Für Yahoo kommt die Aufdeckung zur Unzeit. Erst Ende September enthüllte das Unternehmen einen bislang beispiellosen Datendiebstahl. Nach dem Bekanntwerden des erfolgreichen Hackerangriffs auf mindestens 500 Millionen Nutzerkonten muss Mayer nun um die vereinbarte Milliardenübernahme durch den amerikanischen Telekom-Riesen Verizon kämpfen. Analysten erwarten, dass Verizon zwar nicht abspringen, aber einen spürbaren Preisnachlass aushandeln will. Yahoo steht mit dem Rücken zur Wand, da es Mayer in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, die von den Rivalen Google und Facebook an den Rand gedrängte Firma wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Im Juli vereinbarte sie daher den Verkauf des Kerngeschäfts an Verizon für 4,8 Milliarden Dollar.
INSIDER: SICHERHEITSCHEF GEHT AUS PROTEST
Mayers Entscheidung, der geheimen Anordnung der US-Regierung Folge zu leisten, brachte sie auch intern in Bedrängnis, wie die Insider Reuters sagten. So habe Sicherheitschef Alex Stamos das Unternehmen aus Protest verlassen, sagten zwei frühere Angestellte. Er übt dieses Amt nun bei Facebook aus. Die Anfrage nach einem Interview mit ihm ließ er durch einen Sprecher des weltgrößten Internet-Netzwerkes ablehnen.
Der nun bekanntgewordene Fall bei Yahoo ist Experten zufolge der erste, in dem ein US-Konzern der Forderung nach einer Überwachung des gesamten eingehenden Mail-Verkehrs nachgegeben hat. Die Anordnung für die Überprüfung bestimmter Zeichenketten kam den insgesamt drei ehemaligen Mitarbeitern und einer mit dem Vorgang vertrauten Person zufolge entweder vom Geheimdienst NSA oder der Bundespolizei FBI. Die NSA stellt oft derartige Anträge über das FBI, was die genaue Zuordnung zu einem Dienst erschwert. Die NSA verwies auf das Büro des Direktors der US-Geheimdienste, das eine Stellungnahme ablehnte.
Bereits 2013 wurden massive Spähaktionen der NSA durch den früheren Geheimdienst-Mitarbeiter Edward Snowden aufgedeckt. Seitdem haben viele Firmen deutlich umfangreichere Verschlüsselungssysteme eingeführt. Für Aufsehen sorgte zudem Apple, als es sich weigerte bei der Entsperrung eines iPhones zu helfen. Das amerikanische Justizministerium wollte den Konzern dazu zwingen, das Smartphone von einem der Attentäter im kalifornischen San Bernadino für die Ermittler zu knacken. Bei dem Anschlag hatten zwei Islamisten 14 Menschen erschossen und 22 verletzt, bevor sie selbst von der Polizei getötet wurden. Die Behörden knackten das Telefon schließlich selbst.
Die beiden anderen großen Anbieter von E-Mail-Diensten, Google und Microsoft, erklärten unabhängig voneinander, keine Mails durchsucht zu haben. "Wir haben eine solche Anfrage nie bekommen", sagte ein Sprecher des Google-Mutterkonzerns Alphabet. "Und wenn, hätte unsere Antwort gelautet: auf keinen Fall." Ein Microsoft-Sprecher sagte, der Konzern habe keine Mails überprüft. Ob Microsoft eine entsprechende Anfrage erhalten habe, wollte er nicht sagen.
rtr