung DSW, Daniela Bergdolt, bereits erste Interviews. "Ich glaube, viele Aktionäre wissen noch immer nicht, was Wirecard eigentlich genau macht", sagt sie in die Kameras. "Der Vorstand sollte sich heute Mühe geben, das Geschäftsmodell einmal richtig zu erklären". Der Einstieg des japanischen Technologiekonzerns Softbank über eine Wandelschuldverschreibung sei aber ein Vertrauensbeweis. Bergdolt trägt um den Hals eine Schleife - ihr Erkennungsmerkmal und gleichzeitig ein Farbcode: Heute ist die Schleife knallrot mit kleinen gelben und blauen Punkten. Rot soll signalisieren, dass sie mit der Arbeit des Vorstands und des Vorstandschefs Markus Braun nicht zufrieden ist. Die Pünktchen in blau und gelb sollen zeigen, dass sie dem Unternehmen trotzdem Perspektiven zutraut, wie sie erklärt.
Mit Material von Reuters