Das dem 1933 verstorbenen Bankier Carl Fürstenberg zugesprochene Zitat könnte in einer Neufassung von den Organen des Finanzdienstleisters Wüstenrot & Württembergische (W & W) stammen: "Wir verdienen viel und Ihr bekommt nur einen immer kleineren Anteil ausgezahlt." Beispiel gefällig? Laut Geschäftsbericht verdiente der Konzern, der 1999 aus Bausparkasse Wüstenrot und dem Versicherungskonzern Württembergische geformt wurde, 2,65 Euro pro Aktie, 36 Cent mehr als 2018. Die Dividende bleibt aber unverändert bei 65 Cent.
Die Ausschüttungsquote sinkt unter 25 Prozent, die Gewinnsteigerung geht an den Anteilseignern vorüber. Und die sollen auch noch stolz sein. Das impliziert die Aussage von Firmenchef Jürgen Junker im Geschäftsbericht: Mit einer unveränderten Dividende würde W & W auch in turbulenten Zeiten Solidität beweisen.
Das Missverhältnis aus Gewinn und Dividende hat System. In den vergangenen fünf Jahren hat W & W in der Summe 13,05 Euro pro Aktie verdient. Aktionäre erhielten aber nur 3,15 Euro pro Aktie. Den Buchwert pro Anteilschein hat der Konzern in dem Zeitraum kontinuierlich auf über 51 Euro erhöht. Das Bunkern der Gewinne hat dazu geführt, dass die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen unvernünftiges Terrain erreichen. Die Eigenkapitalrendite ist bescheiden, der Konzern kann seine Kapitalkosten nicht wirklich erwirtschaften, er vernichtet Werte.
Die Quittung gibt es an der Börse. Die Aktie notiert so tief wie seit der Lehman-Pleite nicht mehr. Bei den Organen scheint das kein Thema zu sein. Der Großaktionär Wüstenrot-Stiftung hält über zwei Firmen mehr als 63 Prozent der Anteile. Die Stiftung selbst ist aber im Aufsichtsrat von W & W gar nicht vertreten. Sind die nicht interessiert? Der Streubesitz hingegen ist zu gering und nicht organisiert, um aufzubegehren. Fürstenberg wäre happy.
Unser Kolumnist Jörg Lang beschäftigt sich seit 1988 mit dem Thema Aktien.