Briten lieben es zu wetten. Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass Contracts for Difference (CFDs), auch Differenzkontrakte genannt, ihren Ursprung in Großbritannien haben. Mit ihnen setzen Anleger mit hohen Hebeln auf steigende oder fallende Kurse von Aktien, Indizes, Währungen oder Rohstoffen. Die Chancen, aber auch die Risiken sind hoch. Werden hohe Hebel eingesetzt, ähneln sie durchaus Wetten.

Entstanden sind sie in England, da sie es den Briten in den 90er-Jahren ermöglichten, die Stempelsteuer auf Aktien zu umgehen. Bei CFDs fiel diese Abgabe nicht an. Das löste den Siegeszug der CFDs aus. Zudem nutzten viele Hedgefonds CFDs, um sich an Firmen zu beteiligen. Denn bis 2009 waren sie anders als Aktienkäufe nicht meldepflichtig.

Inzwischen haben die Papiere die Insel verlassen und sich auch in anderen Ländern als populäres Anlageinstrument etabliert - besonders in Australien, Deutschland, Frankreich und Singapur. Nicht dagegen in den USA. Die Finanzaufsichtsbehörde SEC erlaubt keinen außerbörslichen Handel - ausgenommen mit Devisen. Eine große Rolle dürfte spielen, dass die einflussreiche US- Terminmarkt-Lobby sich Konkurrenz vom Hals halten will.

Derzeit sind neue Märkte im Visier der Anbieter. Russen mögen Devisen- CFDs. Auch Südamerika, die Türkei und Hongkong versprechen Umsatz. Die mit Abstand aktivsten CFD-Händler gibt es aber in Großbritannien. Im vergangenen Jahr gaben dort nach einer Studie der auf den Finanzmarkt spezialisierten Marktforschungsgesellschaft Investment Trends 106 000 Personen eine CFDOrder auf. 43 000 waren es in Deutschland, 41 000 in Australien, 19 500 in Frankreich und 17 000 in Singapur.

Der deutsche Markt ist seit 2006 stark gewachsen. Inzwischen beträgt das Handelsvolumen 1,1 Billionen Euro. Das entspricht fast dem Volumen in Großbritannien 2011. "Der deutsche Markt hat in den vergangenen Jahren im internationalen Vergleich stark aufgeholt", sagt René Diehl, Vorstandschef des deutschen CFD-Branchenverbands.

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Konkurrenz zu Hebelzertifikaten

Der Erfolg hierzulande hat andere Ursachen als in England. Optionsscheine und Hebelzertifikate sind schon lange beliebte Produkte. CFDs richten sich an dieselbe risikobereite Anlegergruppe. Da sie in der Regel preisgünstiger zu erwerben sind, eine breitere Auswahl bieten und Echtzeithandel ermöglichen, wechselten viele deutsche Investoren zu Differenzkontrakten. Inzwischen ist das CFD-Handelsvolumen fast so hoch wie das von Optionsscheinen und Hebelzertifikaten.

2013 stagnierte jedoch laut Investment Trends die Zahl der Trader in Deutschland. In Australien fiel sie sogar um sieben Prozent, in Großbritannien ebenfalls im unteren zweistelligen Bereich. Besonders hohe Einbrüche gab es in Singapur mit 23 Prozent Minus. Frankreich erlebte dagegen mit einem Zuwachs an aktiven Tradern von 22 Prozent in den Jahren 2012 und 2013 einen fulminanten Aufschwung. Während in Deutschland, England und Australien Sättigungstendenzen nach dem Boom der Grund für das Nachlassen der Begeisterung bei den Investoren sein dürfte, hat das kräftige Plus in Frankreich und der Einbruch in Singapur regulatorische Ursachen.

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Einfluss der Regulierung

Die Einführung der Finanzmarkt- Transaktionsteuer auf Aktiengeschäfte von 0,2 Prozent im August 2012 hatte dazu geführt, dass CFDs stark nachgefragt waren, da sie von dieser Abgabe befreit sind. Experten schätzen, dass das Handelsvolumen seit Einführung der Steuer um etwa 20 Prozent angezogen hat, während es sich bei Aktientransaktionen um zehn bis 15 Prozent verringert hat. "Die Umsatzzahlen aus Frankreich zeigen, welchen Einfluss politische Entscheidungen auf den Finanzmarkt haben. Eine nicht global eingeführte Transaktionsteuer wird den Anlegern und der Volkswirtschaft des jeweiligen Landes eher schaden als nutzen", sagt Jens Kleine, Leiter des Marktforschungsinstituts Steinbeis Research.

