Wer sein Geld in Wohnungen investiert, ist damit offenbar auch in Zeiten einer Pandemie auf der sicheren Seite. Hatten diverse Immobilienexperten im April noch höchst unterschiedliche Prognosen dazu abgegeben, wie sich die in den angesagten Städten schon seit vielen Jahren gestiegenen Kaufpreise in diesem Jahr entwickeln würden, herrscht mittlerweile Einigkeit. Das Herbstgutachten der sogenannten Immobilienweisen kommt zu dem Ergebnis: Die Wohnungspreise in den begehrten Städten sind weiter gestiegen und sie werden weiter steigen.
Dem vom Lobbyverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) herausgegebenen Gutachten zufolge, dessen Wohnkapitel das Analysehaus Empirica verfasste, legten die Preise für Bestandswohnungen von Mitte 2019 bis Mitte 2020 im Schnitt um zwölf Prozent zu, allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 6,2 Prozent. Nach Krise oder gar platzenden Preisblasen klingt das alles nicht.
Harald Simons, Vorstand von Empirica, nahm gegenüber BÖRSE ONLINE all seine jüngeren Prognosen zu fallenden Wohnungspreisen in den populären Städten zurück. Er halte die Preise in Städten wie Berlin, Frankfurt oder München zwar weiterhin für überzogen, aber er stelle fest, "dass es in den Städten einfach so weitergeht wie vor Corona". Als Erklärung nennt er die niedrigen Zinsen, die Wohninvestments weiterhin begünstigten.
Daran änderten auch die 7,5 Prozent der Haushalte nichts, die infolge der Pandemie nennenswerte Einkommenseinbußen zu verkraften hätten. Simons sieht die Zinsen auch die nächsten zehn Jahre im Keller verharren. Das spreche für weiter steigende Wohnungspreise. Gute Nachrichten also für diejenigen, die ihr Kapital in Wohnungen angelegt haben.
Bei den Mieten stellt Simons beim Vergleich der Zahlen von Mitte 2020 mit denen von Mitte 2019 im bundesweiten Mittel zwar keinen nennenswerten Anstieg mehr fest. Doch in den sieben größten Städten, also Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart, zogen die Mieten allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres im Schnitt um drei Prozent an - und damit sogar noch etwas stärker als im ersten Halbjahr 2019.
Cloppenburg und München vorn
Hans Volkert Volckens, Immobilienchef bei der Beratungsgesellschaft KPMG in München und ZIA-Steuerexperte, spricht bei Wohnimmobilien von einem Markt, der vom Corona-Lockdown und der nach wie vor schwachen Wirtschaft abgekoppelt sei. Das heißt, auch er sieht keinen Druck auf Preise und Mieten. Jedenfalls bislang nicht.
Im nächsten Jahr könne das jedoch anders werden. "Wenn dann aus Kurzarbeit für viele Leute Arbeitslosigkeit werden sollte, bekommen wir das bezahlbare Wohnen als großes Wahlkampfthema", sagte er auf dem jüngsten Platowforum Beteiligungen in Frankfurt am Main. Wenn nicht genug Wohnungen gebaut würden, werde es noch mehr Regulierung geben als mit der Mietpreisbremse ohnehin schon.
Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), das die Daten für den Postbank Wohnatlas liefert, lehnt sich besonders weit aus dem Fenster. In mehr als der Hälfte der 401 deutschen Kreise und Städte könnten Wohnungsbesitzer bis 2030 mit weiteren Wertzuwächsen rechnen, sagen sie, und zwar real. Also inflationsbereinigt. Besonders stark sollen die Wertsteigerungen im Großraum München und im niedersächsischen Kreis Cloppenburg ausfallen. Dort erwarten die HWWI-Experten in den nächsten zehn Jahren jährliche Preiszuwächse um mindestens zwei Prozent. Städte wie Heilbronn und Potsdam liegen dicht dahinter.
Bei aller Euphorie von Anlegern über die Chance auf Wertzuwächse: Der Berliner Wohnungsprivatisierer Accentro rät Interessenten zu Vorsicht. "Schauen Sie sich das Objekt mindestens einmal an", sagt Vorstand Lars Schriewer. Also nicht einfach nur Renditezahlen mit einer Drei oder Vier vor dem Komma studieren und kaufen, sondern sich vor Ort ein Bild machen und insbesondere darauf achten, dass es an dem Standort viele einigermaßen sichere Jobs gibt. Schriewer: "Das erhöht die Chance, dass die Miete auch langfristig nicht ausfällt."