Einen bundesweiten Mietendeckel wollen nur die Linken. Doch auch die Grünen streben nach stark fallenden Mieten, über einen Umweg. Von Bernhard Bomke
Als am 15. April 2021 bekannt wurde, dass das Berliner Mietendeckel- Gesetz nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gegen das Grundgesetz verstößt, atmeten viele Vermieter zunächst auf. Doch die Ruhe währte nicht lange. Der Grund: Das Gericht begründete seine Entscheidung nicht mit Inhalten des Deckel-Gesetzes, wozu ein Mietenstopp, fixe Obergrenzen und Mietsenkungen gehörten, sondern einzig mit der fehlenden Zuständigkeit des Landes Berlin.
Der Bund habe das Mietpreisrecht "abschließend geregelt", befand es. Nun geht die Sorge um, nach der Bundestagswahl könnte eine neue Regierung einen bundesweiten Mietendeckel einführen. Dafür spricht jedoch nichts.
Ein Blick in die vorläufigen Wahlprogramme von SPD, Grünen und Linkspartei, also der Parteien, von denen viele Vermieter weitere Mietrechtsverschärfungen befürchten, offenbart: Einen Mietendeckel, wie es ihn in Berlin gab, wollen nur die Linken.
Die SPD tritt nicht mit dem Plan eines Mietendeckels an, sondern will "in angespannten Wohnlagen ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium einführen". Konkret: "Für eine bestimmte Zeit" sollen Mieten dort "nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden". Zur Einordnung: Die lag im April bei zwei Prozent.
Mietentalfahrt - ohne Deckel
Damit wollen die Sozialdemokraten de facto die sogenannte Kappungsgrenze senken. Die liegt in vielen Städten mit Wohnungsmangel bei 15 Prozent Mieterhöhung binnen drei Jahren. Der SPD-Plan liefe also auf sechs Prozent in drei Jahren hinaus, sofern die Inflation bei zwei Prozent bliebe.
Komplizierter verhält es sich allerdings bei den Grünen. Einen Mietendeckel à la Berlin wollen sie ausdrücklich nicht, sagt Christian Kühn, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Bau- und Wohnungspolitik. Allerdings planen sie Mietobergrenzen, was wiederum sehr wohl nach Mietendeckel klingt. Damit ist laut Kühn jedoch nur gemeint, die Mietspiegel einzuhalten.
Entscheidend ist aber etwas anderes: Die Grünen wollen in die Mietspiegel alle Mietabschlüsse der vorangegangenen 20 Jahre einspeisen. Bislang gilt eine Spanne von lediglich sechs Jahren.
Was diese Ausweitung konkret bedeuten würde, erklärt Jürgen Michael Schick, Präsident des Maklerverbands IVD. Der Verband hat Daten aus 115 Groß- und Mittelstädten analysiert. Das Ergebnis: Setzten die Grünen ihren Plan für die Mietspiegel um, "würden die Mieten in Deutschland um durchschnittlich 18 Prozent sinken". In Berlin sogar um 25 Prozent. Schick: "Das würde die Vermietung in vielen Fällen unwirtschaftlich werden lassen." Und das, ohne dass es einen Mietendeckel gäbe.