In Singapur führte Regulierung genau zum gegenteiligen Effekt wie in der Grande Nation. Anleger, die CFDs handeln wollen, müssen ihre Qualifikation dafür nachweisen. Für Anfänger ist es schwer, diese Bestätigung zu erbringen, was zum massiven Rückgang der Traderzahlen geführt hat. In Japan und Israel verringerten sich die Traderzahlen ebenfalls kräftig, da erheblich mehr Kapital hinterlegt werden muss. Auch andere Staaten beäugen CFDs misstrauisch, da sich in der Branche viele schwarze Schafe tummeln und die Transaktionsströme vorwiegend an den Börsen vorbeilaufen, das heißt größtenteils im Over-the- Counter-Market (OTC), dem unregulierten außerbörslichen Markt, erfolgen. Geschätzt wird, dass 80 bis 90 Prozent der Transaktionen weltweit im OTC-Markt stattfinden.

Der Börsenhandel hat sich bei Differenzgeschäften nicht durchgesetzt - mit zwei Ausnahmen: Australien und Afrika. Auf diesen beiden Kontinenten gibt es gelistete CFD-Produkte. Das hat den Vorteil, dass Trades von einer Handelsüberwachung kontrolliert und von einer unabhängigen Institution abgewickelt werden. Das Nutzen der Börseninfrastruktur macht die Orders aber teurer, weshalb Spekulanten lieber den günstigeren OTC-Weg wählen. In Down Under sind derzeit fast 70 CFDs an der Börse notiert. Der Großteil bezieht sich auf Einzelaktien und Aktienindizes. Die Produkte werden von den Anlegern gut angenommen. In der Bourse Africa auf Mauritius sind nur fünf CFDs auf Edelmetalle, Öl und Devisen gelistet. Der tägliche Umsatz ist bisher bescheiden.

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Börsenhandel verworfen

In London und an der Börse Euwax in Stuttgart gab es ebenfalls Überlegungen, den Börsenhandel mit CFDs einzuführen. Die Euwax nahm davon Abstand. Die offizielle Begründung war, dass das regulatorische Umfeld schwierig sei. Insider vermuten eher ökonomische Motive. Der Aufbau der Infrastruktur für den CFD-Handel wäre teuer, die Kosten flössen bei den margenschwachen Produkten erst nach vielen Jahren zurück.

In Großbritannien lag es daran, dass dort der außerbörsliche Handel bei CFDs die dominierende Rolle spielt. Zudem können Anleger auch über alternative private Börsensysteme wie zum Beispiel Bats und Chi-X ordern. Der dritte Weg ist der über sogenannte Direkt-Market-Access- CFDs. Über DMA haben Kunden über einen Broker direkten Zugang zum Orderbuch von liquiden Handelsplätzen. Hier werden anhand der Börsenpreise die Kurse der Differenzkontrakte gestellt und eins zu eins übernommen. Die Kurse für DMA-CFDs werden somit zwar an der Börse ermittelt, es ist aber kein direkter Börsenhandel.

Im Unterschied dazu stellt der Broker beim außerbörslichen OTCHandel selbst die Kurse und sorgt so für Liquidität in seinen CFDs. Er orientiert sich bei der Preisstellung zwar an den Börsenkursen, aber seine CFD-Preise können davon abweichen. Die Kunden sind damit abhängiger von ihren Brokern, als das bei DMA oder alternativen Börsensystemen der Fall ist. Trotzdem konnten außerhalb Großbritanniens im CFD-Handel bisher weder private Börsenanbieter noch DMA nennenswerte Marktanteile gewinnen - wahrscheinlich wegen der höheren Kosten für Anleger.

Die Investoren verteilen sich in den meisten der genannten Staaten auf verschiedene Broker. Nur in England hat der Anbieter IG Markets mit 34 Prozent Marktanteil eine Vormachtstellung. In Singapur beherrschen Phillip CFD, CMC Markets und IG Markets mit zusammen 63 Prozent Marktanteil den Sektor. Anders sieht es in Frankreich, Australien und Deutschland aus, wo kein Anbieter dominiert.

Da in den etablierten Märkten das Wachstum nachlässt, wird es wohl künftig zu einer Konzentration der Anbieter kommen. Wachstumschancen bestehen dagegen in den Emerging Markets, besonders in Asien. Auch künftig werden regulatorische Änderungen großen Einfluss auf den CFD-Sektor ausüben - ebenso wie beispielsweise mobiles Handeln, Social Trading und technische Innovationen.

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